Brunnen (Heraldik)

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Brunnen
 
Faktisch
(hier: alter Galgenbrunnen in Lonsingen, vor 1905)
 
in der Heraldik
(im Schild: Galgenbrunnen; auf dem Helm: Brunnentrog in Sechseck-Gestalt; Wappen Stoltzheimer; nach dem Wappenbuch des Hofpfalzgrafen Franz Rasso Gotthardt, nach 1597)

Der Brunnen (französisch fontaine; englisch well) ist in der neueren Heraldik eine gemeine Figur, die in unterschiedlichen Versionen („Schalenbrunnen“, „Ziehbrunnen“ et cetera) in vielen Wappen zu finden ist. Die genaue Form ist in der Wappenbeschreibung zu melden.

Darstellung

Die gemeine Figur Brunnen erscheint im Wappenwesen stets in stilisierter Form. Wird die Figur zusammen mit fließendem, sprudelndem, aufsteigenden Wasserstrahlen, Wasserfontänen oder ähnlichem dargestellt, so ist das Wasser ebenfalls stilisiert aufzureißen (wenn es die Feld-/Schildfarbe erlaubt, erscheint Wasser in der Heraldik gewöhnlich in Silber oder Blau).

Springbrunnen

Der Ausdruck „Springbrunnen“ (französisch jet d'eau; englisch naturel fountain) ist in der deutschsprachig-geprägten Heraldik nicht wohldefiniert beziehungsweise ein Allgemeinbegriff. Er sollte nicht bei ein Wappenbeschreibung verwendet werden, weil unklar ist, in welcher Art und Weise ein sogenannter „Springbrunnen“ genau aufzureißen ist. Er kann beispielsweise als Schalenbrunnen, als Wasserfontäne ohne Beiwerk, pyramidenartig, mit geraden Säulen et cetera erscheinen. Die konkrete Ausprägung des heraldischen Springbrunnens ist stets zu melden.

Schalenbrunnen

Schalenbrunnen im Wappen BornemannCoa Danemark moderne.png
 
1893: nach Anders ThisetCoa Danemark moderne.png
 
2017: nach Gerd Hruška

Der Schalenbrunnen („Brunnen in Schalenform“, „Brunnen mit Brunnenschale“) erscheint in der Heraldik mit ein, zwei, drei oder mehr Schalen übereinander, wobei gegebenenfalls die Schalenformen von oben nach unten in der Größe abnehmen (ähnlich wie eine EtagereW-Logo.png). Wenn nicht nur einer Schale im Wappen dargestellt wird, ist die Anzahl der Schalen zu melden (zweischalig, dreischalig ... mehrschalig). Gewöhnlich besitzt die Figur eine Wasserfontäne mit stilisiertem Wasser. Bei Schalenbrunnen besteht die Möglichkeit, eine Wasserfontäne mittig aufsteigen zu lassen und diese dann in zwei fallenden Strahlen in die Schale zurückzuführen. Auch ist eine Variante mit seitlich aufsteigenden zwei Fontänen, die sich mittig treffen, möglich. Läuft bei einem mehrschaligen Schalenbrunnen stilisiertes Wasser über den Rand der obersten Schale in die tiefer darunterliegende, so ist dies anzugeben.

Laufbrunnen/Röhrenbrunnen

„Laufbrunnen“ (auch „Röhrenbrunnen“ genannt) mit Brunnensäulen, Brunnenstöcken oder ähnlichem, aus denen in der Realität stetig Wasser austritt, können als solche gemeldet werden. In der Regel besitzen diese Figuren im Wappenwesen einen oder zwei seitliche Wasserspeier, aus denen links und rechts ein stilisierter „Wasserbogen/-strahl“ fließt. Alle Besonderheiten, die Art und Weise von Auffangbehälter, Wasserspeier, Wasserstrahl, die Position im Wappen, die genaue Ausstattung der Lauf-/Röhrenbrunnenfigur etc. sind zu melden. Grundsätzlich ist zu unterscheiden:

