Wappenvereinigung

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Österreich-UngarnW-Logo.png, Mittleres Wappen 1915, mit verschiedenen Formen der Wappenvereinigung: (Zusammenstellen zweier Staatswappen und eines Hauswappens auf gemeinsamer Basis; Mittelschild­auflegungen; vielfältige Zusammenschiebungen von Territorialwappen)
Hugo Gerhard Ströhl, 1915/17
Extremform einer Wappenvereinigung mit 719 Feldern

Die Wappenvereinigung ist in der Heraldik ein Oberbegriff für

  • die Zusammenstellung, Zusammenschiebung, Zusammenbindung etc. von zwei oder mehreren Einzelwappen
  • die Fusion („Wappenfusion“, „Wappenverschmelzung“[1]) zwei oder mehreren Einzelwappen zu einem Gesamtwappen/Gesamtschild („zusammengesetztes Wappen“)

Gründe

Wappenvereinigungen lassen sich schon in der Frühzeit der Heraldik nachweisen[2], um beispielsweise die Zusammengehörigkeit verschiedener Einzelwappen bei einem Wappenführenden in einem gemeinsamen Wappen zu dokumentieren. Eine Wappenvereinigung kann aus erblichen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen oder anderen Gründen notwendig beziehungsweise gewollt sein (zum Beispiel sind/waren Gründe für Wappenvereinigungen Gebietszu- und –abgänge, Gebietsreformen, Gemeindefusionen, Eingemeindungen, Eheschließungen et cetera).

„Den unmittelbaren Anlaß zur Wappenvereinigung bildet die ursprünglich enge Verbindung der Wappen mit dem Grund- und Lehensbesitz und die daraus resultierende Häufung der Wappen in einer Hand. Sinn und Zweck der Wappenvereinigung ist es, alle diese Einzelwappen rangmäßig richtig geordnet in einem gemeinsamen Schild zu einem Gesamtwappen zusammenzufassen, wie es in der Regel bei Allianzwappen oder Heiratswappen geschieht. Wappenvereinigungen sind bereits in Siegeln aus dem Jahre 1250 nachweisbar.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[3]

Wappenvereinigungen kommen zustande, wenn zum Beispiel Eheleute ihre Wappen nebeneinander stellen, oder wenn ihre Nachkommen beide Wappen in einem Schild kombinieren. Sie können auch dadurch entstehen, daß ein Familien- oder persönliches Wappen mit einem Amtswappen vereinigt wird, wie zum Beispiel bei einem Bischof, der sein eigenes mit dem Wappen seiner Diozöse verbindet. Regierende Fürsten haben häufig ihr Familienwappen mit Wappen der von ihnen beherrschten Territorien im selben Schild zusammengefügt, wobei selbst Wappen von Ländern, die sie gar nicht besaßen, auf die sie aber einen Anspuch hatten (vgl. Anspruchswappen -- Anm. der Redaktion), nicht ausgelassen wurden (..)“

Methoden

Um Einzelwappen miteinander zu vereinigen, haben sich in der Heraldik mehrere Methoden entwickelt. Die Gesamtheit der Regeln über Zusammenstellung von Einzelwappen nennt man Courtoisie (=„Höflichkeit, Ehrenbezeugung“). Neben der Wappenvereinigung, die mit Hilfe von mehreren zusammengestellten, zusammengeschobenen, zusammengebundenen etc. Einzelwappen erfolgt, existiert die Möglichkeit, die Einzelwappen in einem einzigen Gesamtwappen zusammenzufassen (zu vereinigen). Die unterschiedlichen Methoden der Wappenvereinigung können zusammen auftreten (zum Beispiel ein Gesamtwappen mit Quadrierungs- und zusätzlich Herzschildnutzung). Unter anderem gibt es folgende Methoden:

Das Gruppieren von Wappen

Zusammenstellung

Die „Zusammenstellung“ (nach Otto Titan von Hefner und anderen: die „Nebeneinanderstellung“)[5] zweier oder mehrerer Wappen „geschieht auf mancherlei Art“, wobei sich „das Mittelalter in seiner gewohnten Willkürlichkeit (..) sich hierin beinahe gar nicht an feste Regeln gebunden“ hat.[6] Hauptsächlich sind vier Arten der Zusammenstellung voneinander abzugrenzen, wobei Heraldiker wie Hefner zur Diskussion stellen, in welchen Fällen man eine Gruppe von mehr als drei Schilden zu einem vereinigten Wappen erklären kann -- und in welchen die Zusammenstellung keine Wappenvereinigung zu einem neuen organischen Wappen darstellt, sondern lediglich eine Gruppe von Einzelwappen, die dekorativ nebeneinander angeordnet sind.[5]

