Steinfarbe

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Steinfarbe (‚die natürliche Farbe des Steins‘; ‚künstlicher Farbstoff [..] des Malers‘)[1] ist in der Heraldik eine vage, historische, veraltete und nicht wohldefinierte Farbangabe, der heute nicht mehr oder nur ausnahmsweise bei der Beschreibung eines Wappens gebräuchlich ist; je nach Kontext bedeutet der Ausdruck:

Geschichte

Der Ausdruck „Steinfarbe“ ist Wappenwesen spätestens seit 15. Jahrhundert belegbar. Gustav Adelbert Seyler weist auf seine Verwendung im Zusammenhang mit überlieferten Wappenbriefen hin, die durch Kaiser Friedrich III. (1415-1493) verliehen wurden:

„(In den Wappenbriefen ..) kommt vor: ein Mühlstein (in) seiner natürlichen Steinfarben (..)“

Auch außerhalb der Heraldik datieren Autoren die Verwendung des Ausdrucks „Steinfarbe“ auf das 15. Jahrhundert:

„Der Begriff „Steinfarbe“ ist schon im 15. Jhdt. belegbar (..)“

Nora Halbgebauer (2008)[3]

Darstellung

Welche Farbe darzustellen ist, wenn der Ausdruck „Steinfarbe“ bei einer Wappenbeschreibung verwendet wird, erschließt sich, wenn überhaupt, nur aus dem jeweiligen Kontext oder aus einer zusätzlichen Farbangabe. Beispielsweise verwendet der Heraldiker Maximilian Gritzner den Begriff „Steinfarbe“ zusammen mit dem Farbmerkmal „grauer“ bei einer Felsenfigur, so dass kein Zweifel daran besteht, dass in diesem Fall mit „Steinfarbe“ die heraldische Hilfstinktur  „Grau“ gemeint ist:

„Die Felsen werden gewöhnlich in grauer Steinfarbe gemalt.“

Maximilian Gritzner (1889)[4]

Auch der Heraldiker Otto Titan von Hefner ergänzt den vagen Ausdruck „Steinfarbe“ um eine Farbangabe, so dass kein Zweifel daran besteht, dass er unter „Steinfarbe“ im Zusammenhang mit dem Wappen von Speyer die heraldische Ganzfarbe  „Rot“ meint:

„Die ehemalige Reichs-, jetzt Kreishauptstadt Speyer, hat als Wappenbild den Speyerdom in seine ältesten Gestalt und natürlichen (roten) Steinfarbe in S(ilber).“

alternative Beschreibung
1573: Wappen derer von Rabenstein (Detail aus einer Wappentafel)

Wird der Ausdruck „Steinfarbe“ ohne ergänzende Farbangabe verwendet, ist im Grunde unklar, welche Farbe gemeint ist. Beispielsweise findet sich im Alten Siebmacher folgende Beschreibung des Wappens derer von Rabenstein:

„Ein schwarzer Rab auff einen steinfarbenen Berg im gelben Schildt / Auff dem Helm der Rab wie im Schildt / die helmdeck sch:(warz) und gelb.“

Alter Siebmacher (1605)[6]

Im Allgemeinen wird in der heutigen Literatur in diesem Falle die „Steinfarbe“ des Dreibergs in dem Wappen derer von Raben mit  „Grün“ gleichgesetzt; diese Gleichsetzung ist rein spekulativ, wenn nur die Schwarz-Weiß-Ausgabe des Alten Siebmacher vorliegt; genausogut könnten die Verfasser auch  „Grau“ oder  „Schwarz“ gemeint haben. Letztlich erschließt sich die Gleichsetzung „Steinfarbe“ gleich „Grün“ in diesem Falle allenfalls durch den Abgleich mit anderen Wappenaufrissen beziehungsweise anderen Quellen (zum Beispiel mit einer Wappentafel aus dem Jahre 1573, wo der Dreiberg im Rabenstein-Wappen zweifelsfrei in Grün mit kleinen andersfarbigen Farbsprengseln erscheint, immerhin 32 Jahre vor dem Druckdatum des Alten Siebmachers).

Steinfarbe gleich Grisaille

alternative Beschreibung
Wappen in „Steinfarbe“ bzw. „Grisaille“
(Wappen Landsee; ohne heraldische Farben; Standort: Wasserschloss Glatt)

Für manche Autoren ist „Steinfarbe“ ein Synonym für GrisailleW-Logo.png (französisch für Eintönigkeit, abgeleitet von französisch gris ‚grau‘):

„Der gedeckten Farben und der dargestellten Motive wegen wird Grisaille auch als »Totfarbe«", »Todfarbe« oder »Steinfarbe« bezeichnet.“

Das grosse Kunstlexikon von P. W. Hartmann (1996/2005)[7]

„Als »Steinfarbe«, wie u(nter) a(nderen) Holbein die G(risaille) nannte, fand die G(risaille) seit der Gotik zur prägnanten Ausformung der plast(ischen) Körperformen, z(um) T(eil) lasierend mit anderen Farben übergangen, Verwendung“

Lexikon der Kunst (1987-1994/2001)[8]

Wappendarstellungen in Grisaille finden sich an vielen Bauerwerken. Beispielsweise erscheint das Wappen Landsee am Wasserschloss GlattW-Logo.png in Grisaille.

Darstellung außerhalb der Heraldik

Im Deutsches Wörterbuch werden mehrere Quellen mit unterschiedlichen Farbangaben für die Steinfarbe gelistet, darunter Dunkelgrau, Gelbgraulich, Graublau und Hellgrau sowie eine Herstellungsangabe für die Steinfarbe („zu mischen aus gelbem Ocker, Umbra und Bleiweis“).[1] Manfred Koller bestimmt den Ausdruck für die Architektur folgendermaßen:

„Der historische Begriff „Steinfarbe“ bezeichnet Farbgebung im Sinne eines vorgestellten Steinmaterials, meist in Grau- und Ockertönen, aber auch braunrot, violett oder grün (Bundsandsteine). Gemalte »Marmorierungen« gibt es in allen Varianten.“

Manfred Koller (2007)[9]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Steinfarbe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  2. Seyler, Gustav Adelbert: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. In: J. Siebmachers großes Wappenbuch. Band A. Repgrografischer Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1885-1889 (1890). Neustadt an der Aisch. 1970. S. 467
  3. Nora Halbgebauer: Polychromie romanischer Portale in Wien und Niederösterreich. Diplomarbeit. Wien, 2008. S. 50, Fußnote 184
  4. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 112. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  5. Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Unter steter Bezugname auf die übrigen historischen Hilfswissenschaften. Praktische Heraldik. Band 2. Weißenburg, München, 1863. S. 226
  6. Alter Siebmacher: v. Rabenstein. Kapitel Frenckische. S. 105
  7. Grisaille. In: Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann. BeyArs.com, 2005, abgerufen am 1. Dezember 2020 (als Printversion erschienen: Kunstlexikon. Hrsg. v. Peter W. Hartmann. Leobersdorf: Stiepan 1996.).
  8. Lexikon der Kunst: Grisaille. Digitale Bibliothek. Band 43. Berlin 2001. S. 11290 (vgl. Lexikon der Kunst. Bd. 3. Harald Olbrich (Hrsg.) Leipzig 1987-1994. S. 23)
  9. Manfred Koller: Steinimitationen und Kunststein. In: Stein. Denkmalpflege in Österreich. Amt der NÖ Ländesregierung (Hrsg.). Band 37. St. Pölten, 2007. S. 31