  • Laufbrunnen ohne Brunnenbecken, Brunnentrog, Brunnenschacht oder ähnlichem
  • Laufbrunnen mit Brunnenbecken, Brunnentrog, Brunnenschacht oder ähnlichem

Laufbrunnen ohne Beiwerk zum Auffangen des Wassers werden gewöhnlich als Brunnensäule, Brunnenstock oder ähnliches angesprochen:

Laufbrunnen/Röhrenbrunnen mit Beiwerk (Brunnenbecken, Brunnentrog, Brunnenschacht oder ähnlichem) können nach dem Heraldiker Gritzner als „Bauerbrunnen“ angezeigt werden:

„Der Röhrenbrunnen (Tafel XXIX. Figur 29. 30. 31.): in teils einfacher, teils komplizierter Gestalt häufig in Wappen, besonders der Familien, deren Namen an Brunnen (Born) anklingt (..) Die einfachste, unter Anderem von den von Auer in Bayern geführte Form ist die auf dem Lande am häufigsten vorkommende heisst daher Bauerbrunnen (Tafel XXIX. Figur 30.)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

In der Praxis werden Brunnen dieser Form auch als Dorf-, Landbrunnen oder ähnliches gemeldet.

Pumpbrunnen

„Pumpbrunnen“ oder „Grundwasserpumpen“ erscheinen gewöhnlich ohne Wasserstrahl im Wappen. Werden diese mit Wasserstrahl/-fontäne dargestellt, ist dies zu melden.

Ziehbrunnen

1889: Ziehbrunnen (nach Siebmacher)

Die gemeine Figur Ziehbrunnen (auch Schöpfbrunnen genannt, wenn es sich um einen Brunnen handelt, aus dem das Wasser mit Eimern „geschöpft“ wird; frz.: puits à poulie; engl.: draw-well) wird in Wappen häufig abgebildet. Wird nichts anderes gemeldet, erscheint der Ziehbrunnen mit einer Ziehvorrichtung, bei der ein Seil auf einem Rundholz (Winde/Haspel, mit Schwungrad oder Griff) aufgewickelt ist, teils mit, teils ohne Wassereimer. Wenn die Haspel, das Ziehseil etc. in einer anderen heraldischen Farbe als der Brunnen erscheinen, ist dies zu melden.

„Der Ziehbrunnen („Pütz“; Tafel XXIX. Figur 32.): mit Rolle und Eimer, auch Pütz, von der Familie des Namens in Köln am Rhein, die ihn so führt, genannt, ist eine andere Form des Röhrenbrunnens.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Besondere, zusammengesetzte oder komplexe Ziehvorrichtungen eines Ziehbrunnens (Schwingbaum, an dem Gegengewichte hängen, besondere Winden, Räder, Seile, Zugtiere etc.) sind in der Wappenbeschreibung detailliert anzugeben.

Galgenbrunnen

ca. 1600: Galgenbrunnen (Wappen Schönbrunner, Schönprunn; nach BSB Cod.icon. 307)

„Ein Galgenbrunnen (Tafel XXIX. Figur 28.): wie er auf dem Lande zum Wasserschöpfen gebräuchlich, ist das Wappen der Bayerischen Schönprunn (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Brunnenbecken / Brunnenschacht

Zuweilen ist die Figur Brunnen in Wappen gänzlich ohne Wasserstrahl und Beiwerk (ohne Wassereimer, Haspel, Kette etc.) stilisiert, erscheint also nur als „Brunnenbecken“, „Brunnentrog“, „Brunnenschacht“, „Brunneneinfassung“, „Brunnenumrandung“ oder ähnliches. Diese einfache Brunnenform sollte gegebenfalls gemeldet werden.

