Sanduhr (Heraldik)

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Sanduhr
 
Faktisch
(16. Jhr.; mit Behältnis; Historisches Museum Basel)
 
in der Heraldik
(nach Siebmacher, 1889)[1]
Sanduhr im Oberwappen
(Wappen des Todes im Wernigeroder Wappenbuch, etwa 1475–1500)

Die Sanduhr (auch Stundenglas genannt; lateinisch clepsammias; französisch sablier; englisch hour-glass oder hourglass) ist im Wappenwesen (Heraldik) eine Wappenfigur, die im Wappenschild als gemeine Figur oder im Oberwappen als Helmzier dargestellt wird.

Darstellung

Die Figur Sanduhr ist – heraldisch stilisiert – dem gleichnamigen, einfachen Zeitmessgerät (→ „gläserne Uhr“W-Logo.png) nachempfunden, das etwa ab dem 14. Jahrhundert gebräuchlich ist.[2] Der Ursprung der Sanduhr ist unklar. Nach der deutschsprachigen Wikipedia befindet sich die früheste Darstellung einer Sanduhr auf dem 1338 von Ambrogio Lorenzetti erschaffenen Fresko „Allegorie der Guten Regierung“ im Palazzo Pubblico (Siena).[3][4] Nach der englischsprachigen Wikipedia findet sich eine der ersten Darstellungen einer Sanduhr auf einem Sarkophag, der auf das Jahr 350 nach Christus datiert wird.[5][6]

Sanduhr = zwei mit der Spitze aufeinanderstehende Dreiecke (Riedern am Sand)

In der einfachsten Form erscheint eine Sanduhr in der Heraldik als zwei mit der Spitze aufeinanderstehende Dreiecke, womit die zwei einzelnen, am Hals verbundenen Sanduhrglaskolben angedeutet werden (zum Beispiel im Wappen von „Riedern am Sand“[7], wobei das Wappenbild in diesem Fall auf ein übernommenes Dorfzeichen anspielt und als redendes Wappen auf den Ortsnamen zu deuten ist). Eine Lochblende zwischen den Dreiecken (=„Glaskolben“), ein Holzgestell oder eine Halterung, in welche die Glaskolben montiert sind sowie allen Besonderheiten des Motivs sollten gemeldet werden, insbesondere wenn sie in einer anderen heraldische Farbe dargestellt werden, als der Rest der Figur. Sanduhren erscheinen in Wappen häufig in Gold oder mit silbernen Glaskolben und schwarzem Holzgestell, aber auch in allen anderen heraldischen Farben.

Sand in den Glaskolben sowie dessen Tinktur und Lage („fließend“, nur im „oberen“ oder nur „im unteren Glaskolben“) sind anzuzeigen (gewöhnlich erscheint die Figur in Wappen ohne Sand). Die Form der Glaskolben ist zu erläutern, wenn sie signifikant von der Normalform abweicht. Beispielsweise erscheinen einige Sanduhren in Wappen mit bauchig, birnen- bis kegelförmig oder mit ähnlich abgerundet bis kuglig gestalteten Glaskolben. Sanduhren mit geflügeltem Gehäuse, wie sie in der bildenden Kunst oft erscheinen (als Symbol für die entfliehende Zeit), sind zu melden (im Wappenwesen selten oder gar nicht gebräuchlich).

Sanduhr (Tafel XXVIII. Figur 74.): welches beispielsweise als Attribut des Todes („Freund Hein“) im Wappen der Schlesischen von Heyne, die den Sensenmann selbst in ganzer Figur auf dem Helm führen, vorkommt. Die Figuren im II. und III. Felde des Wappens der von Görtz-Wrisberg dürfen indess nicht als Sanduhren angesprochen werden (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Symbolik

Sanduhr als Symbol der Vergänglichkeit, Altstadt Zürich

Das Motiv Sanduhr symbolisiert außerhalb der Heraldik die Zeit, insbesondere die Lebenszeit und steht etwa ab dem 16. Jahrhundert manchmal in moralisierender Absicht für die Sterblichkeit beziehungsweise für die Vergänglichkeit des Lebens und der irdischen Güter. In der bildenden Kunst ist es, zusammen mit anderen Motiven, die für den Tod stehen, ein gebräuchliches Vanitas-SinnbildW-Logo.png (lat. „leerer Schein, Nichtigkeit, Eitelkeit“; auch „Lüge, Prahlerei, Misserfolg oder Vergeblichkeit“).

Sanduhr oder Stundenglas, nicht in erster Linie ein Symbol des Todes, sondern der Vergänglichkeit und des Verrinnens der Zeit, was naturgemäß auch ein »memento mori« (gedenke des Todes, bzw. der unaufhaltsam näherrückenden Todesstunde) mit einschließt. Das Stundenglas gehört in erster Linie zu den Attributen des Zeitgottes Chronos oder Aion. Da das Zeitmeßgerät immer wieder umgedreht werden muß, um funktionieren zu können, läßt es sich auch mit einem Weltbild zyklischer Zeitabläufe in Einklang bringen, also mit der »ewigen Wiederkehr« kosmischer Situationen. Als Aufforderung zur Tugend soll das Sanduhr-Symbol an die Mäßigkeit erinnern, damit die dem Menschen zugemessene Zeit nicht durch Ausschweifungen willkürlich abgekürzt werde. Die heiligen Asketen Ambrosius und Magdalena werden mit der Sanduhr dargestellt. Sie gehört in der »dunklen Kammer« des freimaurerischen Rituals (fr. »Chambre des reflexions«) zu jenen Symbolgegenständen, die der Aufzunehmende meditierend zu betrachten hat (..).“

Knaurs Lexikon der Symbole (1989/1994/1998)[8]

Schriftzeichen

Im UnicodeW-Logo.png ist für das SANDUHR-Symbol (englisch hourglass) der Code U+231B (⌛) festgelegt, wobei das Symbol seit Unicode 6.0 auch als EmojisW-Logo.png dient. Das Zeichen wird auch im Zeichensatz wingdingsW-Logo.png dargestellt und ist zum Beispiel durch den Code 0x36 darstellbar.

Wappenbilderordnung

Siehe auch

Weblinks

Commons: Sanduhr in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 134 und Tafel XXVIII, Fig. 74.
  2. Gerhard Dohrn-van Rossum: Die Geschichte der Stunde. Uhren und moderne Zeitordnungen. Anaconda, Köln 2007, ISBN 978-3-86647-139-9. S. 157.
  3. Seite „Sanduhr“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Oktober 2015, 11:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sanduhr&oldid=146992165 (Abgerufen: 15. Oktober 2015, 16:15 UTC)
  4. Chiara Frugoni: Pietro and Ambrogio Lorenzetti. Scala Books, New York NY 1988, ISBN 0-935748-80-6, S. 83.
  5. Hourglass. (2015, October 12). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 21:44, October 16, 2015, from https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Hourglass&oldid=685427965
  6. British Museum: A Description of the Collection of Ancient Terracottas in the British Museum ; with Engravings. K. Bulmer, 1810, S. 88– (google.com).
  7. Wappenbeschreibung: „In Rot eine goldene Sanduhr“
  8. Lexikon der Symbole: Sanduhr. Knaurs Lexikon der Symbole. 1989/1994/1998. S. 928. (vgl. LdS, S. 373).