Öllampe (Heraldik)
Trivialnamen Im deutschen Sprachraum gibt es zahlreiche, teilweise mißverständliche, lokale Bezeichnungen beziehungsweise Trivialnamen für „Öllampe“, darunter
|
Die Öllampe (aus «Öl» [entlehnt von lateinisch oleum] und «Lampe» [von griechisch λαμπάς lampás ‚Fackel‘, ‚Leuchte‘]; französisch lampe à huile; englisch antique lamp oder oil lamp; spanisch candil; lateinisch lampas oleacea, lucerna oder ähnlich) ist in der Heraldik
- eine seltene gemeine Figur oder ein Helmkleinod
- ein Oberbegriff für alle öllampenartigen Wappenfiguren (Grubenlampe, antike/römische Lampe, Lampe des Wissens etc.)
Darstellung
Die Wappenfigur Öllampe ist -- heraldisch stilisiert -- dem Idealbild des gleichnamigen, mittelalterlichen Beleuchtungskörpers nachempfunden, der mit dickflüssigen Brennstoff (Öl, Fett, Talg, Tran et cetera) betrieben wurde und hauptsächlich als künstliche Lichtquelle diente.
Geschichte
Wann eine Öllampe zum ersten Mal in einem Wappen dargestellt wird, ist unbekannt beziehungsweise nicht ausreichend erforscht. Eine Öllampenfigur erscheint beispielsweise im 17./18. Jahrhundert im Wappen von Augustin Calmet (1672-1757).
Anachronismus
Die Verwendung von Öllampen begann vor Tausenden von Jahren und dauert in einigen Fällen bis heute an. In Wappen kommen einerseits Öllampenfiguren vor, die realen Vorbildern aus der eigentlichen „heraldischen Zeit“ nachempfunden sind; andererseits sind heraldische Öllampenfiguren teilweise nach Öllampen gestaltet, die vor und nach der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens gebräuchlich waren (zum Beispiel römische Öllampen, moderne Grubenlampen et cetera). Heraldische Nachbildungen von Objekten, die aus Jahrhunderten vor beziehungsweise nach der „heraldischen Zeit“ stammen, widersprechen einem eher traditionell ausgerichteten Heraldikverständnis. Das Vermischen von zwei historischen Kontexten stellt ein Stilbruch dar und wird von einigen Heraldikern als unheraldisch charakterisiert. Beispielsweise ist die Öllampenfigur im Wappen von Epfach in gewisser Weise anachronistisch, da sie dem Fund einer römischen Öllampe nachgebildet ist, der den Menschen in „heraldischer Zeit“ unbekannt war (siehe weiter unten antike/römische Öllampe).
Heraldische/unheraldische Öllampenformen/-vorbilder (Auswahl) | |||
---|---|---|---|
Unheraldisch Öllampe, ca. 17.000 Jahre alt (Öllöffel, Höhle von Lascaux) |
Unheraldisch Römische Öllampen, 1.-2. Jhr. n. Chr. (Clemens-Sels-Museum, Neuss) |
Heraldisch Öllampe, 12. Jhr. (mit dem Zeichen einer Ordensrittergemeinschaft) |
Unheraldisch Öllampe, Mitte 19. Jhr. (Grubenlampe, geschlossener Frosch) |
Historische Vorbilder aus dem Altertum beziehungsweise der Antike
Die Öllampen dieser Jahrtausende sind vielgestaltig und entstammen vielen historischen wie regionalen Traditionen. Lampentypologisch sind etliche Kategorien zu unterscheiden, wobei einige historische Lampentypen bislang für die Heraldik irrelevant sind. In der Literatur grenzt man beispielsweise folgende Typen aus Antike/Altertum voneinander ab (exemplarischer und unvollständiger Überblick):
Das einerseits profanen (Lichtquelle) und andererseits sakralen (Grabbeigabe, Tempelinventar) Zwecken dienende Gerät wird in der Literatur nicht nur nach Zeit, sondern auch nach anderen Kontexten kategorisiert (Religion, Region, Herstellung, Anwendung, Gestaltung et cetera). |
Form und Blasonierung
Die Form und die Größe der Öllampen sind vielgestaltig und entstammen vielen historischen wie regionalen Traditionen. Sie reichen von einer einfachen, offenen Schale (teilweise ohne Griff und ohne ausbuchtende Tülle) bis zu zweiteiligen, geschlossenen, mit Ornamenten oder Symbolen verzierten, schnabeltassenartigen Gefäßen, mit einem (mehrstufigen) Standfuß sowie mit mehr oder minder langgezogenen „Schnauzen“ (Tüllen) und auf der gegenüberliegenden Seite mit einer ausgeprägten, ringförmigen Handhabe.