Brunnentempel / Brunnenhaus

Erscheint ein „Brunnentempel/-haus“ als gemeine Figure in einem Wappen, sind alle Besonderheiten des Brunnengebäudes zu beschreiben.

Besondere/lokale Brunnen

Manchmal ist der im Siedlungszentrum (Markt- oder Kirchplatz) vorhandene Brunnen mit seiner Geschichte oder der einmaligen besonderen baulichen Ausführung ein willkommener Anlass, ihn im Wappen abzubilden. Ist im Wappen viel Platz, so ist eine detaillierten Darstellung möglich, wenn auch aus heraldischer Sicht nicht immer gewünscht. Die heraldische Beschreibung der Charakteristika von lokalen Brunnen ist teilweise kompliziert. Zuweilen basiert sie auf alten und winzigen Siegeln, denen kein realer Gegenstand mehr korrespondiert. Die Wappenbeschreibung sollte immer so ausfallen, daß nach ihr ein eindeutiges Wappen mit einem unverwechselbaren Brunnen gestaltet werden kann.

Quelle

„Stürzt“, „springt“, „fließt“ in einem Wappen stilisiertes Wasser aus einem Spalt in einem Felsen, aus Boden, Rasen, Hügel oder Dreiberg, einer vom Menschen geschaffenen Gesteinsöffnung oder ähnlichem, so ist diese Figur weniger als Brunnen, sondern eher als „Quelle“ zu beschreiben.

Fontäne

1895: Fontäne im redenden Wappen der Familie Fontaine (nach Siebmacher)

(Wasser-)Fontänen (von lat.: fontanus = zur Quelle gehörend; engl.: fountain) beziehungsweise erst senkrecht nach oben, dann bogenförmig nach unten absteigende Wasserstrahlen, die gewöhnlich ohne direkte Kombination zu einer brunnartigen Figur in einem Wappen erscheinen, beispielsweise indem sie aus dem unteren Schildrand wachsen, sind als solche zu blasonieren, nicht als Brunnen.

alternative Beschreibung
Schalenbrunnen mit Fontäne (Wappen der Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg)

Manche heraldische Autoren unterscheiden nicht streng zwischen einer einfachen Fontäne-/Wasserstrahlfigur ohne Beiwerk (also ohne Wasserbecken, Brunnenschalen et cetera) und einer komplexeren Fontäne-/Springbrunnenfigur mit brunnenartigem Beiwerk. Beispielsweise erscheinen im Handbuch der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner als Muster für eine Fontänefigur stilisierte „Wasserbogen/-strahlen“, die aus einer Art Säule emporschießen und in einem Brunnenbecken wieder aufgefangen werden. Als Referenzwappen führt Gritzner unter anderem das Wappen der Fürsten von Löwenstein an, welches gewöhnlich auch keine einfach Wasserstrahlenfontäne zeigt, sondern einen Spring-/Schalenbrunnen mit Fontäne.

Fontainen (Tafel XXIX. Figur 33.): von der einfachen Form, bis zu den verziertesten Arten, wie sie zum Beispiel in den Wappen der Fürsten von Löwenstein, der von Fontaine und anderen vorkommen.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]
Zwei Brunnen mit Becken und Löwen als Fontänefiguren und Schildhalter (Wappen d'Argent de deux Fontaines)

Brunnen als Prachtstück

In seltenen Fällen dienen Brunnen als Prachtstücke für ein Wappen. Beispielsweise erscheinen in redenden Wappen der Familie d'Argent de deux Fontaines zwei Brunnen, jeweils mit einer Brunnenschale und einem Löwen als Fontänefigur, der in der einen Pranke eine Amphore hält, aus der eine Wasserfontäne in die Brunnenschale fließt, mit der anderen den Wappenschild stützend.

