Ochsenjoch (Heraldik)
Das Ochsenjoch (kurz: Joch, auch Jochgeschirr, manchmal mißverständlich Geschirr, Schirrung; frz.: joug de bœuf; engl.: yoke) ist in der Heraldik eine seltene gemeine Figur, die in unterschiedlichen Ausprägungen in Wappen erscheint.
Allgemeines
Allgemein bezeichnet Ochsenjoch/Joch denjenigen Bestandteil eines Zuggeschirrs, der auf der Stirn, dem Nacken, dem Genick oder vor dem Widerrist eines oder zweier Zugtiere auffliegt, damit deren Zugkraft (seltener: die Schiebekraft) genutzt werden kann. Gewöhnlich ist ein Joch nach der Form der Aufflagefläche gebogen beziehungsweise anderweitig angepaßt und benannt. Man unterscheidet folgende Jochformen/-arten:
Auflagefläche | Jochform |
---|---|
An der Stirn (vor den Hörnern) | Stirnjoch |
Am Genick / am Nacken (hinter den Hörnern) | Genickjoch oder Nackenjoch |
Am Hals (bzw. vor dem Widerrist) | Halsjoch oder Widerristjoch |
Darstellung und Blasonierung
In der frühen Heraldik differenzierte man nicht zwischen unterschiedlichen Jochausführungen. Je nach Lokalität und Geschmack der Jahrhunderte varriert die Jochform in den Wappendarstellungen. Bei einigen Wappen ist durch die heraldische Stilisierung nicht erkennbar, mit welchen Joch-Bestandteilen (Holzzapfen, Polsterung oder ähnlichem) das Joch dargestellt wird. Auch ist manchmal unklar, ob das Joch von vorne, von hinten oder noch anders im Wappen erscheint. Verwechslungen mit vergleichbaren Wappenmotiven und Umdeutungen („Ambrustjoch“) lassen sich in vielen Wappengeschichten nachweisen.
Erst in der jüngeren Zeit bemüht man sich um genauere begriffliche und darstellerische Abgrenzungen. Wird ein spezifisches Joch geführt (Kopf-, Stirn-, Genick-, Nacken-, Hals-, Widerristjoch), sollte dies im Blason vermerkt sein. Die besonderen Merkmale eines Joches (Lederfransen [gegen Fliegen], spezielle Verzierungen, Haken, Ringe, Ösen, Löcher) und ihre Position am Joch sind zu beschreiben, um Irrtümer in der Darstellung zu vermeiden.
Alle heraldischen Farben können angewendet werden. Sind Teile eines Joches andersfarbig tingiert, so ist dies zu melden.
-einzeljoch oder -doppeljoch
Ein Joch, das nur auf einem Zugtier aufliegt, unterscheidet sich in der heraldischen Darstellung von einem Joch, das für zwei Zugtiere ausgelegt ist (gilt für alle Jocharten). Daher sollte in der Wappenbeschreibung die Jochauslegung berücksichtigt sein. Dies kann zum Beispiel durch die Hinzufügung eines Morphems zum spezifischen Jochnamen geschehen:
- ein „-doppeljoch“ (für Zugtierpaarjoche, also zum Beispiel: Stirndoppeljoch, Genickdoppeljoch, Nackendoppeljoch)
- ein „-einzeljoch“ (für ein Zugtier, auch „-halbjoch“ oder „-jöchel“ genannt, also zum Beispiel: Stirneinzeljoch, Genickeinzeljoch, Nackeneinzeljoch)
Unterbleibt in der Wappenbeschreibung die genaue Charakterisierung des Joches, so erscheint es gewöhnlich als an den Enden gewölbtes „Genickdoppeljoch“. Dieses besteht aus einem Jochholz, welches mittig eine (quadratische oder runde) Ankopplungsmöglichkeit für die Last vorsieht (Eisenring, Eisenbügel, Seil, Leder; Fixation mit Jochnagel).
Kopfjoch
Kopfeinzeljoch beziehungsweise Kopf(doppel)joch sind Oberbegriffe für Joche, die bei horntragenen Zugtieren gebräuchlich sind. Werden diese in einer Wappenbeschreibung benutzt, bleibt das Motiv gewissermaßen unbestimmt, denn zu den Kopfjochen zählt man sowohl die Stirn- als auch die Genickjoche.
