Hahn (Wappentier)

Der Hahn (französisch coq; englisch cock oder rooster) steht in der Heraldik als Wappentier in der Reihe der gemeinen Figuren. Als gemeine Figur, Wappentier, Schildträger oder als Hahn-Körperteil wird der Hahn relativ häufig in Wappen gefunden.
Darstellung
Das Wappentier Hahn wird gewöhnlich stehend oder schreitend dargestellt. Es erscheint vergleichsweise wenig heraldisch stilisiert. Die Blickrichtung ist heraldisch rechts. Wenn ein Fuß beziehungsweise eine Kralle emporgehalten wird, wird dies als schreitend, streitend, streitfertig, kampfbereit oder ähnlich beschrieben. Der Schwanz der Hahnfigur hat wenige, deutlich übertriebene Federn. Falls der Kamm eine besonder Farbgebung (Tingierung) besitzt, die vom Rest der Wappenfigur abweicht, ist dies zu melden. Eine besondere Form ist eine Hahnfigur mit zwei ausgebreiteten Flügeln. Sie wird als flugbereiter/auffliegender Hahn oder ähnlich angezeigt. Falls die Bewehrung der Figur durch Andersfarbigkeit hervorgehoben ist, ist dies stets anzuzeigen.
„(Der Hahn) — unser Haushahn — wird stets dargestellt mit grossem Kamm, Lappen (unter dem Schnabel). Sporen und gespreiztem Schweif, theils stehend (Figur 11.), theils kämpfend (Figur 7. bis 9.) oder schreitend, das heißt den rechten Fuss ein wenig hebend. Zwei kämpfende Hähne (siehe Figur 9. ..)“
Rot bewehrter schwarzer Hahn, mit Feder unter dem rechten Fuß (Wappen Haan
)
Hahn unter Sparren (Wappen Thalmassing
)
Hahn auf Standfläche
Manchmal ist eine Hahnfigur mit einem Schildfuß, einem Dreiberg oder einer anderen Standfläche (Boden, Berg, Fels oder ähnlichem) kombiniert; zuweilen steht sie auch im Burgtor.
Aufgerichtet stehender goldbewehrter roter Hahn (Wappen Frankfurt, Oder
)
Redendes Wappen mit Hahn (Hellenhahn-Schellenberg
)
Goldbewehrter roter Hahn mit erhobenem rechten Fuß (Wappen Letschin
)
Hahn auf einem schwarzen Dornzweig (Dornhan
)
Hahn, etwas haltend
Gelegentlich halten Hahnfiguren in der (rechten, selten oder gar nicht in der linken) erhobenen Kralle einen Gegenstand, was in der Wappenbeschreibung angezeigt werden sollte.
Hahn, mit dem rechten Fuß einen Zweig haltend (Wappen Golzow
)
Hahn, einen Pinsel haltend (Hlebine
)
Hahn, eine Sichel haltend (Laitila
; vgl.: Laitilan vaakuna
)
Hahn, eine Axt haltend (Staatswappen Kenias)
Hahn, linksgewendet
Hahnfiguren erscheinen in Wappen zuweilen nach heraldisch links gekehrt („linksgerichtet“, „linksgewendet“, „links hin“) und mit dem Kopf zum linken Schildrand sehend.
Linkshin schreitender, rot-bewehrter, silberner Hahn (Horhausen
)
Linksgerichteter schreitender Hahn (redendes Wappen Hahnheim
)
Vorne: Linksgewendeter goldener Hahn (Wappen Gerach
)
Nach links gewendeter Hahn (Wappen Oława
, nach Siegel von 1334)
Hahnkopf
Hahnkopf und Hahnrumpf sind gebräuchliche Ausdrücke für Wappenfiguren. Gewöhnlich wird im Wappenwesen weder in der Darstellung noch in der Wappenbeschreibung zwischen einem Halstück (Hahnkopf mit langem Hals bzw. Hahnrumpf) und einem Kopfbild (nur Hahnkopf, ohne Halsansatz) differenziert. Gemeinhin werden Hahnköpfe/Hahnrümpfe „abgerissen“ dargestellt, „abgeschnittene“ sollten gemeldet werden. Wenn nicht besonders blasoniert, erscheint ein Hahnkopf im Wappen im Profil beziehungsweise zum heraldisch rechten Rand sehend; ein dem Betrachter zugewendeter Hahnkopf ist im Wappenwesen nicht gebräuchlich. Die genaue Darstellung erfolgt im Rahmen der Gesamtharmonie eines Wappens/Wappenaufrisses und obliegt letzlich der künstlerischen Freiheit.
