Feuerhaken
Der Feuerhaken (auch Schüreisen, Schürhaken, [lokal] Feuerkrücke; [veraltet] Attisoir genannt; französisch crochet de feu; englisch fire hook) ist im Wappenwesen eine gemeine Figur, die in mehreren Ausprägungen in Wappen erscheint:
- als kompletter Feuerhaken (Spitze/Tülle mit vollständigem Schaft)
- als Feuerhakenspitze (Spitze/Tülle ohne Schaft)
- als Feuerhakenspitze mit gestümmelten Schaft (Spitze/Tülle mit einem verkürzten Schafteil)
- als Feuerhaken, der aus dem Schild-/Feldrand wächst (Spitze mit einem durch den Schild-/Feldrand verkürzten Schaft)
Gebrauch
Der Ausdruck „Feuerhaken“ ist ein Oberbegriff und bezeichnet mehrere bekannte (historische) Werkzeuge mit unterschiedlichen Funktionen, die alle in der einen oder anderen Form in Wappen erscheinen können. Grundsätzlich kann als „Feuerhaken“ bereits ein einfacher „Stock“ interpretiert werden, an dem seitlich ein Ast in Art eines Widerhakens entspringt.
Feuerhaken besitzen unter anderem folgende Funktionen:
- Einreißhaken (auch Sturmhaken, lateinisch harpago incendiarius genannt)[1]: Das sind lange „Brandhaken“, die man „bei einem Sturme“, beim Feuerlöschen oder beim „Löschangriff“ zum Öffnen von Brandnestern, zum Einreißen und Wegziehen brennender Balken oder (brennender) Gebäudeteile und Dächer verwendet.
- „Hexen-/Ketzerfeuerhaken“: Lange Feuerhaken kamen bei Hexen- und Ketzerverbrennungen zum Einsatz. Vermutlich dienten sie dazu, das Feuer durch Herumstochern anzufachen oder gezielt zu vergrößern. Denkbar ist, dass die angeblichen Hexen/Ketzer mit den Feuerhaken gequält wurden.
- Rodungshaken: Bei der Brandrodung zur Vorbereitung landwirtschaftlicher Produktion verwendet man lange Feuerhaken. Sie dienen beispielsweise dem kontrollierten Abbrennen der Primär- oder Sekundärwaldflächen oder werden eingesetzt, um das Niederholz oder den Reisig bewaldeter Berghänge durch Flammen- oder Schmotfeuer sicher zu erledigen.
- Schürhaken (auch Schürstange, Schüreisen, Stocheisen oder ähnlich genannt) bezeichnet ein Metall-, Schmiedehaken- oder Köhler-Werkzeug zum Verändern der Lage von heißem Brennstoff in einer Esse, einem Holz- oder Kohleofen oder ähnlichem.
- Kesselhaken, die man gebraucht, um einen Kessel über ein Feuer zu hängen, werden teilweise Feuerhaken genannt, obwohl ihre Funktion sich wesentlich von den zuvor genannten Feuerhaken unterscheidet.
Darstellung
Die Figur Feuerhaken erscheint im Wappen gewöhnlich heraldisch stilisiert mit einer langen (hölzernen) Stange, an deren oberen Ende ein (metallischer) Stangenaufsatz angebraucht ist („Eisenzeug“), der in eine Spitze mit einem seitlichen Wider-/Wendehaken ausgearbeitet ist. Neben den oben genannten Formen eines Feuerhakens existieren regional unterschiedliche Konstruktionsformen des Werkzeugs. Alle Besonderheiten, die signifikant für die Wappenfigur sind, sollten mit den spezifischen Details gemeldet werden. Ist beispielsweise der Widerhaken als ein stilisiertes Lilienblatt ausgeprägt, sollte dies gemeldet werden.
Die Figur kommt einzeln im Wappen vor, wird teilweise aber auch in Mehrzahl (zum Beispiel schräggekreuzt) oder mit anderen Wappenfiguren kombiniert. In der Regel ist die Lage des Widerhakens bzw. der widerhakenförmigen Vorrichtung nach heraldisch rechts gewendet. In anderen Fällen sollte man sie in der Wappenbeschreibung angeben (zum Beispiel nach links gewendet, auswärtsgekehrt oder ähnlich). Wenn der Aufsatz mit der Spitze und seinem hakenförmigen Teil zum oberen und der Stab der Figur zum unteren Schildrand gerichtet sind, muss dies nicht unbedingt gemeldet werden, kann aber als „aufrechter Feuerhaken“ beschrieben sein. Ist der Feuerhaken gestürzt oder in einer anderen Weise im Schild oder Feld gestellt, ist dies anzuzeigen. Alle heraldischen Farben sind als Tingierung der Figur gebräuchlich. Wird der obere Teil des Feuerhaken anders tingiert als der Stab, ist dies zu melden.
Wappen Nanckenreuth und Derivate
Der Feuerhaken im Wappen derer von Nanckenreuth ist ein Einreiß-/Brandhaken, wie er bei der Feuerbekämpfung eingesetzt wird. Erkennbar ist das an zwei charakteristischen Ringen, die beim Gebrauch des Einreißhakens dabei helfen, die Einreiß-/Zugkraft zu erhöhen (wobei im Wappen Nanckenreuth gewöhnlich nur die Tülle oder das Oberteil des Einreißhakens dargestellt wird, nicht der komplette Feuerhaken).