Zwei Wappen Durch das Schrägstellen von zwei Schilden gegeneinander mit der Eckenberührung am oberen Schildrand
Muster-Zusammenstellung 01.png
Drei Wappen 1-über-2: In Gestalt einer Dreiecks beziehungsweise einer „Schildpyramide“: die beiden unteren Schilde „V-förmig“ gegeneinander gestellt, von oben der dritte Schild auf die „V-Form“ gesetzt beziehungsweise der dritte Schild von den zwei oberen Ecken der zwei unteren Schilde gestützt.
Muster-Zusammenstellung 02.png
Vier Wappen 1-über-2-über-1: In Gestalt einer „Schildraute“
Muster-Zusammenstellung 03.png
Mehrere Wappen In Gestalt eines Halbkreises oder Kreises
alternative Beschreibung

Zusammenschiebung

Zwei Wappen Nebeneinanderstellen von zwei Wappen mit Schildrandberührung der ganzen Länge nach oder leichter Überdeckung
Muster-Zusammenschiebung.png

Zusammenbindung

Zwei Wappen Nebeneinanderstellen von zwei Wappen ohne Berührung, aber mit gemeinsamer Basis, mit Seilen oder Schleifen verbunden.
Muster-Zusammenbindung.png

Das Fusionieren von Wappen

Die eigentliche „Vereinigung“ (Wappenfusion, Wappenverschmelzung) mehrerer Einzelwappen zu einem einzigen Gesamtwappen kann auf mannigfaltiger Weise durchgeführt werden. In der heraldischen Literatur grenzt man gewöhnlich verschiedene Arten der Wappenfusion namentlich, aber nicht einheitlich voneinander ab.

Nach Oswald kann die Wappenvereinigung beispielsweise durch 1. „Einfassung“, 2. „Verschränkung“ 3. „Einpropfung“ und 4. „Einverleibung/Auflegung“ erfolgen;[2] Hefner nennt dagegen noch 5. die „Vertheilung“, die nach seiner Bestimmung entsteht, „wenn verschiedenerlei Wappen in einen nach Bedürfnis ihrer Zahl gefelderten Schild zu stehen kommen, ohne daß eine Wiederholung derselben stattfindet, oder ein aufgelegter Mittelschild dabei vonnöten wird“.[5] Die heraldischen Autoren stellen teilweise andere Kriterien auf, welche Wappenvereinigung zu welcher Art der Wappenfusion gehört. Beispielsweise zählt Hefner die Vereinigung, die entsteht, „wenn ein Schild mit einem Schrägbalken überzogen wird, welches ein selbständiges Wappen enthält“, zur „Einpropfung“, andere wie Oswald ordnen diese dagegen bei der „Einverleibung“ ein.[2][5]

Einig sind sich viele heraldische Autoren darüber, dass bei Wappenvereinigungen das Fusonieren von Einzelwappen dem Gruppieren vorzuziehen ist.

„Aus praktischen Gründen ist die Vereinigung mehrerer Wappen in einem Schild dem Zusammenstellen mehrerer Einzelschilde vorzuziehen. Die Wappenvereinigung wirkt geschlossener und überzeugender. Die Einzelwappen auf die Schildfelder eines Schildes verteilt, bilden eine Ganzheit.“

Walter Leonhard (2003)[3]

Wie vielfältig die Fusionsmethoden der Heraldik sind, zeigt Johann Christoph Gatterer schon 1774 auf. In seinem Werk „Abriß der Heraldik“ führt er auf zwei Tafeln eine größere Auswahl an Fusionsmethoden auf, wobei er bestimmt, in welcher Reihenfolge die Felder mit den Einzelwappen bei Zusammenstellungen von zwei, drei, vier, fünf, sechs Wappen sowie bei anderer Schildanzahl zu blasonieren sind.[7]

 
 
Formen der Wappenfusion von Einzelwappen mit der Reihenfolge ihrer Beschreibung im Gesamtwappen (nach Gatterer, 1774)

Verschränkung

Zusammenfügen der Einzelwappen zu einem Gesamtwappen; in der einfachsten Form durch „Halbierung“, zum Beispiel wenn der Schild eines Gesamtwappens geteilt oder gespalten ist und die Motive der Einzelwappen auf die beiden Schildfelder verteilt sind; oder durch die Quadrierung (Vierung) (hier ist die Wappenvereinigung von zwei Wappen möglich, wenn jeweils zwei Felder im Gesamtwappen das gleiche Motiv zeigen, aber auch die Vereinigung von drei oder vier Einzelwappen.