In der Normalform erscheint eine Öllampenfigur stets brennend beziehungsweise flammend („mit Flamme“); eine unbeflammte Öllampe ist als solche zu melden. Grundsätzlich sollten besondere Öllampen mit ihrem Eigennamen (z. B. „Firmalampe“) beziehungsweise nach ihrer Bauweise/Funktion („Hängeöllampe“, „Grubenöllampe“) angezeigt werden; auch besondere charakteristische Merkmale (z. B. „Öllampe in Schnauzenform“, „Öllampe in Schiffs-, Fabelwesen-, Tier- oder andere Form“, „offene/geschlossene Öllampe“, „Öllampe mit Deckel, Standfuß und rundem Griff“) sollten in der Wappenbeschreibung (Blason) zur Sprache kommen. Die Anzahl der der Dochtaustritte (bzw. der Einkniffungen für den Docht) kann genauso angezeigt werden wie ein (tragbarer) Lampenhalter oder einer Platte et cetera, auf der eine Öllampenfigur möglicherweise steht. Ist eine Öllampenfigur mit Symbolen, Ornamenten christlichen Motiven oder ähnlichem geschmückt, sind diese, ihre Farbe und Form in der Wappenbeschreibung zu erwähnen.
Öllampenformen (Auswahl) | |||||||
Farbgebung
Alle heraldische Farben sind für die Figur Öllampe gebräuchlich; heraldisches Metall (Silber oder Gold) und Rot sowie Naturfarbe sind bevorzugt. Erscheint die Tinktur eines Teils der Öllampe anders als der Rest der Figur, sollte dies angezeigt werden (z. B.: goldene Öllampe mit rotem Griff).
Rote Öllampe mit goldener Flamme
(Olley)Unten: Brennende goldene Öllampe
(Einig)Belegt mit einer silbernen Ölleuchtenkanne (Lampaden)
„Antike“ oder „römische Öllampe“
Die Ausdrücke antike Öllampe, römische Öllampe, griechische Öllampe, Öllampe des Altertums oder ähnlich bezeichnen in der Heraldik gemeine, eigentlich unheraldische Figuren, die Lampen aus dem Mittelmeerraum des Altertums oder der Antike nachempfunden sind. Beispielsweise erscheint im ehemaligen Ortswappen von Epfach eine römische rote Öllampenfigur (lateinisch lucerna) in Aufsicht, im Zentrum belegt mit einem goldenenem Christusmonogramm („Chi-Rho“). Das Wappen geht zurück auf ein Fundstück aus dem späten vierten Jahrhundert, das Zeugnis für christliches Leben in spätrömischer Zeit im Raum Epfach gibt.[2]
Antike Bronze-Öllampe mit dem christlichen Symbol „Chi-Rho“ (Replikat)
Römische Öllampe (lateinisch lucerna) mit Chi-Rho in Aufsicht (Epfach)
Römische Öllampe (Mesegar de Tajo)
Öllampe als Lampe des Wissen
In Wappenbeschreibungen kommt zuweilen ein unpräziser Ausdruck wie „Lampe des Wissens“ (auch „Wissenslampe“, „Lampe der Erkenntnis“ oder ähnlich genannt; englisch lamp of knowledge) vor. In der Literatur wird die „Lampe des Wissens“ aus dem ägyptischen Henkelkreuz (Anch) abgeleitet, das gewöhnlich als Lateinisches Kreuz erscheint, dessen Oberarm ringförmig ausgezogen ist oder als Taukreuz, das oben mit einem Ring („Henkel“) beziehungsweise mit einer halben Lemniskate besetzt ist.[3][4] Während außerhalb der Heraldik ein altägyptische Symbol Anch für das Weiterleben im Jenseits steht beziehungsweise eine Hieroglyphe für das körperliche Leben ist, versinnbildlicht das daraus abgeleitete Öllampenmotiv dagegen heute für manche Autoren das „Leben“ mit der „ewigen Flamme des Wissens“.[4] Mit dieser Konnotation ist eine überlieferte Handlungsweise des Kynikers Diogenes von Sinope (413-323 v. Chr.) verbunden:
„Tagsüber zündete er eine Laterne an und rief: „Ich suche eine Menschen!““
Man interpretiert die Suche „nach einem Menschen“ als immerwährende Suche nach Wahrheit, Erkenntnis und Wissen und die „Laterne/Öllampe/Leuchte“ mit der „ewigen Flamme“ wird zum Symbol derselben.
In den heraldischen Regeln gibt es bis dato (2019) keine Empfehlung, wie eine „Lampe des Wissens“ aufzureissen ist. Sie erscheint daher in Wappen und in der bildenden Kunst teils als Öllampenfigur, meist jedoch in anderer Form (Leuchter, Lampe, Laterne, mit Kerze); einerseits ist ihre äußere Erscheinung nach realen Lampenvorbildern gestaltet, andererseits nach der Phantasie und in einer Form, die nicht immer belegt werden kann. Es empfiehlt sich, im Blason auf die genannten unpräzisen Ausdrücke zu verzichten oder sie nur als Beisatz in Klammern zu verwenden und stattdessen die genaue Lampenform unter Verwendung ihres charakteristischen Eigennamens zu melden (also zum Beispiel: „.. Öllampe (‚Lampe des Wissen‘) ..“.
Öllampe als Nebenfigur
In einigen Fällen ist eine Öllampenfigur eine Nebenfigur im Gesamtwappenbild und von mehr oder weniger untergeordneter Bedeutung. Beispielsweise ist die Hauptfigur im Wappen der Britischen Jungferninseln die Legendenfigur Ursula von Köln, die in der Rechten eine Öllampe hält und der elf weitere Öllampen rechts und links als Nebenfiguren beigegeben sind.
Öllampe versus „Ampel“
In der heraldischen Literatur wird nicht konsistent zwischen den Ausdrücken „Öllampe“ und „Ampel“ unterschieden. Eine „Ampel“ (lateinisch ampulla) ist nach Maximilian Gritzner mit einer „Hängelampe“ gleichzusetzen.[6] Eine heraldische Ampelfigur kann dementsprechend einer „Öllampe“ nachempfunden sein, muss es aber nicht. Beispielsweise beschreiben die Autoren des Neue Siebmachers ein Motiv im Wappen Kryger als „brennende Ampel“ -- und im Bildteil des Werkes wird auf Tafel 270 zur Verdeutlichung des Motivs eine Öllampe mit Hängevorrichtung gezeigt. Der Ausdruck „brennende Ampel“ kann sich aber auch auf eine Gaslampe, einen Kronleuchter mit Kerzen oder ähnliches beziehen. Nach Brockhaus Kleinem Konversations-Lexikon von 1911 bezeichnet der vage Ausdruck „Ampel“ grundsätzlich nur ein an Schnüren oder Kettchen herabhängendes Gefäß, was im Sinne der Heraldik keine präzise oder ausreichende Motivbeschreibung ist.[7]
Öllampe in der christlichen Heraldik
Öllampen („antike“ bzw. „römische Lampen“) werden im römisch-katholischen Wappenwesen als gemeine Figuren geschätzt. Beispielsweise erscheint ein öllampenartiges Motiv in den Kardinalswappen von António dos Santos Marto, Telesphore Placidus Toppo, Maurice Roy und Jean-Claude Turcotte; es kommt aber auch in Erzbischofsbischofwappen, Bischofswappen et cetera vor. Die Öllampe (oder Ampel) versinnbildlicht in diesen Fällen zum Beispiel die Andacht, die mit Gott verbindet, die Wachsamkeit und Bereitschaft.[8] Außerdem symbolisiert sie in der christlichen Ikonografie vermutlich das Heil, den Frieden, das Licht Gottes oder ähnliche Inhalte.
