Grapen
Der Grapen (auch Grape, Grappe, Grappen, Grope, Gropen, Groppe, Groppen, Gryde oder ähnlich genannt; selten „die“ Grape; französisch marmite; englisch three-legged pot; lateinisch tegula ist
- allgemein ein historisches Haus-/Küchengerät (Kochgeschirr, Kochgefäß bzw. Kugel-/Glutkochtopf, Tiegel), gewöhnlich mit drei Beinen (in dieser Bedeutung auch „Dreifuß“, „Dreibein“, „Dreibein-Gefäß“, „Dreifuß-Gefäß“, „Dreibeintopf“, Tripod oder ähnlich genannt)
- im 18./19 Jahrhundert: 1) eiserner Topf; 2) Topf mit Füßen, aus Eisen oder einer Metallmischung gegossen[1][2]
- in der Heraldik eine gemeine Figur, welche dem Idealbild des gleichnamigen Topfes nachempfunden ist.[3][4]
Grapen (allgemein)
Tontöpfe/-schüsseln mit drei Füßen, die man über eine kleine Feuerquelle oder direkt in ein offenes Feuer stellen kann (sei es in eine Feuerstelle oder auf einem Herd) sind schon im Altertum (womöglich noch früher) in unterschiedlichen Kulturräumen und Formen gebräuchlich. Grapengießerwerkstätten, in denen Grapen als eigenständige Gefäßform (Kugel-/Glutkochtopf) hergestellt wurden, sind spätestens ab dem Ende des 12. Jahrhunderts in Norddeutschland nachweisbar.[5]. Nach Ralf von Retberg traten etwa zu dieser Zeit Grapen auch als Wappenfiguren erstmals auf.[6] Die älteren, realen Grapen waren zunächst irdene („aus gebranntem Ton gefertigt“). Spätere Grapen aus Bronze wurden mittels eines Wachs-/Talgmodells in einer verlorenen Form gegossen.
„Grapen (norddt.) (..) der in der Regel im Gußverfahren aus Bronze hergestellt wurde, setzt die Tradition der tönernen Kugelgrapen des 11./12. Jahrhunderts fort.“
Im 13. Jahrhundert verwendeten die Gießer zweiteilige Formen, die mehrfach benutzt werden konnten. Zirka ab dem 15./16. Jahrhundert gibt es gußeiserne Grapen; ab dem 18./19. Jahrhundert geht die Bedeutung von Grapen in der Küche zurück.[8] Auf dem Lande hielten sich Dreifußtöpfe[9] und im südlichen Dänemark und nördlichen Schleswig-Holstein keramische Jydepötte[10] noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Verwendung billigerer Metalle (Gusseisen) und vor allem die Entwicklung des geschlossenen Küchenherdes, führten letztlich zu anderen Topfformen.
In der späten Neuzeit bis in die Gegenwart (2019) sind grapenartige Töpfe unter dem Namen Dutch oven (USA) beziehungsweise Camp Oven (Australien) oder Potjie (Südafrika und Namibia) bekannt, wo sie von europäischen Siedlern eingeführt wurden. Diese neuen Varianten haben grundsätzlich einen Deckel (im Gegensatz zu mittelalterlichen, gewöhnlich deckellosen Grapen)[7]. Bis heute (2019) werden solche Gefäße in Westafrika hergestellt und verwendet. Während die Formen der neueren „Grapen“ eine hohe Übereinstimmung mit den alten europäischen aufweisen, gilt diese nicht für das Material. Beispielsweise verwenden die Metallgießer in Westafrika bei der Herstellung der Grapenvarianten nicht die tradierten Materialien Ton, Bronze etc., sondern Aluminium.[11]
2007: Dutch oven auf einem Gasherd
Grapen in der Heraldik