1. Wappen 2. Wappen Ergebnis
Verschränkung
mittels Teilung
+
=
Verschränkung
mittels Spaltung
+
=
Verschränkung
mittels Vierung
+
=

Einpfropfung

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Einpfropfung

Einpfropfung wird das Einfügen einer eingebogenen Spitze zwischen zwei Feldern am selben Platz genannt, so daß der Gesamtschild beispielsweise die Motive dreier Einzelwappen zeigen kann.

1. Wappen 2. Wappen 3. Wappen Ergebnis
Einpropfung
(mittels spitzenartigem
Zwischenraum)
+
+
=

Auflegung/Einverleibung

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Auflegung

Die Auflegung/Einverleibung erfolgt zum Beispiel in der Form eines Rechts- oder Linksschrägkbalkens oder eines Pfahls mit dem zuzufügenden Wappenbild über das Schildbild des Gesamtschilds.

Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Sacken
und Oswald)
In Blau ein silbernes Lilienkreuz
+
In Rot drei goldene Lilien
=


Einfassung

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Einfassung (Heraldik)

Zum Beispiel, indem der Schild des Gesamtwappens mit einem Bord „eingefasst“ wird, auf dem die Wappenfiguren oder Farben der Einzelwappen erscheinen; oder durch Belegen des Gesamtschilds mit Einzelwappen in Form eines Mittelschildes beziehungsweise Herzschildes.

Besäung oder Bestreung

Zum Beispiel durch Verteilung vieler kleiner Figuren im Gesamtschild, die das Schildbild eines Einzelwappes repräsentieren, neben einer Hauptfigur aus einem anderen Einzelwappen.

Freiviertel

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Freiviertel

Oberwappen (Helme, Helmkleinod) bei vereinigten Wappen

Bei Wappenvereinigungen steht man vor der Frage, wie die Oberwappen (Helme und Helmkleinode) der zu vereinenden Einzelwappen dargestellt werden sollen. Eduard Freiherr von Sacken nennt im 19. Jahrhundert in diesem Zusammenhang drei Möglichkeiten, ohne eine der Möglichkeiten zu favorisieren und ohne eine Aussage darüber zu treffen, welche der Möglichkeiten häufig, welcher weniger häufig im Wappenwesen vorkommt:

„Wie werden die Helme bei der Vereinigung mehrerer Wappen in einen Schild vereinigt?

  1. Entweder setzt man über den Gesamtschild die Helme der einzelnen Wappen mit ihren Kleinoden
  2. oder man bringt auf einem Helm die Kleinode zweier (schwer mehrerer) Wappen an
  3. oder endlich man wählt nur den Helm des Hauptwappens oder nur einiger der vorzüglichsten und läßt die der untergeordneten weg.“

Im 20. Jahrhundert taxiert Gert Oswald die drei Möglichkeiten mit den Ausdrücken „in der Regel“, „seltener“ und „vielfach“, fügt aber keine wissenschaftlich fundierten Argumente, Nachweise oder Zählungen bei, wie er zu seiner Einschätzung gelangte.

„(..)

  1. In der Regel erscheinen bei zusammengesetzen Wappen über dem Gesamtschild die Helme der Einzelschilde mit ihren Kleinoden.
  2. Seltener bringt man auf einem Helm die Kleinode zweier Wappen an.
  3. Vielfach erscheint der Helm des wichtigsten Wappens, die untergeordneten werden weggelassen.“
Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[2]

Mehrere Helme auf einem Wappen

alternative Beschreibung
Standard-Anordnung mit 3 Helmen, bei gelungener Platzoptimierung und frontal ausgerichteten Helmen (Wappen der Landgrafen von Hessen-Rheinfels, Philippsburg zu Braubach)[9]

Die Anordnung mehrerer Helme auf einem zusammengesetzten Wappenschild ist in der Frühzeit des Wappenwesens nicht gebräuchlich. Sie ist eine Erfindung späterer Jahrhunderte:

