Obelisk (Heraldik)
Der Obelisk (Plural Obelisken; über lateinisch obeliscus von altgriechisch ὀβελίσκος obelískos, deutsch ‚kleiner Spieß‘, dem Deminutiv von ὀβελός obelós, deutsch ‚Spitzsäule, [Brat]spieß‘; auch Prachkegel/Prachtsäule, Spitzsstein, Denkspitzstein, Denksäule oder ähnlich genannt; französisch obélisque; englisch obelisk; ägyptisch techen) ist in der Heraldik eine gemeine Wappenfigur, die je nach Wappen durch markante oder besondere Details unterschiedlich gestaltet sein kann und nach Maximilian Gritzner „selten in deutschen Wappen“ vorkommt.[1]
Darstellung
Die gemeine Wappenfigur Obelisk ist heraldisch stilisiert
- entweder dem Idealbild der gleichnamigen (rechteckigen) Pfeiler aus Granit, Sandstein, Gußeisen et cetera nachempfunden, die auf einer verhältnismäßig kleinen Grundfläche hoch und schmal, nach oben sich verjüngend aufragen und in (aufgesetzte) pyramidenförmige Spitzen (den Pyramidien) beziehungsweise in gestufte oder vergleichbare Abschlüsse auslaufen;
- oder eine wappenmäßig vereinfachte Wiedergabe eines realen (ehemaligen oder noch bestehenden) Obelisken, eines obeliskenartigen Denkmals oder eines Monolithens, einer ebensolchen Säule, Stele et cetera.
In einer Wappenbeschreibung wird gewöhnlich der Umstand der Nachbildung eines realen Obelisken nicht (oder nur ausnahmsweise) angesprochen. Die genaue Beschreibung des Wappenmotivs erfolgt statt dessen in der Kunstsprache der Heraldik. Bei der Blasonierung ist die Figur Obelisk so präzise zu beschreiben, dass alle Wappenkünstler heraldisch vergleichbare Wappenaufrisse für ein und dasselbe Wappen erzielen können. Hinweise auf die Nachbildung finden sich unabhängig von der Wappenbeschreibung oft in einer Wappenbegründung beziehungweise in einer Symbolbeschreibung. Die genauen Formen, Erscheinungen und Varianten der Obeliskfigur sind in der heraldischen Literatur nicht allgemeingültig, systematisch, konsistent und erschöpfend bestimmt. Im Wappenschild ist die Figur gemeinhin im Aufriss und nicht (oder nur sehr gering) perspektivisch darzustellen. Ein Obelisk sollte in einer Wappenbeschreibung stets nach seiner spezifischen Typologie gemeldet werden (beispielsweise als ägyptischer, römischer, koptischer, osmanischer, moderner Obelisk). Auch eine besondere Funktion kann angezeigt werden (z. B.: „Messpunktobelisk“, „lichtsäulenartiger Obelisk“, „Wegweiserobelisk“, „Distanzobelisk“, „Postmeilenobelisk“ et cetera).
Teilweise erscheint das Motiv im Wappen isoliert beziehungsweise solitär stehend („frei-/alleinstehend“). Begleiten anderer Wappenfiguren das heraldische Obeliskmotiv, ist dies in der Wappenbeschreibung adäquat zu erwähnen. Beispielsweise erscheint im Wappen von Lauterstein ein aus dem Unterrand emporkommender obeliskartiger silberner Stein, der vorne von einem linkshin aufgerichteten roten Löwen gehalten und hinten von einem geflügelten grünen Adlerfang (Klauflügel) begleitet wird. Teilweise wird eine Obeliskenfigur von einer Schlange oder eine anderen Wappenfigur umwunden, was ebenfalls zu blasonieren ist. Besondere Merkmale wie eine Krone, eine Kugel, ein Kreuz oder eine andere Verzierung an der Spitze der Obeliskfigur sollten genauso in der Wappenbeschreibung gemeldet werden wie beispielweise ein (gestufter) Sockel an der Basis, welcher der Erhöhung dient oder eine Kartusche, ein Wappen et cetera zur Mitte der Figur.
Tingierung von Obeliskfiguren
Die Tingierung der Obeliskfigur folgt den Regeln für heraldische Farben. Die bevorzugte Tingierung aller Obeliskformen ist Gold oder Silber, gefolgt von Schwarz oder Blau, selten oder gar nicht Rot oder Grün. Ist das Pyramidion oder ein anderer Teil einer Obeliskenfigur andersfarbig tingiert, so ist dies in einer Wappenbeschreibung anzuzeigen (zum Beispiel: „silberner Obelisk mit schwarzem Pyramidion“).
Nachbildung eines realen Obelisken
In Wappen ist das Motiv Obelisk manchmal die vereinfachte Wiedergabe eines ehemaligen oder noch bestehenden Obelisken im Einzugs- oder Herrschergebiet der Wappenführenden. Bis heute (Stand 2023) sind die Varianten der Obeliskfigur reichhaltig (besonders in Stadt- und Ortswappen, in denen auf ein kommunales Obeliskvorbild verwiesen wird). Nachbildungen eines realen Obelisken im Wappen müssen in der Wappenbeschreibung nicht explizit erwähnt sein. Es reicht gewöhnlich aus, die Nachbildung in der klassischen Kunstsprache der Heraldik genau so zu umschreiben, dass das Motiv in einem Wappen entsprechend stilisiert wiedergegeben werden kann.