„Zwei abgewendete Hahnrümpfe erscheinen (Tafel XIX. Figur 12.) im Wappen der von Hurling.“
(Madona
)
Roter Hahnenkopf mit blauem Schnabel (Herzhausen
)
Drei Hahnköpfe (Wappen Jesus College
, Cambridge)
Zweiköpfiger Hahn

Hahnfiguren erscheinen im Wappenwesen zuweilen auch „mit zwei Köpfen“ (auch doppelköpfiger Hahn, Doppelhahn oder ähnlich genannt; lateinisch gallus biceps; französisch coq à double tête):
„Und wie der Doppeladler, kommt auch (die Hahnfigur) als Doppelhahn (..) vor (..)“
Beispielsweise erscheint im Wappen von Versailles ein doppelköpfiger Hahn.
Gekrönter Hahn
Gelegentlich erscheint die Hahnfigur mit einer Krone anstelle des Hahnenkamms. Beispielsweise werden alle vier Hahnmotive im Wappen derer von Spee „mit Krone“ dargestellt (was man auch mit dem Ausdruck „gekrönt“ anzeigen kann). Eine gekrönter Hahn ist von eine Hahnfigur zu unterscheiden, bei der eine Krone über seinem Kopf schwebt und der Hahnenkamm vollständig zu sichtbar ist (vgl. „schwebende Krone“).
Behelmter Hahn
Erscheint eine Hahnfigur im Wappen mit einem über den Kopf gestülpten Helm, so kann man sie als „behelmter Hahn“ o. ä. beschreiben. Beispielsweise erscheint im Wappen Helmschmid in einigen Aufrissen ein Hahn, dessen Kopf mit einer Sturmhaube bedeckt ist. Die Darstellung einer Hahnfigur mit Helm kann eine Wappenminderung darstellen.
Koppe, Kopp

Ausnahmsweise findet sich in Wappenbeschreibungen oder in der heraldischen Literatur der Ausdruck Koppe (Kopp), wobei unklar ist, wie er zu deuten ist und wie entsprechendere Wappentiere aufzureissen sind. Nach dem Deutschen Wörterbuch bezeichnet der mehrdeutige Ausdruck Koppe/Kopp:[3]
- einen „verschnittenen Hahn“, das ist unter anderem ein im Alter von etwa zwölf Wochen kastrierter und gemästeter Hahn, der auch Kapaun
, Kapphahn, Masthahn, gekappter Hahn oder ähnlich genannt wird.
- einen „unverschnittenen Hahn“, das ist der Hahn selbst
- eine „Henne“ oder „das Huhn überhaupt“
Die Heraldiker Otto Titan von Hefner und Maximilian Gritzner machten darauf aufmerksam, dass eine „Koppe-/Hahnenfigur“ in den Wappen von Familien namens Köppele/Köppelle, Köppel, Koppe etc. möglicherweise redend für den Familiennamen steht. Beide scheinen den Ausdruck „Koppe“ nur in der Bedeutung Kapaun („verschnittener Hahn“) zu kennen. Gritzner geht davon aus, dass eine Kapaunfigur „ohne Sporen“ im Wappen erscheinen sollte („Koppe i. e. gekappter Hahn [Kapaun], erscheint ohne Sporen im Wappen der von Köppel und Köppelle in Bayern“)[1]; Hefner geht dagegen davon, dass eine Kapaunfigur „ohne Kamm“ aufgerissen wird („Köppele [..] jedoch der Hahn keinen Kamm hat [also eine Koppe]“)[4]. Hefner fällt auf, dass die Figur im Wappen derer von Köppelle in den Wappendiplomen von 1765 und 1839 beidesmal als „Hahn“ beschrieben wurde, kann sich aber keinen Reim darauf machen, warum er nur 1765 im Wappen als Hahn dargestellt wird, 1839 aber als „Hahn ohne Kamm“ (= Koppe). Folgt man dem Deutschen Wörterbuch, kann ein Wappenkünstler auf die Idee kommen, die Hahnfigur in den Wappen der Familien Köppele/Köppelle, Köppel, Koppe etc. in der einen oder anderen Art im Aufriss zu verstümmeln (z. B. als Kapaun), um den redenden Zusammenhang zwischen der Hahn-/Koppefigur und dem Familiennamen zu visualisieren. Grundsätzlich ist aber die Blasonierung verbindlich. Wenn dort „Hahn“ steht, sollte im Wappen auch kein Kapaun, keine Henne und kein wie auch immer verstümmelter Hahn aufgerissen sein, sondern eine vollständige Hahnfigur (mit Sporn, Kamm et cetera).