„Wappendarstellungen mit mehreren Helmen stammen vorwiegend aus der heraldischen Spätzeit, jener Epoche, in der der Hochadel mit vielen Einzelwappen im gemeinsamen Schild, Rang und Würde (und Besitz -- Anm. der Redaktion) nach außen dokumentiert.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[3]

„Mehrere Helme und Helmzieren sind seit dem 15. Jahrhundert in der deutschen Heraldik allgemein üblich, während in England selten zwei Helme vorkommen und Wappen mit mehr als zwei Helmen nur Ausnahmen sind. Sind jedoch in einem englischen Wappen zwei Helme vorzufinden, dann sind beide nach rechts gewendet.“

Milan Buben (1986)[10]

Nach dem Wappenkundler Maximilian Gritzner kann die Anordnung mit mehreren Helmen „nur auf dem Papier existieren“ beziehungsweise nicht als wirkliches Kampf-/Turnierschild mit echten Schutzwaffen:

„Stehen mehr als ein Helm auf einem Schilde, so muss der Schild auch so viele Wappen (nicht Felder) enthalten, als er Helme trägt. Solche Schilde mögen zwar als wirkliche wenig mehr gebraucht worden sein, allein auch, gesetzt es sei vorgekommen, so konnte der Edelmann doch niemals mehr als einen Helm tragen. Es können daher Wappen mit zwei und mehr Helmen nur auf dem Papier existieren (..)“

Maximilian Gritzner (1889/1890)[11]

Die Stellung mehrerer Helme auf einem Schild bei Wappenvereinigungen kann sich nach der Wichtigkeit und dem Rang richten. Der erste, wichtigste Helm (Haupthelm) kann der des Familienwappens, eines Amtswappens, einer Wappenbesserung oder bei einen Allianzwappen der des Mannes sein, „er kann aber auch, wie zum Beispiel bei mit zwei Helmen verliehen Wappen, ohne wesentliche Bedeutung sein“.[4] Zwei Helme verlieh man in der Spätzeit der Heraldik unter Umständen beispielsweise Freiherren und erblichen Rittern bei der Erhebung in den titulierten Adelsstand, drei dagegen Grafen.[9] Eine ähnliche Konvention gab es in Österreich:

„„(..) Dort bekam in der Kanzleiheraldik ein Angehöriger des untitulierten Adels und ein »Edler von« einen Helm, ein »Ritter von« zwei und ein »Freiherr« gar drei Helme zugebilligt. Diese Mode sollte als Zeichen ihrer Zeit gesehen werden (..)““

Bernhard Peter (2004/2009)[9]

„So sind seit der Zeit Kaiser Karls VI.W-Logo.png (1711-1740) bis zum Ende der Monarchie (1918) hunderte von erblichen Rittern kreiert worden, deren Wappen fast alle mit zwei Helmen versehen waren. In Dänemark haben die meisten Wappen von Baronen zwei Helme und die der Grafen drei. Aber auch vier oder fünf Helme kommen vor.“

Gewöhnlich kann man nur bedingt oder gar nicht aus der Anzahl der Helme auf den Adelstitel, Rang oder sozialen Status eines Wappenführenden schließen.

„Mehrere Helme über einem Wappenschild stehen demnach in direkter Beziehung zu den darin vereinigten Einzelwappen und dienen keinesfalls zur Unterscheidung des Adelsgrades.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[3]

Stellung und Zählung mehrerer Helme

Betreffs der Stellung und der Zählung mehrerer Helme auf einem Schilde wird zwischen einer geraden und einer ungeraden Anzahl unterschieden, wobei grundsätzlich die Regel gilt: Heraldisch rechts geht vor heraldisch links.[12]

  • Paarweise Stellung: „Bei gerader Anzahl werden alle Helme einander zugeneigt, wenn es geht. Die wichtigeren Helme stehen innen, die weniger wichtigen außen. Innerhalb einer Kategorie (innen oder außen) steht der wichtigere Helm heraldisch rechts, der weniger wichtige heraldisch links.“[3][9]
  • Drittstellung: Bei ungerader Anzahl steht der wichtigste, vornehme Helm in der Mitte und ist frontal dem Betrachter zugewandt. Die begleitenden, in der Rangfolge niederen Helme werden diesem seitlich zugeneigt, wenn es geht. „Dabei steht der wichtigere Helm heraldisch rechts, der weniger wichtige heraldisch links.“[3][9]