Stirnjoch
Das Stirneinzeljoch (auch kurz „Stirnjoch“ oder „Stirnholz“ respektive „Kopfholz“ genannt) und das „Stirndoppeljoch“ (auch „Doppelstirnjoch“ genannt) werden „vor den Hörnern“ der Ochsen zur Anwendung gebracht. Das Stirneinzeljoch kommt in mehreren Varianten vor. Gebräuchlich ist es in Form eines rechteckigen Bretts mit je einem Loch an jedem Ende („Oberpfälzer Stirnjoch“); oder als gebogenes Holz („Kuhbogen“), das an beiden Enden mehr oder weniger spitz ausläuft („Thüringisches Stirnjoch“). Manchmal besteht es auch aus
„einer metallenen Platte, die unten gepolstert ist und mit Riemen an den Hörnern und solchergestalt an der Stirn des Ochsen befestigt wird. An zwei seitlichen Ringen befinden sich die Zugstränge.“
Erscheint im Wappen ein Stirneinzeljoch als lokale oder als besonders Stirnjoch-Variante (oberfränkisch, mittelfränkisch, rheinisch-pfälzisch et cetera), sind alle Besonderheiten zu melden. Das nur wenig gebrächliche „Stirndoppeljoch“ besteht aus einem vor den Stirnen der beiden Zugtiere geschnürten Balken, an dem zum Beispiel eine Deichsel befestigt wird.[1]
„Ochsenjoch / Joch (Tafel XXX. Figur 17. bis 19.): und zwar Figur 17. an den Hörnern (..) zu tragen.“
Drei Stirneinzeljoche;
(Drei „Einzel-Ochsenjoche“, gemäß Siebmacher)
Genick-/Nackenjoch
Nacken- beziehungsweise Genickeinzeljoch und Nacken- beziehungsweise Genickdoppeljoch werden „hinter den Hörnern“ der Ochsen zur Anwendung gebracht. Genick- und Nackenjoche kommen in mehreren Varianten vor. Sie liegen in der Realität nur bedingt gleich auf einem Ochsen auf. Der Unterschied spielt bei der heraldischen Typisierung keine Rolle, da er bedingt durch die Stilisierung verschwindend gering ist. Das Nacken-/Genickeinzeljoch besteht oft aus einem nach der Form des Nackens/Genicks gebogenen Holzstücks, an dem in zwei Löchern schwache Holzriegel beweglich sind, welche unter dem Halse mit einer Holzplatte vermittelst eines Durchstecknagels verbunden werden.
„Ochsenjoch / Joch (Tafel XXX. Figur 17. bis 19.) und zwar (..) Figur 18. über den Nacken zu tragen.“
Genickeinzeljoch / Nackeneinzeljoch
(gemäß Siebmacher)
Hals-/Widerristjoch
Hals- beziehungsweise Widerristeinzeljoch und Hals- beziehungsweise Widerristdoppeljoch werden „vor dem Widerrist“ der Ochsen zur Anwendung gebracht. Hals-/Widerristjoche kommen in mehreren Varianten vor.
Doppeljoch
Jochbezeichnungen mit dem Morphem „-doppeljoch“ (Stirndoppeljoch, Genickdoppeljoch, Nackendoppeljoch) sollte man von der speziellen Jochform „Doppeljoch“ unterscheiden. Letzteres besteht aus zwei verbundenen Einzeljochen, bei denen Nacken- und Brusthölzer gemeinsam sind[1].
Galerie
Abgrenzung
Ochsenjochfiguren sollten von vergleichbaren oder ähnliche Motiven in der Gestaltung und in der Wappenbeschreibung abgegrenzt werden:
Das Jochgestell (auch kurz Joch genannt) ist kein Gegenstand der Landwirtschaft (Pferde-/Ochsenjoch), sondern ein Schmuckkleinod, das gewöhnlich zur Verzierung eines Helmkleinods verwendet wird. | ||
Dreiteilige Spielwaage (irrtümlich „Waagscheit“ bezeichnet; das aber nur das größere der drei Zughölzer ist, wobei an den zwei kleineren Ortscheiten die Stränge der Zugtiere befestigt sind)[3] | ||
Eine Tragjochfigur erscheint gewöhnlich als eine Schultertrage beziehungsweise als ein auf dem menschlichen Nacken zugerichtetes Holz. | ||
Ein Kummetfigur erscheint in der Heraldik gewöhnlich nicht als Rinderkummet, sondern als ein Pferdekummet („Pferdejoch“). |
Symbolik
Das Joch besitzt außerhalb der Heraldik positive wie negative Konnotationen. Das Joch kann eine Metapher für etwas Bedrückendes oder Belastend sein (wie Imperialismus). Es kann aber auch ein Hinweis auf eine Verbindung oder Vereinigung zwischen zwei Menschen sein („Ehejoch“).
- In einem positiven Sinn verweist es auf „Uneigennützigkeit, Selbstlosigkeit, durch Rücksicht auf andere gekennzeichnete Denk- und Handlungsweisen“ (Altruismus), kann im weitesten Sinn auch als Symbol für Aufklärung oder aufgeklärten Absolutismus stehen („Erster Diener des Staates“).
- In einem negativen Sinn verweist es einerseits auf „die Last eines Sklaven-/Frondienstes“ (der Mensch als kastrierter Ochse, der mittels eines Joches zur Arbeit gezwungen wird). Andererseits symbolisiert es „Unterwerfung“, „Demütigung“ und ähnliches. In alten Kulturen war es teilweise üblich, daß ein besiegter Feind unter einem symbolischen Joch hindurchgehen mußte, so wie die Römer im Jahre 321 vor Christus unter dem „Caudinischen Joch“ („Beugen des Nackens“). In der Bibel ist das Joch ein gebräuchliches Symbolwort (zum Beispiel 5. Buch Mosis 28, 48: dem ungehorsamen Volk wird „ein eisernes Joch auf den Nacken“ gelegt; Jeremias 27, 2 f., Genesis 27,40 und andere).
Wappenbilderordnung
- Das Joch wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Landwirtschaftliches Gerät, Jagd- und Fischgerät unter der Nr. 9551 aufgenommen.
Paraheraldik
Weblinks
Lemma Joch. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- Arbeitsgruppe Rinderanspannung auf www.zugrinder.de
- Geschirr (Zugtier), (Wikipedia)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Auflage. Erster Band. Leipzig, Berlin, Wien. 1898. S. 671.
- ↑ 2,0 2,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ Wappenbeschreibung: „In Grün unter einem dreiteiligen silbernen Waagscheit ein achtspeichiges silbernes Rad.“