„Die Feuerhaken aber sind noch mit einigen Ringen zu versehen, wodurch man Stricke ziehet, damit mehrere Menschen daran hülfliche Hand leisten können.“
Obwohl die beiden Ringe ein klarer Hinweis darauf sind, dass im Wappenschild das Oberteil eines Feuer-/Einreißhakens erscheint, wird die Figur manchmal mißverständlich als „silberne lilienförmige Spießspitze“ oder als „Feuerhaken für Rodungstätigkeiten“ beschrieben. Ob der Ausdruck Nanken einen Feuerhaken bezeichnet, wie es in der Literatur häufig zu lesen ist, ist nicht ausreichend untersucht. In den gebräuchlichen Wörterbüchern (Grimm u. a.) findet sich kein entsprechendes Schlagwort, was bedeuten könnte, dass der Ausdruck nicht zur Umgangssprache gehört.
Wappen der Familie von Nanckenreuth nach Siebmachers Wappenbuch
Wappen des Bistums Lebus und Derivate
Auch die Haken-Wappenfiguren, die im Zusammenhang mit dem Bistum Lebus stehen, scheinen Feuer-/Einreißhaken nachempfunden zu sein. Zumindest heißt im Schrotschen Wappenbuch, das von Adam Berg 1576 herausgegeben wurde:
„Ein rother Schildt, darin ein klein gelbs in dem 2 eissen Fewrhacken.“
Gewöhnlich besitzen die Feuerhaken in den überlieferten Bistumswappen einen Ring. Im Schrottschen Wappenbuch wachsen die Feuerhaken des Bistums Lebus aus dem roten Bord, wodurch evident ist, dass die Haken länger sind, als sie im Wappen erscheinen und sich die Ringe im Oberteil des Werkzeugs befinden (was auf Feuer-/Einreißhaken verweist, aber auch auf Schiffshaken). Die Ringe erscheinen teilweise in den Wappendarstellungen und Derivaten an den unteren Enden der Haken und sehen manchmal ähnlich wie Handgriffe aus; zudem sind die Haken oft schwebend und mit kurzen Stangen im Wappen dargestellt. Das ist vermutlich der Grund, warum man die Haken in manchen Beschreibungen nicht als Feuerhaken, sondern als Boots-/Schiffshaken interpretiert. Man dichtet die Legende, bei den Haken handle es sich um einen Verweis auf die Marterwerkzeuge („Heiligenattribute“) des heiligen Adalbert von Prag, des Schutzpatrons des Lebuser Domstiftes, der angeblich mit Rudern und Boots-/Schiffs-/Fischerhaken („-spießen“) erschlagen worden sein soll. Im Wappen des Lebuser Bischofs Johann von Borsnitz (ca. 1397-1422) erscheinen die Haken nach Siebmacher[4] ohne Ringe.
Wappen des Bistums Lebus nach Johann Siebmachers Wappenbuch von 1605
Wappen Wintzingerode und Derivate
Die Wappenfigur im Wappen derer von Wintzingerode wird im Siebmacher meist als „Feuerhaken“ beschrieben. Paul Schreckenbach (1866-1922) beschreibt die Wintzingerode-Wappenfigur in einem seiner Romane phantasievoll als „Spieß mit zweifacher Spitze“ bzw. als „doppelte Hellebardenspitze“. Es liegt jedoch nahe, die Wappenfigur als redendes Symbol aufzufassen. Demnach stellt sie das Oberteil einen „Rodungs-/Feuerhaken“ dar, in Anlehnung an den Familien- und Ortsnamen (Wintzingerode = „winczinge/winzige Rodung“).
Wappen der von Wintzingerode
Feuerhaken im Wappen von Otto Haak
Einem breitem Publikum ist die Wappenfigur Feuerhaken durch die unzähligen Exlibris des Berliner Buchhändlers Otto Haak (früher Haack) bekannt, der sein Wappen von namhaften Künstlern seiner Zeit entwerfen und als Exlibris drucken ließ.[5]
Schürhaken
Im Wappen von Zell an der Pram erscheint der Feuerhaken explizit als Schürhaken.
Abgrenzung
Die Darstellung der Wappenfigur Feuerhaken ist leicht mit anderen Haken (Schiffshaken, Enterhaken, Bootshaken, Floßhaken et cetera) zu verwechseln. Die Namen der Haken werden im Wappenwesen teilweise nicht scharf oder eindeutig voneinander getrennt, manchmal auch synonym verwendet. Um das Quidproquo zu vermeiden, sollten Name, Form und spezifische Eigenschaften der jeweiligen Wappenfigur in der Wappenbeschreibung möglichst genau gemeldet werden.
Einzelnachweise
- ↑ Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 483. (Digitalisat)
- ↑ Jacobi und Kraut: Annalen der Braunschweig Luneburgischen Churlande. Band 1. Hannover. 1787. S. 76
- ↑ Schrot, Martin. Wappen Buch des hohen Geistlichen vnd Weltlichen Stands der Christenheit in Europa (..). Hrgs.: Adam Berg. München. 1576.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, I. Band, 5. Abteilung, 1. Reihe; Bistümer; Author: G. A. Seyler, F. Kraemer, H. Nahde; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1881. S. 36. Tafelnummer 64.
- ↑ Vgl. zum Beispiel:
Bernhard Peter: Wappen und Aufriß, Konstanz und Variabilität
Bernhard Peter: Historische heraldische Exlibris (37)
Bernhard Peter: Historische heraldische Exlibris (48)