Die Zählung kann in „springender Reihenfolge“ (Neubecker)[1] erfolgen, das heißt, der wichtigste Helm wird zuerst genannt und entspricht bei ungerader Helmanzahl einer Mittel- bzw. bei gerader einer heraldisch rechten Position -- und dann „springt“ man durch fortwährendes Alternieren in der Zählung der Helme zwischen rechts und links hin und her, so daß sich folgende Reihenfolgen ergeben (der wichtigste und erste Helm ist bei der nachstenden Aufzählung rot hervorgehoben):

Zwei Helme
Icon 1 red.svg-❷
  • Bei zwei Helmen sollten die Visiere gegen einander gekehrt sein.
  • In einer Wappenbeschreibung und in der Rangfolge ist der erste und wichtige beziehungsweise vornehme Helm der heraldisch rechte, der zweite der heraldisch linke.
Muster-Stellung der Helme 01.png
drei Helme
❷-Icon 1 red.svg-❸
  • Bei drei Helmen sollte der mittlere das Visier vorwärts, die äußeren es einwärts gekehrt haben
  • In der Rangfolge ist der erste der mittlere, der zweite der heraldisch rechte, der dritte der heraldisch linke.
Muster-Stellung der Helme 02.png
vier Helme
❸-Icon 1 red.svg-❷-❹
  • Bei vier Helmen stehen paarweise zwei Helme heraldisch rechts mit dem Visier in die gleiche Richtung und gegeneinander gekehrt paarweise zwei Helme links ebenfalls mit den Visieren in die gleiche Richtung.
  • In der Rangfolge ist der innere des heraldisch rechten Paares der erste, der innere des linkes Paares der zweite, der äußere des rechten Paares der dritte, der äußere des linken Paares der vierte.
Muster-Stellung der Helme 03.png
fünf Helme
❹-❷-Icon 1 red.svg-❸-❺
  • Bei fünf Helmen sollte der mittlere das Visier vorwärts, die äußeren jeweils paarweise es einwärts gekehrt haben
  • In der Rangfolge ist der erste Helm der mittlere, der zweite der heraldisch rechts direkt daneben , der dritte der heraldisch linke direkt daneben, der vierte der rechte äußere und der fünfte der linke äußere.
Muster-Stellung der Helme 04.png
sechs Helme  ❺-❸-Icon 1 red.svg-❷-❹-❻ ... et cetera
sieben Helme ❻-❹-❷-Icon 1 red.svg-❸-❺-❼ ... et cetera

Schon Gritzner ist aufgefallen, dass in Wappenbeschreibungen und in der heraldischen Literatur, ja selbst im Siebmacher, oftmals die Helme nicht in der springenden Reihenfolge von Wichtigkeit und Bedeutung beziehungswesie im ineinandergeschachtelten System von innen nach außen aufgezählt werden, sondern der Reihe nach von heraldisch rechts nach heraldisch links, also zum Beispiel bei fünf Helmen so: Icon 1 red.svg-❷-❸-❹-❺. Auch bei diese Form der Zählung ist der Helm 1. der wichtigste und trägt die vornehmste Helmzier, der Helm 2. der zweitwichtigtste und so fort.

„Falsch ist es indess nicht, und hat sich besonders in neuerer Zeit fast überall eingebürgert, die Helme der Reihe nach von rechts nach links zu zählen, man muss dann, um Missverständnissen vorzubeugen, natürlich sagen: Helm 1. (rechts) und so fort.“

Maximilian Gritzner (1889/1890)[11]

Platzprobleme, Größenverhältnisse und Lösungen bei der Darstellung mehrerer Helme

1755: Extremform eines Wappens mit 15 Helmen („Hochfürstl.Brandenburg.Onolz- und Culmbachisches Wappen“, = Markgräflich Brandenburg-Ansbach und -Kulmbachisches Wappen)

Durch die kontinuierliche steigende Anzahl von Helmen auf nur einem Wappenschild ergeben sich über kurz oder lang Platzprobleme, da der Platz oben auf dem Schildrand begrenzt ist. Die richtigen Größenverhältnisse zum Schilde sind nicht mehr zu erhalten, je mehr Helme auf dem Schildrand erscheinen. Gewöhnlich werden die Helme proportional verkleinert, damit möglichst alle auf dem oberen Schildrande ihren Platz finden, was von Heraldikern wie Maximilian Gritzner bis heute eher kritisch kommentiert wurde:

„Betrachten wir nun die modernen Wappen bis vor etwa 20 Jahren, so wird sich in dieser Beziehung die grösste Inkonsequenz sogleich von selbst vor Augen stellen (..) man ist aber berechtigt anzunehmen, dass deshalb im Größenverhältnisse der Helme zum Schilde auch eine Modifikation in der Art eintreten dürfe, dass man jeden einzelnen Helm in der Grösse nach dem Verhältnisse richte, in dem er zu seinem betreffenden Wappenschilde oder Felde stehen würde. Deshalb ist es nur billig und ebenso auch praktisch, wenn auf Schilden mit zwei oder mehreren Wappen die Helme beziehungsweise kleiner gezeichnet werden, so dass sie möglichst alle auf dem oberen Schildrande ihren Platz finden.“

Maximilian Gritzner (1889/1890)[11]

„Weil dadurch die Helme und Helmzieren kleiner und schlechter erkennbar werden, ist die Situation graphisch unbefriedigend.“

Bernhard Peter (2004/2009)[9]

Um den fehlenden Platz bei einer größeren Anzahl von Helmen zu kompensieren und dennoch alle Helme darzustellen, ersannen Wappenkünstler und Wappenführende neben der Helm-Verkleinerung zahlreiche Lösungen, von denen Gritzner zwei angibt:

„Ist dies nicht möglich, so ist es gestattet, den Schildhaltern die äußersten über die Köpfe zu stülpen, oder sie beiderseits des Schildes, gewöhnlich am Fuss desselben zu plazieren.“

Maximilian Gritzner (1889/1890)[11]

Der Heraldiker Bernhard Peter, in diesem Beitrag öfters auszugsweise zitiert, untersucht in den Jahren 2004/2009 ausführlich auf seiner Webseite anhand vieler Beispiele weitere historische Lösungen des Platzproblems:

„„Man hat mit allen Möglichkeiten getrickst, um das Problem zu lösen. Die seitlichen Helme werden bis zum Geht-nicht-mehr an die Schildecke geschoben, der Schild wird oben verbreitert dargestellt etc. Manchmal wird der mittlere Helm in gewünschter und repräsentativer Größe dargestellt, während die beiden seitlichen Helme wesentlich kleiner dargestellt werden. Es kommt im Beispiel zu einer Art »Bedeutungsmaßstab« bei der Behandlung der drei Helme: Der mittlere, wichtigste, ist doppelt so hoch und nimmt viermal so viel Fläche ein wie die flankierenden Helme.““

Bernhard Peter (2004/2009)[9]
Schildhalter als Helmträger Verkleinerung von Helmen Verzicht auf unwichtige Helme,
Neukombination von Helmkleinod(en)
alternative Beschreibung
Schildhalter, denen die äußersten Helme mit deren Zier über die Köpfe gestülpt wurden (Bad Mergentheim, Deutschordensschloß)[9]
alternative Beschreibung
1593, graphisch unbefriedigend: Verkleinerung der äußeren Helme (Wappen Holstein-Schauenburg-Sternberg, Schloß Stadthagen)[9]
alternative Beschreibung
Eigentlich 9 Helme, hier: auf 5 reduziert, Kompensation durch Kombination mehrerer Kleinoden zu einem Mischkleinod (Wappen der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel)[9]
Platzierung von Helmen beiderseits
bzw. unten am Fuß des Schildes
In der Mitte: Stark in die Breite gedehnter (eigentlich unheraldischer) Schild
alternative Beschreibung
ca. 1630: Wappen der Sibylla Magdalena von Baden-Durlach (Idstein, Schloßportal)[9]
alternative Beschreibung
Wappen von Landgraf Friedrich II von Hessen-Homburg (Schloß Bad Homburg vor der Höhe)[9]

Die verschiedenen Lösungen des Platzproblems stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Es ist durchaus gewöhnlich, dass ein und dasselbe Wappen am gleichen Standort mal mit der einen Lösung, mal mit einer anderen präsentiert wird. Beispielsweise wird das Wappen des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg am Schloß Neuhaus bei Paderborn mal mit einer „kreativen und ungewöhnlichen Lösung“ (Bernhard Peter) gezeigt, wobei „die beiden äußeren (..) Helme auf goldenen, rot verzierten Säulen (ruhen), die neben den Schild gestellt sind, heraldische Hutständer sozusagen“;[9] ein anderes Mal sind dagegen drei Helme mit ihrer Helmzier auf dem Wappenschild zu bestaunen.

