Trichter (Heraldik)
Der Trichter (Diminutiv Trichterchen, oberdeutsch Trichterlein, über mittelhochdeutsch trihter/trahter von lateinisch trajectorium „Übergang“; französisch entonnoir; englisch funnel) ist in der Heraldik eine seltene gemeine Figur.
Darstellung
Die Wappenfigur Trichter ist -- heraldisch stilisiert -- dem Idealbild des gleichnamigen, mittelalterlichen Geräts nachempfunden, „mit dessen Hilfe man Flüssigkeiten oder kleinkörnige Stoffe in Gefäße mit kleiner Öffnung, z. B. Flaschen, einfüllen kann, ohne dabei etwas zu verschütten“.[1] Sie erscheint als einfacher „Küchentrichter“ beziehungsweise als ein „kegelförmiger Hohlkörper, dessen Wände sich unter einem Winkel von etwa 50–60° gegeneinander neigen und dessen Spitze in ein etwas kegelförmiges Rohr ausläuft“.[2] Eine besondere Trichterart-/-form/-ausstattung sollte gemeldet werden (zum Beispiel „Trichter mit Handhabe“, „Trichter mit Absperrhahn“ oder ähnliches). In der Normalform zeigt das Trichterrohr zum unteren Schild-/Feldrand und die Trichteröffnung nach oben; eine mögliche Handhabe befindet sich ohne besondere Positionsangabe auf der heraldisch linken Seite der Figur.
Da eine Filterfigur selten ist, gibt es keine expliziten heraldischen Vorgaben für sie, außer jene, die für Wappenfiguren, insbesondere für Haus- und Küchengerät, allgemein gelten. Die Farbgebung des Wappenmotivs, die Stellung und so weiter erfolgen nach den heraldischen Regeln. Alle heraldische Farben sind für die Figur Trichter gebräuchlich; heraldisches Metall (Silber oder Gold) sind bevorzugt. Erscheint die Tinktur eines Teils der Trichterfigur anders als der Rest, sollte dies angezeigt werden (z. B.: „goldener Trichter mit roter Handhabe“).
1548: Trichter, unten mit hakenförmigen Griff; oben mit gebogenen Haken (Wappen Lad; nach Siebmacher, 1909)[3]
Wappenbrief von 1676, in Feld 2: Drei (gestürtzte) Trichter (Wappen Orkuty; nach Siebmacher, 1894)[4]
1979, links: Eßbesteck mit Löffel, letzterer unterstützt von einem Trichter (Wappen Hierl; ADW-Nr. 79310)[5]
Anachronismus
Eine genaue zeitliche und örtliche Einordnung der Erfindung des Trichters ist noch nicht möglich, aber ihre Verwendung begann vor Tausenden von Jahren und dauert bis heute an. Für die Vertreter eines eher traditionell ausgerichteten Wappenwesens sind nur diejenigen Trichterformen heraldisch, die in der Früh-/Blütezeit des europäischen Wappenwesens (ca. 12. bis 15. Jahrhundert) auf einem Wappenschild als Wappenfigur denkbar gewesen wären. Heraldische Nachbildungen von Trichterobjekten, die aus Jahrhunderten vor beziehungsweise nach der „heraldischen Zeit“ stammen, widersprechen dem eher traditionell ausgerichteten Heraldikverständnis.
Heraldische/unheraldische Trichterformen/-vorbilder (Auswahl) | |||
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Unheraldisch 1. Jhr.: Bronzetrichter aus Pompeji |
Unheraldisch 1.–3. Jhr.: Römischer Küchentrichter aus Keramik auf dem Kopf stehend |
Heraldisch ca. 1475: Trichter bei der Wasserfolter |
Unheraldisch 20 Jhr.: Großer Metalltrichter mit Ring (Verwendung im Weinhandel) |
Wappenbilderordnung
- Die Trichterfigur wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Erzeugnisse von Menschenhand: Haus- und Küchengeräte unter der Nr. 9189 aufgenommen.
Weblinks
Lemma Trichter. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
Einzelnachweise
- ↑ Seite „Trichter“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21. Januar 2020, 17:39 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Trichter&oldid=196043461 (Abgerufen: 15. Mai 2020, 22:32 UTC)
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 705. (Digitalisat)
- ↑ Wappenbeschreibung: „In Silber ein goldener Trichter, unten mit hakenförmigen blauem Griff; aus dem Trichter geht ein gebogener blauer Haken hervor.“
- ↑ Anmerkung: Im Textteil des Siebmachers ist von drei (aufrechten) „schwarzen Trichtern“ die Rede; im Wappenaufriss erscheinen dagegen drei gestürtze „silberne Trichter“.
- ↑ Wappenbeschreibung: „Gespalten, rechts geteilt, oben in Rot eine goldene Laubkrone, unten rot-silbern schräggerautet; links in Blau oben ein silbernes Eßbesteck, bestehend aus einem Messer schrägrechts, einer Gabel schräglinks und einem Löffel pfahlweise, letzterer unterstützt von der Spitze eines goldenen Trichters. Auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender goldengehörnter schwarzer Stier.“