Brunnenhaken

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Brunnenhaken

Liste Brunnen im Wappen

Brunnen im Wappen
B Bad DitzenbachW-Logo.png (alt), Bad FüssingW-Logo.png, Bad Kissingen (Landkreis)W-Logo.png, Bad SchönbornW-Logo.png, Bad ZwischenahnW-Logo.png, BirresbornW-Logo.png, BornholtW-Logo.png, Born (Westheide)W-Logo.png, BrunnW-Logo.png, BrunnadernW-Logo.png, BruntalW-Logo.png, BuchbrunnW-Logo.png,
E EitelbornW-Logo.png, EppenbrunnW-Logo.png
G GrasbrunnW-Logo.png,
H HausbrunnW-Logo.png, HollabrunnW-Logo.png, HolzbronnW-Logo.png
K Karlsruher-Südstadt, Karlsruher-Weststadt, KäshofenW-Logo.png, KönigsbrunnW-Logo.png, KülsheimW-Logo.png,
L LonsingenW-Logo.png,
M MarienbornW-Logo.png, MaulbronnW-Logo.png, MössingenW-Logo.png,
N NeubronnW-Logo.png, Neudorf-BornsteinW-Logo.png, Niefern-ÖschelbronnW-Logo.png, NombornW-Logo.png,
Q QuickbornW-Logo.png,
R RehbornW-Logo.png, RothenbrunnenW-Logo.png,
S SeebronnW-Logo.png, Steinbach (Taunus)W-Logo.png, StepfershausenW-Logo.png,
V VierherrenbornW-Logo.png,
W WaldbüttelbrunnW-Logo.png, WeibersbrunnW-Logo.png, WeitersbornW-Logo.png

Symbolik

  • Die Wahl, einen Brunnen im Wappen zu führen, hat unterschiedliche Gründe. Oft sind Heil- und Solequellen im Gemeindegebiet Anlass für die Wappentauglichkeit maßgeblich. Die Orte sind gelegentlich als Kur- und Heilbäder ausgewiesen. Da die Brunnen in der klassischen Heraldik nicht in Anwendung waren, muss auf kommerzielle Werbung in der Neuzeit geschlossen werden. Sagen, Legenden und sonstige Überlieferungen über Heilerfolge und Wunder bilden häufig die Grundlage für die Brunnenauswahl.
  • Die Nähe der Begriffe „Brunnen“ und „Born“ hat auch in der Heraldik ihren Niederschlag gefunden. So steht ein Brunnen oft als redendes Wappenmotiv (zum Beispiel in den Wappen Weitersborn, Vierherrenborn, Rehborn, Quickborn und so weiter).

Abgrenzung

  • Wenn Städte und Gemeinden an Quellen oder den Läufen von bedeutenden Flüssen liegen, wird dieser Umstand teilweise durch einen Wellenschnitt im Schildfuß dargestellt.
  • Von der gemeinen Figur Brunnen ist die Figur Wasserfall zu unterscheiden, die manchmal einen bedeutenden lokalen Wasserfall nachempfunden ist.
  • In der neueren Heraldik sind teilweise Fördertürme für Öl und Gas gebräuchlich. Diese sind von brunnenartigen Figuren zu unterscheiden.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 138. Tafel 29. Figuren 28 bis 33. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  2. Wappenbeschreibung: „Unter goldenem erweitertem schrägen Schildhaupt, darin je drei grüne Eichenblätter und grüne Eicheln, in Schwarz ein goldener Ziehbrunnen mit Haspel und Schwungrad.“
  3. Wappenbeschreibung: „In Silber auf grünem Boden ein gemauerter schwarzer Ziehbrunnen mit einem schwarz und silbern geziegelten und mit zwei goldenen Knäufen versehenen Walmdach auf zwei schwarzen Säulen; an schwarzer Kette ein roter Eimer.“
  4. Wappenbeschreibung: „In Blau einen goldenen Brunnen, aus dessen Becken sich eine Säule erhebt, auf der ein goldener Löwe sitzt. Aus zwei Röhren läuft links und rechts Wasser in die Brunnenschale.“