Der Grapen ist im Wappenwesen eine von mehreren Topffiguren, deren genaue Formen und Erscheinungen trotz einiger Ansätze in der heraldischen Literatur nicht systematisch, konsistent und erschöpfend bestimmt sind. Beispielsweise definiert Maximilian Gritzner im 19. Jahrhundert eine Grapenfigur unter anderem einerseits als „Kessel mit Füssen, der ins Feuer gestellt wird“, andererseits als „eiserner Topf mit drei Füssen“ sowie (mit Fragezeichen) als „Korb mit Füssen (?)“.[3] Grundsätzlich, grob und ohne genaue Angaben zu den Volumenverhältnissen sind im Wappenwesen mindestens folgende Topfgrundformen voneinander abzugrenzen:
(Gemeiner) Topf | (frz.: pot oder estameau; engl.: pot) (kleiner Topf mit eher ebenem Boden) |
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Kessel | (frz.: chaudron; engl.: caldron oder kettle) (großer Topf mit gewölbtem Boden, ohne Füsse, gewöhnlich mit einer Aufhängvorrichtung (Henkel/Bügel), z. B. an einem höhenverstellbaren Kesselhaken; hier nach WBO 9143) |
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Grapen | (frz.: marmite; engl.: three-legged pot) (dreibeiniger, bauchkugeliger Topf, gewöhnlich mit zwei Griffen, aber ohne Henkel) |
Form
Form, Größe und Höhe (etwa 10 bis 35 Zentimeter)[7] der Grapen sind nicht einheitlich, variieren aber nur in wenigen historischen Varianten und erscheinen gewöhnlich in Form einer leicht bauchigen, oben offenen Kugel, mit schräg nach außen gezogenem Rand und drei Standfüßen.
„Im 14. Jahrhundert sind die hochbeinigen Kugelgrapen charakteristisch. Der meist mit Schriftbändern und erhabenen Linien geschmückte Grapen ändert zeitweilig seinen Umriß. Im 15. Jahrhundert herrscht die Beutelform vor, die im Laufe des 15./16. Jahrhunderts breiter und flacher wird, beinahe schalen- und schüsselförmiges Aussehen annimmt. Zum anderen führt diese Tendenz zu besonders schönen Flachkugelformen, die auch noch im 17./18. Jahrhundert vorkommen. Im 18. Jahrhundert wird wieder die reine Kesselform herausgearbeitet, sowohl im Bronze- als auch Eisenguß, der nun häufiger wird. Eine weitere wichtige Gruppe bilden die Dreibeintöpfe Nordwest- und West-Deutschlands, bis zum Niederrhein und nach Holland reichend, nachweisbar vom 15. bis 18. Jahrhundert, »eine Art breitgedrückter Tropfenform« (Dexel). Der westfälische Grapen beruht wohl auf der alten Holzbüttenform und ist meist glattwandig. Das schöne Exemplar von 1588 aus dem Flensburger Museum, mit der schlichten Kübelform, könnte dieser Gruppe, obgleich für einen Beisitzer aus der Nähe Flensburgs gegossen, zugezählt werden.“
In der Heraldik erscheint erscheint die Grapenfigur gewöhnlich
- entweder mit zwei seitlichen Griffen
- oder mit einem seitlichem Griff
In der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens grenzte man diese beiden Formen grundsätzlich nicht voneinander ab, so dass je nach Wappenaufriss die Grapenfigur in ein und demselben Wappen mal in der einen, mal in der anderen Form erscheint. Nach Bernhard Peter ist es jedoch sinnvoll, in aktuellen Wappenbeschreibungen anzugeben, ob eine Grapenfigur mit einem seitlichen Griff/Stiel (Stielgrapen) oder mit zwei Griffen (doppelgriffig) in einem Wappen erscheinen soll.[12]
„Ohne Angabe ist meistens ein doppel(griffiger) Grapen gemeint.“
Stets zu melden ist, wenn eine Grapenfigur mit einer besonderen Aufhängevorrichtung versehen ist („mit aufgeschlagenem/heruntergeklappten Henkel“) oder wenn er gänzlich „ohne Handhaben“ aufgerissen werden soll. Auch ein Grapen „mit Deckel“ ist anzuzeigen.
