Truthahn (Wappentier)
Der Truthahn (französisch coq d'Inde oder dindon; englisch turkey cock, kurz turkey oder ähnlich) ist in der neueren Heraldik ein seltenes Wappentier respektive eine gemeine Figur.
Geschichte
Truthühner erscheinen auf Wappen frühestens Ende des 15., Anfang 16. Jahrhunderts (also nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus beziehungsweise erst zwischen 1520 und 1540 oder später, als spanische Seefahrer Truthühner nach Europa brachten).
Überlieferte Wappenfiguren aus der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens bis zum genannten Zeitraum, die auf den ersten flüchtigen Blick wie „Truthühner“ wirken, sind definitiv nicht den aus Nord- und Mittelamerika stammenden Truthühnern (Meleagris) nachempfunden. Gewöhnlich werden sie Haushühnern (Gallus gallus domesticus) oder anderen hühnerartigen Vögeln (Galliformes) nachgebildet sein. Dass Perlhühner (Numididae) als Vorbilder für frühe truthuhnartig gestaltete Wappenfiguren gedient haben, ist zwar vorstellbar, doch sind der Redaktion dafür keine Belege/Beweise bekannt. Fehl- und Umdeutungen von Haushuhn- zu Truthuhnfiguren kommen dagegen nachweislich vor. Beispielsweise bestimmte der Heraldiker Maximilian Gritzner 1889 die Figur im Wappen der Hünerwadel als „Truthahn“:
„(..) Der Truthahn kommt vor im Wappen der Hünerwadel in Bern, dürfte indess Unicum sein (..)“
Die aus Schaffhausen stammenden Hünerwadel führten jedoch originär keinen „Truthahn“ im Wappen, sondern redend einen (gemeinen) schwarzen Hahn auf gestürzter roter Mondsichel in goldenem Felde. Erst ab Ende des 18. Jahrhunderts tritt in einigen Aufrissen an Stelle des Hahns zuweilen ein Truthahn.[2]
Auch andere Um-/Fehldeutungen kommen vor. Beispielsweise reisst man gelegentlich die originäre Straußfigur im Oberwappen des englischen Söldners und Abenteurers John Smith (1580-1631) als Truthahn auf.
Darstellung
Im neueren Wappenwesen erscheint eine Truthahn-/Truthuhnfigur im Normalfall als Idealbild des männlichen Wild-Truthuhns (meleagris gallopavo) mit aufgeplustertem Gefieder, angelegten Flügeln, deutlich hervorgehobenen Halssack sowie mit unbefiederten Hals und Kopf (balzende Darstellung). Als gemeine Figur ist ihre Darstellung im Wappen wenig abweichend vom realen Tier beziehungsweise vergleichsweise wenig heraldisch stilisiert. Besondere Darstellungen (auffliegend, auf einem Ast/Baum aufsitzend oder ähnliches) sollten gemeldet werden. Hauptblickrichtung ist heraldisch rechts. Die Figur wird bevorzugt in Schwarz oder Naturfarbe tingiert. Die Bewehrung, zu der Schnabel, Halssack und die Füße gerechnet werden, wird manchmal rot tingiert, der Kopf silbern.
(Wappen Grattepanche)
Besondere Truthuhnfiguren
Eine Truthenne, ein Pfauentruthuhn, ein Haustruthuhn/Pute oder ähnliches sollten expressis verbis in der Wappenbeschreibung gemeldet werden.
Wappenbilderordnung
- Der Truthahn wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Hausgeflügel unter der Nr. 4901 aufgenommen.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 90. Tafel 19. Figur 7. bis 12. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ Historisches Familienlexikon der Schweiz: Stammlinie Hünerwadel. Internet: www.hfls.ch. Abgerufen: 31. März 2021