Schemel (Heraldik)

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In der Frühzeit des Wappenwesens sind Schemel-/Hockerfiguren nicht gebräuchlich.
 
Dreibeiniger Melkschemel
 
Muster: Schemel/Hocker
(nach WBO, Nr. 9048)

Die Ausdrücke

  • Schemel (auch Schämel, Fußschemel, Bänckchen oder ähnlich; über althochdeutsch scamal, scamel, fôtskamel, [fuoʒ-]scamil, aus spätlateinisch scamillus [„Bänkchen“]; zu lateinisch scamnum [„Bank“]; französisch tabouret; englisch stool) und
  • Hocker (von hocken, das ist „mit angezogenen Knien dasitzen, kauern, untätig herumsitzen“; verwandt mit mnl. hucken, niederländisch hukken ‘niederkauern’)

bezeichnen im Wappenwesen eine seltene gemeine Figur, deren genaue Darstellung in der heraldischen Literatur nicht systematisch, konsistent oder einheitich bestimmt ist.

Darstellung

1889: Schemel
(„Schusterschemel“; nach Siebmacher)

Die (unbestimmte) Figur Schemel/Hocker ist -- heraldisch stilisiert -- gewöhnlich einem einfachen (mittelalterlichen) SchemelW-Logo.png ohne Arm- und Rückenlehne nachempfunden. Spezielle Schemelarten (Schusterschemel, Betschemel, MelkschemelW-Logo.png et cetera) sollten unter Angabe ihres Eigennamens oder ihrer besonderen Attribute gemeldet werden. Die Schemel-/Hockerfiguren werden gewöhnlich mit drei Beinen („Dreibein“, „Dreifuß“) und einer runden/ovalen Sitzfläche dargestellt.

Schemel' (Tafel XXVIII. Figur. 30.): das heißt der dreibeinige, heutzutage vulgär „Schusterschemel“ genannte.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Eine andere Beinanzahl oder eine andere Sitzflächenform (zum Beispiel rechteckig) sollten angezeigt werden. In der Normalform sind die Beine der Schemelfigur zum unteren Schildrand gerichtet; ist die Schemel-/Hockerfigur gestürzt oder in einer anderen Weise im Schild oder Feld gestellt, ist dies melden. Alle heraldischen Farben sind als Tingierung der Figur gebräuchlich, wobei Naturfarbe, Silber, Gold und Schwarz bevorzugt werden. Wird ein Teil der Schemelfigur anders tingiert als andere Teile, ist dies unter genauer Angabe des entsprechenden Teils und seiner Farbe zu melden (zum Beispiel: „schwarzer Schemel mit goldenen Beinen“).

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(Perspektivischer) Vierbeiniger Schemel mit rechteckiger Sitzplatte
(Wappen Maier von Oberkirch; nach Siebmacher, 1911)[2]
Mit oder ohne Perspektive

Obwohl Wappenfiguren im Wappenschild grundsätzlich flächig (zweidimensional) gestaltet sein sollen, erscheinen Schemel-/Hockerfiguren zur besseren Erkennbarkeit, so weit die Quellen und Wappendarstellungen zurückreichen, mehrmalig im geringen Maße räumlich (dreidimensional), zum Beispiel in KavalierperspektiveW-Logo.png. Vorrangig ist, dass sich die stilisierte Darstellung eines Schemels/Hockers im Wappenaufriss der künstlerischen Gesamtharmonie unterordnet – und nicht einer hinfälligen Anschauung der neueren Heraldik folgt, nach der perspektivische Darstellungen von Wappenfiguren vorgeblich „unheraldisch“ sein sollen.

Melkschemel

Der Ausdruck Melkschemel wie im Familienwappen Höcke aus Münster, Westfalen (am 9. November 2002 unter der Nr. 10677/02 in die DWR eingetragen) bezeichnet in der Heraldik eine gemeine Figur. Zur Unterscheidung von der Schemel-/Hockerfigur sollte ein Melkschemelfigur in der Normalform mit nur einem einzelnen Standfuß („einbeinig“) und einer runden bis gesäßfreundlich ausgeschlagenen Sitzplattenform erscheinen. Eine Garnitur oder ein Riemen, mit der ein Melkschemel in der Realität an den Leib geschnürt wird, sollten gemeldet werden. Bei einer mehrbeinigen Melkschemelfigur ist die Anzahl der Beine anzuzeigen. Cave: Durch die heraldische Stilisierung ist die mehrbeinige Melkschemelfigur in der Darstellung im Grunde nicht von einer gemeinen Schemel-/Hockerfigur zu unterscheiden.

Schemel im Wappen Schöner von Straubenhardt

Die Darstellung eines Schemels im Wappen ist nicht immer zweifelsfrei als solche zu identifizieren. Verwechslungen mit anderen, ähnlich stilisierten Wappenfiguren sind möglich. Beispielsweise wird über das Wappen der Schöner von Staubenhardt „nach einem Stammbuchblatt von 1590 (Wilhelm und Sebastian Schöner von Staubenhardt) folgende Bemerkung gemacht“:

„Das Wappen findet sich im Alten Siebmacher unter den Schwäbischen; während aber da im 1. und 4. Felde ein schwarzer dreibeiniger Hocker erscheint, ist diese Figur im Baldung'schen Stammbuche mehr wie eine Bank oder eine Brücke (gemeint ist ein Turnierkragen -- Anmerkung der Redaktion) aufgefasst (..)“

Jahrbuch des Adler[3]

Schemel/Hocker als Nebenfigur

Zuweilen erscheint eine Schemel-/Hockerfigur als Nebenfigur in einem Wappen, beispielsweise im Kontext mit einer Frauenfigur, die auf ihm sitzt und einer Tätigkeit wie dem Spinnen nachgeht oder einfach als Sitz-/Stehfläche für eine andere Haupt-/Nebenfigur.

Wappenbilderordnung

  • Der Schemel wurde zusammen mit dem Hocker in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Erzeugnisse von Menschenhand: Haus- und Küchengeräte unter der Nr. 9048 aufgenommen.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Schemel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Schemel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 132. Tafel 28. Figur 30. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  2. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VI. Band, 2. Abteilung; Abgestorbener Württemberger Adel; Verfasser: G.A. Seyler; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1911. S. 249. Tafel 140.
  3. Jahrbuch des Adler VI./VII. S. 39. Zitiert nach: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VI. Band, 2. Abteilung; Abgestorbener Württemberger Adel; Verfasser: G.A. Seyler; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1911. Seite 109. Tafel 60, 61