Verbreitung
Nach Gert Oswald ist eine Grapenfigur besonders in der pommerschen und ostpreußischen Heraldik beliebt.[4]; nach Bernhard Peter sind sie gehäuft auch in der brandenburgischen Heraldik zu finden.[12]
Grapen mit aufgerichtetem Henkel (nach WBO, Nr. 9145)
Unten: Grapen heruntergeklappten Henkel (Eltze)
(Meensen)
Symbolik
Innerhalb der Heraldik verweisen Grapenfiguren manchmal auf den Namen des Wappenführenden. Ein redendes Wappen mit einer Grapenfigur führten/führen zum Beispiel die Familien von Grape (aus Pommern)[4], Grapengießer (aus Wismar), Grappendorf sowie das nordhessische Adelsgeschlecht der Groppe von Gudenberg oder die Groppen von Bellersheim und so weiter.
„Der Grapen (..) redend im Wappen der von Grape in Pommern (..)“
Wappenbilderordnung
- Der Grapen wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Erzeugnisse von Menschenhand: Haus- und Küchengeräte unter der Nr. 9145 aufgenommen.
Weblinks
Lemma Grapen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- Grapen – 360-Grad-Ansicht im Virtuellen Landesmuseum Mecklenburg
Literatur
- Walter Dexel: Deutsches Handwerksgut: Eine Kultur- und Formengeschichte des Hausgeräts. Sonderband. Propyläen, Berlin, 1939.
- Walter Dexel: Das Hausgerät Mitteleuropas. Wesen und Wandel der Formen in zwei Jahrtausenden. Deutschland, Holland, Österreich, Schweiz. 1962, 2. Auflage, Klinkhardt & Biermann, Braunschweig, Berlin 1973, ISBN 3-7814-0182-0.
- Dieter Seyer: Feuer – Herd – Ofen. Eine museumsdidaktische Unterrichtseinheit zur Geschichte der Feuernutzung, zum Wärmen und zur Nahrungszubereitung (= Unterricht in westfälischen Museen, Band 17). Landesbildstelle Westfalen – Referat für Museumspädagogik, Münster 1985, ISBN 3-923432-19-4.
- Hans Drescher: Mittelalterliche Dreibeintöpfe aus Bronze. Bericht über die Bestandsaufnahme und Versuch einer chronologischen Ordnung. In: Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen, Band 4, 1969, S. 287–315, ISSN 0548-2682.
- Hans Drescher: Grapen aus Bronze im Altoner Museum. In: Altonaer Museum Hamburg. Gerhard Wieteck (Hrsg.). Band 5. Jahrbuch, Hamburg, 1967. (Digitalisat)
Einzelnachweise
- ↑ Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 779-780. (Digitalisat)
- ↑ Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 549. (Digitalisat)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 128, 207, 285. Tafel XXVII. Figur 73. 74. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 167 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
- ↑ Metall. Internet: www.familia-ministerialis.de. Abgerufen: 18. Dezember 2019
- ↑ Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 7.
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 Lexikon der Kunst: Grapen., E. A. Seemann, Leipzig, 1987-1994. Bd. 2, S. 835 (vgl.: Digitale Bibliothek, Band 43: Lexikon der Kunst. Berlin, 2001. S. 11115 f.)
- ↑ Markus Verne; Paola Ivanov, Magnus Treiber: Körper Technik Wissen: Kreativität und Aneignungsprozesse in Afrika: in den Spuren Kurt Becks. (Band 79 von Beiträge zur Afrikaforschung, ISSN 0938-7285). Münster. 2017. S. 284 ff. ISBN: 3643137397
- ↑ Ernst Grohne: Bremische Boden- und Baggerfunde. In: Jahresschrift des Focke-Museums zu Bremen. 1929, S. 44–102, hier S. 49, ZDB-ID 505041-8.
- ↑ Rüdiger Articus: Jydepötte, Suurpötte, Taterntöpfe (= Helms-Museum, Hamburgisches Museum für Vor- und Frühgeschichte. Informationsblatt. Nr. 44). Helms-Museum, Hamburgisches Museum für Vor- und Frühgeschichte, April 1980, ZDB-ID 1254498-X.
- ↑ Gisela Völger, Heiko Steuer: Mitteleuropäische Dreibeintöpfe als Vorbild für afrikanische Keramik. In: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters. Band 13, Nr. 1, S. 193–198.
- ↑ 12,0 12,1 12,2 Bernhard Peter: Besondere Motive: Grapen – Internet: erstellt 2008, abgerufen: 20. Dezember 2019