Besondere hahnartige Figuren
In der Heraldik kommen neben der Hahnfigur eine ganze Reihe von besonderen hühner-/hahnartigen Wappenfiguren zur Anwendung (mythologische Fabelwesen, Varianten, Abarten, Mischwesen, aber auch dinghafte Figuren wie ein Wetterhahn et cetera).
Hahnartige Varianten/Abarten (Auswahl) | ||
---|---|---|
Chimäre mit dem Kopf eines Mannes und dem Körper eines Hahns | ||
Drache oder Schlange mit Hahnenkopf | ||
Hahn mit Fischschweif | ||
Hahn mit Ziegenkopf | ||
Adler mit Hahnenkopf | ||
Fuchs mit Hahnenschwanz | ||
Windrichtungsanzeiger in Hahnform |
Siehe auch
Hühnervogelartige Figuren (Auswahl) | ||
---|---|---|
Weibliches Form des Huhns | ||
Männliche Form des Birkhuhns | ||
Männliche Form des Auerhahnes | ||
Männliche Form des Truthühner | ||
Die hühnerartigen Figuren sind nicht zu verwechseln mit der Fischfigur:
Symbolik
Glauben
„Im Volksglauben ist der Hahn das Symbol für Kampflust und Kampfbereitschaft, auch der Wachsamkeit und des Sonnenaufgangs. In der assyrischen Mythologie
war der Hahn Symbol des Feuergottes Nusku
und des Sonnengottes Schamasch
. In der griechischen Mythologie
war er der Pallas Athene, dem Ares, Hermes, Apollon, dem Äskulap, der Demeter und Persephone heilig. Die Römer
verehrten ihn als Symbol für die Hauswächter. In der nordischen Mythologie
wecken z. B. zwei Hähne die Helden in Odins und die Mächte in Hels Sälen. Anderswo verscheucht er den Spuk der Unholde. Auf altchristlichen Grabsteinen und Sarkophagen erscheint der Hahn als Verkünder des Tages. Durandus von St. Pourçain
erklärt ihn als Nachtverscheucher, Prediger und Erwecker vom Schlaf und lässt ihn auf Kirchen setzen. Weitere Beispiele aus dem Volksglauben: Wird ein kohlrabenschwarzer Hahn sieben Jahre alt, so legt er ein Ei, aus dem ein Drache entsteht. Der Patron der Hähne ist St. Gallus, manchmal auch St. Veit. Petrus mit Hahn ist der Schutzpatron
der Uhrmacher
.“[5]
Der gallische Hahn
„Der Hahn gilt unter anderem als Symbol von Frankreich. Der Ursprung ist nicht eindeutig, da kein Nachweis auf alten Münzen und Grabsteinen usw. zu finden ist. Man nimmt an, dass der Gallische Hahn aus der Doppelsinnigkeit des lateinischen Wortes gallus („Hahn“ und zugleich „Gallier“) entstanden ist, was bereits der antike römische Geschichtsschreiber Suetonius festhielt[6]. In der Französischen Revolution
1789 ersetzte der Hahn auf den Heeresfahnen die Insignien des bourbonischen
Königtums. Napoleon I.
ersetzte ihn durch den Adler, den aber die Regierung der Restaurationsperiode
wieder abschaffte (zwischen 1789 und 1804 symbolisierte der Hahn als französisches Wappentier die errungenen Freiheiten). Nach der Julirevolution
wurde der Hahn wieder in die Fahnen aufgenommen. 1852 wurde er abermals durch den Adler ersetzt. Heute wird der gallische Hahn als Wappentier für Wallonien
, französische Gemeinschaft Belgiens
und die Französische Fußballnationalmannschaft
benutzt. (Siehe auch Keltomanie
)
Seit April 2015 verwendet das Französische Olympische Komitee (CNOSF) eine stilisierte Version des Gallischen Hahnes im Logo.“[7][5]
Weblinks

Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 90. Tafel 19. Figur 7. bis 12. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 51 f.
- ↑
Lemma Kopp. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VII. Band, 1. Abteilung; Ergänzungsband, enthaltend die Nachträge und Ergänzungen zu den Staatswappen von Russland und Baden, ferner zu dem Adel von Bayern (Grafen und Freiherren), Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Mecklenburg und Tyrol; Verfasser: O. T. von Hefner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1859. S. 15. Tafel 6.
- ↑ 5,0 5,1 Seite „Hahn (Wappentier)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. März 2021, 11:44 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hahn_(Wappentier)&oldid=209507756 (Abgerufen: 1. April 2021, 00:06 UTC)
- ↑ Suetonius: The Twelve Caesars. Hrsg.: Graves, Robert. Penguin Classics, London 2007, S. 274.
- ↑ Un nouveau logo, pourquoi?. In: Maison du sport Français, 14. April 2015. Abgerufen am 22. Juni 2015.