Äußere Helme auf Säulen Alle 3 Helme auf dem Schild
alternative Beschreibung
alternative Beschreibung
Wappen des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg, Schloß Neuhaus

Ein Helm mit den Kleinoden mehrerer Einzelwappen

Nicht nur die Darstellungen im Wappenschilde, sondern auch zwei, selten drei oder mehr Kleinoden führt man zuweilen bei Wappenvereinigungen auf einem Helm zusammen. Carl Mayer von Mayerfels führt unter anderem als Beispiel für Kleinodvereinigungen das Zusammenfügen des Stammwappens der Löffelholz von KolbergW-Logo.png mit dem Stammwappen der Judmann von Affecking sowie das Zusammenfügen des Stammwappens der Herren von ErbachW-Logo.png mit jenem der Herren von Breuberg an.

Stammwappen 1
+
Stammwappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
einen Helm mit den Kleinoden 2er Wappen
Löffelholz von Kolberg

+
Judmann von Affecking
=

Herren von Erbach
+
Herren von Breuberg
=

1616: Vereinigung dreier Helmzierden (Urach, Mümpelgard und Teck) auf dem Helm zum Würtembergischen Hauswappen (nach Carl Mayer von Mayerfels, 1857)

Keinen Zweifel läßt Mayer von Mayerfels daran, dass Kleinodvereinigungen von drei oder mehr Kleinodien auf einem Helm heraldisch und graphisch unbefriedigend sind:

„Noch weniger ratsam jedoch erscheinen Zusammenstellungen von drei Kleinodien auf einem Helme, wie denn zum Beispiel (Nummer) 4. auf Tafel XXIII., die Vereinigung der drei Helmzierden von Urach, Mümpelgard und Teck auf dem Helm zum Würtembergischen Hauswappen vom Jahre 1616 (..) -- ein ganz mißlungenes und unschönes heraldisches Machwerk bildet.“

Carl Mayer von Mayerfels (1857)[13]

Siehe auch

Weblinks

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Wappenvermehrung
Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Prinzipien der Wappenvermehrung am Beispiel von Amtswappen
Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Courtoisie und Wenden: Wann und wie?

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen - ihr Ursprung, Sinn und Wert. Battenberg Verlag im Weltbild Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89441-275-5, S. 230 ff. und 164–165 (© EMD-Service für Verleger. Luzern, Schweiz 1990. Deutsche Ausgabe: Genehmigte Lizenausgabe. Titel der amerikanischen Ausgabe: Heraldry. Sources, Symbols and Meaning.): „Wappenverschmelzung“; „springende Reihenfolge“
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 458, 459. ISBN 978-3-411-02149-9
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 300 ff. und 341 ff. (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
  4. 4,0 4,1 4,2 Carl Alexander von Volborth: Heraldik. Eine Einführung in die Welt der Wappen. 2. durchgesehen Auflage. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co. KG, Stuttgart, Zürich 1992, ISBN 3-7630-2092-6, S. 80 ff.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Unter Bezugnahme auf die übrigen Hilfswissenschaften. Zweiter Teil. Praktische Heraldik in VIII Kapiteln. München, Heraldisches Institut, 1863. S. 218 ff. (Google)
  6. Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 62 f.
  7. Johann Christoph Gatterer: Abriss der Heraldik oder Wappenkunde. Gabriel Nicolaus Raspe, Nürnberg 1774.
  8. Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 147
  9. 9,00 9,01 9,02 9,03 9,04 9,05 9,06 9,07 9,08 9,09 9,10 9,11 9,12 Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Gute heraldische Praxis: Mehrere Helme – Internet: www.welt-der-wappen.de. Erstellt: 2004/2009. Abgerufen: 23. November 2019
  10. Buben, Milan: Heraldik. Prag. 1986. Seite 53.
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 152 ff. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  12. Scheibelreiter, Georg: Heraldik. Oldenbourg Verlag. 2006. ISBN 3-70290-479-4. Seite 109.
  13. Mayerfels, Carl Mayer von: Heraldisches ABC-Buch. Das ist Wesen und Begriff der wissenschaftlichen Heraldik, ihre Gesetze, Literatur, Theorie und Praxis. Leipzig 1857. S. 158 ff.