Obeliskfiguren, die realen Obelisken nachempfunden sind (Auswahl) | Vorbild | Wappen | |
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Oberhatzkofen | Der Obelisk im Wappen von Oberhatzkofen ist einem obelisken Denkmal aus dem Jahre 1815 für den Freiherr von Kreittmayr in Niederhatzkofen nachempfunden | ||
Siegmundsburg | Im Wappen von Siegmundsburg erscheint - heraldisch stilisiert - der sogenannte Dreistromstein (mit Quelle; die nebenstehenden Abbildung stammt aus dem Jahre 1996). | ||
Millebosc | Die Figur im Wappen von Millebosc ist der obelisken „Stele von Adélaide“ (La stèle Adélaide) nachempfunden. | ||
Livno | Im Herb Livna aus der Neuzeit (seit Mitte der 1990er Jahre) erscheint eine obeliskartige Figur, die einem Denkmal nachempfunden ist, welches für Tomislav, dem ersten kroatischen König zum tausendsten Jahrestag seiner Krönung 1925 errichtet wurde (die nebenstehenden Abbildung zeigt die Eröffnung des Denkmals am 5. September 1926). | ||
Épieds | Im Wappen der Gemeinde Épieds erscheint ein Obeliskfigur, die einem Erinnerungsmal in einer Parkanlage aus dem Jahre 1804 nachempfunden ist, welches zum Gedenken an die Schlacht bei Ivry vom 14. März 1590 errichtet wurde (vgl. Pyramide commémorative de la bataille d'Ivry). |
Obelisk versus Säule
Manchmal sind Wappenfiguren in Wappenbeschreibungen irreführend als „Obelisk“ bestimmt. Beispielsweise erscheint nach einer per Dekret festgelegten Wappenbeschreibung im Wappen von Renate ein mit Kreuz gekrönter „Obelisk“[3]. Nach den Autoren der italienischsprachigen Wikipedia stellt die Figur im Wappen von Renate aber keinen Obelisken dar, sondern ist an eine Votivsäule (sic!) angelehnt, die auf dem Hauptplatz der wappenführenden Stadt steht und der Überlieferung nach zur Erinnerung an die Hinrichtung eines jungen unbekannten Patrioten aufgestellt wurde.[4] Realiter gibt es Wappaufrisse, die eine eher obeliskartige Wappenfigur zeigen und andere, auf denen eine Votivsäule zu sehen ist.
Im Sprachgebrauch und in den Motivdarstellungen verschwimmen zuweilen auch die Unterschiede zwischen einer Säule und einem Obelisken oder gehen fließend ineinander über. Beispielsweise führt Pfalzfeld nach der Blasonierung auf der Internetseite der Gemeinde „in Gold einen aufgerichteten roten Obelisken“ – nach der Wappenbegründung auf der gleichen Seite ist die Figur aber einer sogenannten „keltischen Säule“ nachempfunden, für die in der wissenschaftlichen Literatur die Bezeichnungen „Pfalzfelder Säule/Stele“ oder „Säule/Stele von Pfalzfeld“ gebräuchlich sind.[5][6]
Pfalzfelder Säule im Rheinischen Landesmuseum in Bonn (4. Jh. v. Chr.)
In Gold ein aufgerichteter roter Obelisk[5]
Wappenbilderordnung
- Die gemeine Figur Obelisk wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Werke von Menschenhand: Bauwerke unter der Nr. 8095 aufgenommen.
Trivia
- „Die Comicfigur „Obelix“ aus den Asterix-Heften ist nach Obelisk benannt, auch wenn oft auf ein typografisches Zeichen mit entsprechendem Namen verwiesen wird. Für die Geburtstagsausgabe Obelix und seine Freunde steuerte Turf dafür eine Geschichte über Obelix’ Bruder „Obelisk“ bei.“[7]
- „Der Obelisk wird auch von den Freimaurern als Signum verwendet.“[7]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Maximilian Gritzner: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie. Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 276. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1. („Obelisk, selten in deutschen Wappen“)
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, V. Band, 5. Abteilung; Zweitausend bürgerliche Wappen; Verfasser: G.A. Seyler, Edmund von der Becke-Klüchtzner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1895. S. 63. Tafel 74.
- ↑ Das Wappen wurden durch Dekret vom 27. Mai 1971 verliehen; Wappenbeschreibung: „D'azzurro, all'obelisco d'argento, cimato da una croce trifogliata d'oro. Ornamenti esteriori da Comune.“
- ↑ Seite „Renate“. (7 August 2023). In: (Italienischschsprachige) Wikipedia, L'enciclopedia libera. Bearbeitungsstand: 7. August 2023 um 21:10 Uhr. URL: https://it.wikipedia.org/w/index.php?title=Renate&oldid=134860419. (Abgerufen am 20. Oktober 2023, 14:43)
- ↑ 5,0 5,1 Ortsgemeinde Pfalzfeld: Wappen der Gemeinde Pfalzfeld. In: pfalzfeld.de. Abgerufen am 21. Oktober 2023: „Blasonierung: In Gold ein aufgerichteter roter Obelisk, der ein Menschenhaupt mit Flügelhaube und umgebendem Rankenwerk zeigt. Wappenbegründung: Der Obelisk stellt die sogenannte keltische Säule dar, die in Pfalzfeld 1649 gefunden wurde. Die Farben sind ein Hinweis auf die Zugehörigkeit Pfalzfelds zur Niedergrafschaft Katzenelnbogen bis zum Ende des alten Reiches.“
- ↑ Seite „Pfalzfelder Säule“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Januar 2023, 11:09 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pfalzfelder_S%C3%A4ule&oldid=230163059 (Abgerufen: 21. Oktober 2023, 01:51 UTC)
- ↑ 7,0 7,1 Seite „Obelisk“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Juni 2023, 09:07 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Obelisk&oldid=235056791 (Abgerufen: 20. Oktober 2023, 10:29 UTC)