Zwei einander zugekehrte Öllampen im Kardinalswappen von António dos Santos Marto
Kardinalswappen von Telesphore Placidus Toppo
Erzbischofswappen von Maurice Roy
Wappen von Kardinal Jean-Claude Turcotte
Erzbischofswappen von Emidio Cipollone
Erzbischofswappen von Luigi Vari
Erzbischofswappen von Andrea Bruno Mazzocato
Wappen von António Luciano dos Santos Costa
Wappen von Cyryl Klimowicz
Wappen von David Michael O’Connell
Zwei Öllampen in Naturfarbe mit einer gemeinsamen Flamme (Bischofswappen von Francesco Milito)
Öllampe („antike Lampen“) im Wappen von Michael Joseph Fitzgerald
Bischofswappen von Gregory Bittman
Paraheraldik und Symbolik
Auch als Logo, Badge, in der Universitäts,- Militär- und Paraheraldik ist das Motiv Öllampe gebräuchlich. Außerhalb der Heraldik versinnbildlicht eine Öllampe beispielsweise
- Hochschulbildung („Lampe des Wissens“, siehe oben)
- Beruf der Krankenpflege (vgl. englisch nursing pin)
Badge mit Öllampe (Psychische Gesundheit: School of Nursing)
Badge mit Öllampe (Royal College of Nursing)
Krankenschwester Brustabzeichen (South African Military Health Service; südafrikanischer Militärgesundheitsdienst )
- Escudo Enfermería DCS UQROO.jpg
Logo Bachelor of Science in Nursing (Division of Health Sciences)
Wappenbilderordnung
- Die Figur Öllampe wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Erzeugnisse von Menschenhand: Haus- und Küchengeräte unter der Nr. 9023 aufgenommen.
Siehe auch
Weblinks
Lemma Öllampe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
Einzelnachweise
- ↑ Aus der englischen Wikipedia frei übersetzt und ergänzt: Wikipedia contributors. (2019, November 14). Oil lamp. In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 10:38, Dezember 11, 2019, from https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Oil_lamp&oldid=926201414
- ↑ Seite „Epfach“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. November 2019, 00:28 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Epfach&oldid=193703730 (Abgerufen: 3. Dezember 2019, 01:44 UTC)
- ↑ Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 292, Figur 3 (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000; „Taukreuz, oben mit Ring besetzt, Henkelkreuz“).
- ↑ 4,0 4,1 Why do so many academic awards have that oil lamp on them? Academic Awards Featuring the Lamp of Knowledge. Abgerufen am 14. Dezember 2019 (englisch, frei übersetzt: ‚Warum werden bei so viele akademische Ehrungen Preise in Gestalt oder Anlehnung an Öllampen als äußeres Zeichen der Prämierung übergeben?‘).
- ↑ Diogenes Laertios: Leben und Lehre der Philosophen. Stuttgart, 1998. S. 268. ISBN 3-15-009669-3
- ↑ Maximilian Gritzner: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie. Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 194. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ Brockhaus: Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911. S. 59.
- ↑ Sophie Schranck: Zur Ikonographie der heiligen Ursula. In: Ursulinennachrichten 3/2017. S. 10