Wurfparte

Aus Heraldik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Vorgebliche Wurfparte im Wappen von Stubenberg (Adelsgeschlecht)

Wurfparte (= „Wurfbeil“; auch Wurfbarte genannt; frz.: fer de hache, muni d'un anneau dans lequel est passé une corde; engl.: head of an axe or a hatchet) ist in der Heraldik ein fälschliche Bezeichnung für eine gemeine Figur. Sie erscheint in Wappen nicht in Form eines Wurfbeils, sondern als Abwandlung des heraldischen Motivs Wolfsanker/Wolfssense und stellt eine Fabelwaffe dar, deren Existenz bislang nicht belegt werden konnte.

Fingierte Lexikon-Wurfwaffe

In vielen heraldischen Werken findet man den Hinweis, daß die Vorlage für die gemeine Figur Wurfbarte eine „an einem Seil befestigte Waffe“ sei, die dazu dient, einen Gegner vom Pferd oder zu Boden zu reißen[1]. Ob eine derartige „Wurfwaffe mit Seil“ in der Früh- oder Blütezeit der Heraldik wirklich gebräuchlich gewesen ist, ist nicht schlüssig und zweifelsfrei erwiesen. Fehlende archäologische Artefakte für derartige Waffen sind ein Indiz, daß es eine „Wurfbarte“ außerhalb der heraldischen Literatur nie gab („U-BootW-Logo.png“).

Der Ausdruck „Wurfbarte“ ist allgemein eine andere Bezeichnung für „Wurfbeil“, steht also für ein Beil („Streitaxt“) mit kurzem Stiel, das primär als (seillose) Wurfwaffe konzipiert ist (beispielsweise wie die FranziskaW-Logo.png, Einsatzzeit zirka 5. bis 7. Jahrhundert). Sämtliche durch Artfakte belegte beilartigen Wurfwaffen haben keine Möglichkeit, diese nach einem Wurf durch ein Seil wieder zurück zu ziehen. Im Deutschen fehlt überdies morphologisch und semantisch jeder konkrete Anhaltspunkt, daß die „Wurfbarte“ mit einem Ring ausgestattet ist, der als einer Befestigungsmöglichkeit für ein „Seil“ dienen könnte.

In den ältesten Siegel-/Wappendarstellungen, die gemäß einiger heraldischer Werke vorgeblich Wurfbarten zeigen (von Stubenberg, von Lüderitz, von Tornow, Junczyk), erscheinen halbmond-/bogenförmige Eisen, die in ein gerades Eisen mit Ring teilweise ohne Seil (sic!) auslaufen. Andere deuten lediglich durch wenige undeutliche Striche etwas nicht genau Erkennbares (scheinbar „Zusammengedrehtes“) an, das am Ring befestigt ist. Ob es sich dabei um ein „Seil“, ein „Draht“, ein „Kette“ oder -- wie auch angenommen wurde -- um einen „Haarzopf“ beziehungsweise um etwas ganz anderes handelt, ist in der Literatur umstritten und nicht zweifelsfrei zu bestimmen. Unstrittig ist, daß erst in späteren (sic!) Wappenaufrissen die schwer deutbaren Striche teilweise durch detailgetreue Darstellungen eines Seils ersetzt wurden. Noch weitreichendere Abänderungen, bei denen das ursprüngliche Wappenmotiv durch eine andere gemeine Figur ersetzt wurde (zum Beispiel durch einen „Anker (mit Seil)“ oder ähnlichem) sind ebenfalls als Modifikationen spätere Epochen belegbar.

Gegen diese Umdeutungen und andere „Verballhornisierungen“ polemesiert Maximilian Gritzner 1889 in seinem Werk „Grundsätze der Wappenkunst“. Er prägt die Theorie einer „Wurfwaffe mit Seil“, ohne den Nachweis zu liefen, daß eine entsprechende Waffe tatsächlich gebräuchlich war. Gritzner selber ist bekannt, daß frühere Quellen entsprechende Motive als Wolfsanker (bzw. als Wolfsangeln) beschreiben:

„(..) obwohl die Bilder in deren Wappen bisher als Wolfsangeln (siehe Tafel XXVI. Figur 105. 106.) angesprochen wurden.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[2]

Aus welchen Gründen er selber von dieser zutreffenden Beschreibung abweicht, ist nicht hinreichend angegeben. In seiner Polemik gegen die späteren Anker- und Zopf-Interpretationen, vernachlässigt er eine kritische Prüfung der früheren Beschreibungen des Motivs als Wolfsanker/-sensen. In der Folge setzen viele Autoren das Vorhandensein einer entsprechenden „Wurfwaffe mit Seil“ voraus und konstruieren Unterschiede zwischen der gemeinen Figur Wolfsangel/-sense und der vorgeblichen Wurfbarte. Diese Unterschiede fließen mehr oder weniger offen in das heraldische Regelwerk ein, so daß in der neureren Heraldik die Wurfbarte tatsächlich eine eigenständige Figur ist, die sich in der Darstellung vom Wolfsanker unterscheidet.

Darstellung

Die Wurfbarte wird im Gegensatz zum Wolfsanker mit einem Seil dargestellt. Eine Wurfbarte besitzt eher eine breite Schneide mit zwei spitzen Widerhaken, während die Flanken eines Wolfsankers in die Breite gehen. Gewöhnlich wird die Wurfbarte mit der Seilöse und dem Seil zum Schildfuß gerichtet. Andere Positionen sind zu melden. Alle heraldischen Farben sind erlaubt.

Weblinks

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Besondere Motive: Die Wurfparte

Wiktionary Wiktionary: Barte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweis

  1. Vgl. zum Beispiel:
    • J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 123.
    • Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 450.
  2. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
Muster-Wappenschild-Info.png

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Wurfparte“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 4. Juni 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.