Hechel (Heraldik)
Die Hechel (mhd. hachele, hechele; französisch séran; englisch hackle, hatchel oder heckling/hackling comb beziehungsweise flax-comb) ist in der Heraldik eine seltene gemeine Figur.
Darstellung
Die Wappenfigur Hechel ist dem gleichnamigen mittelalterlichen, landwirtschaftlichen Werkzeug nachempfunden. „Hecheln“ oder „Handhecheln“ sind aus einer Holzplatte konstruiert, auf der in geradlinigen oder kreisförmigen Reihen ein Besatz von senkrecht stehenden, scharf zugespitzten gewöhnlich eisernen oder stählernen Zinken befestigt ist (die sogenannten „Hechelzähne“, die man in der Umgangssprache auch als „Drahtspitzen“, „Stahlnadeln“, „Nägel“, „Nadeln“, „Draht“ oder ähnliches bezeichnet). Eine Hechel wird genutzt, um „gebrechten und geschwungenen Hanf und Flachs von den noch vorhandenen Holzresten und vom Werrig“ zu reinigen, den Bast in seine Fasern zu zerteilen und „die längern Faden von den kürzern gesondert, geordnet und gerade“ zu legen.[1] Beim „Hecheln“ wird die jeweilige Pflanze wiederholt durch Hechelzähne gezogen; die langen reinen Fasern ziehen sich durch, die kurzen wirren Fasern bleiben in den Hechelzähnen zurück und geben das Hechelwerg (auch Hechelhede, Werg oder ähnlich genannt).
Weder die exakte Form der gemeinen Wappenfigur Hechel ist geregelt oder wohldefiniert, noch bildet der Figur eine konkrete, spezielle oder besondere Hechel der Wirklichkeit ab. Vielmehr lehnen sich die heraldischen Darstellungen von Hecheln an ein Idealbild des Werkzeugs an (Typisierung). Frühe Hechelwappenfiguren zeigen das Motiv in Aufsicht mit einer unbestimmten Anzahl Hechelzähne in Form von kleinen Punkten/Strichen in der Mitte eines Hechelbretts mit mehr oder weniger rechteckig bis rautenförmig ausgezogenen Enden, wobei diese unterschiedlich geformt sein können und eines manchmal ein Loch oder einen Durchbruch besitzt; im 20. Jahrhundert stellt die Wappenbilderordnung des Herold die Hechelfigur dagegen räumlich dar (mehr oder weniger in Kavalier- beziehungsweise Vogelperspektive).
In der Normalform steht die Hechelfigur balkenweise im Wappen; andere Stellungen (schrägrechts, schräglinks etc.) sind zu melden. In Wappen wird die Figur gewöhnlich in Einzahl (selten oder gar nicht in einer höheren Anzahl) dargestellt. Alle heraldischen Farben sind als Tingierung der Hechelfigur gebräuchlich. Wird ein Teil des Figur anders tingiert als der Rest (zum Beispiel die Hechelzähne), ist dies zu melden. Eine besondere Hechel (zum Beispiel eine „Maschinenhechel“ ist unter Verwendung ihres Eigennamens anzuzeigen.
Geschichte
Die Figur Hechel erscheint sowohl als Schildbild als auch in der Helmzier vermutlich erstmals im redenden Familienwappen derer von Hechlingen (Schweiz):
„Item es habèd in disen Aemptern gewonet die von Haechingen oder Haechlingen / sind abgestorbe / vnd jr burg brochen. Dz dorff Hegglinge ist noch in Fryen aemptern bey Dottickon / nit weyt von Mellinge“
„Hechel: schräggelegt gold in Rot: Hechlingen ..“
Andere „Hechelfiguren“
Von der Hechelfigur sind Wappenfiguren abzugrenzen, die kammartigen Werkzeugen mit lediglich einer Zinkenreihe nachempfunden sind (Riffelkamm/-brett, Wollkardierkamm und so weiter), die man nicht zum „Hecheln“ benutzt, sondern zum Riffeln, Kardieren oder ähnlichem. Beispielsweise hält im Wappen von Tschlin eine Steinbockfigur mit seinen Vorderbeinen keine „Hechel“ im eigentlichen Sinn, sondern einen „Wollkamm“ (in Anlehnung an die Legende, dass die Haut vom Heiligen Blasius, dem örtlichen Kirchenpatrons von Tschlin mit eisernen Wollkämmen zerfetzt wurde). Entsprechende kammartige Werkzeuge werden manchmal in der Umgangssprache oder im Dialekt mißverständlich als „Hechel“ bezeichnet, sollten aber, um Mißverständnisse zu vermeiden, in Wappenbeschreibungen stets unter ihren Eigennamen gemeldet werden.
Steinbock, einen schwarzen Kamm/Wollkamm („Hechel“) tragend (Tschlin)
Wappenbilderordnung
- Der Hechel wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Landwirtschaftliches Gerät, Jagd- und Fischgerät unter der Nr. 9527 aufgenommen.
Einzelnachweise
- ↑ Lemma: Hechel. Pierer's Universal-Lexikon. Band 8. Altenburg 1859. S. 148. (Digitalisat, abergerufen: 11. Januar 2019).
- ↑ Johannes Stumpf: Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen vnd Voelckeren Chronick wirdiger thaaten beschreybung : Hierin[n] wirt auch die gelegenheit der gantzen Europe, Jtem ein kurtzuergriffne Chronica Germanie oder Teütschlands (..) fürgestellt (..) Durch Johann Stumpffen beschriben. Christoph Froschauer, 1548 (Volltext in der Google-Buchsuche).
- ↑ Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Weißenburg, Nordgau. 1861. S. 95 und Abbildung 747.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 144. Tafel 20. Figur 62. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.