Jäger (Heraldik)

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1629, Wappenbrief der Ritter von ScheuchenstuelW-Logo.png:
Hinten: „Golden auf grünem Hügeln vorn ein Jäger, Rock, Beinkleid und Hut grün, Pulverflasche rechts, Büchse schräg umgehängt, den Kolben oben, mit der Rechten das zum Blasen angesetzte goldene Horn, mit der gesenkten Linken an schwarzbraunem Leitseil einen rechtschreitenden, ledergehalsbandeten braunen Leithund haltend.“

Der Jäger (althochdeutsch jagâri; mittel­hoch­deutsch jegere, jeger; lateinisch venator, bersarius, bersator; auch Jägersmann, Jager, Weidmann, Waidmann, Waldmann, Grünrock, Förster, Hetzer, Hetzjäger oder ähnlich genannt; französisch chasseurs; englisch hunter) ist in der Heraldik eine gemeine Figur.

Geschichte

1352: Blasender Jäger (?) auf einem gezierten Pferd mit Windhund (Wappen von Friesack; nach Siebmacher, 1889)

Wann die Figur „Jäger“ erstmals in einem Wappen/Siegel dargestellt wird, ist unklar beziehungsweise nicht ausreichend erforscht. Nach dem Neuen Siebmacher erscheint beispielsweise im Jahre 1352 in einem Siegelabdruck des Arnd von Friesack ein hersprengender, blasender „Jäger“ auf einem gezierten Rosse, begleitet von einem Jagdhund.[1] Ob in diesem Fall tatsächlich ein „Jäger“ dargestellt wird oder ein Geharnischter (Ritter) beziehungsweise ein anderer Reiter, der von einem Hund begleitet wird, ist unklar. Tatsächlich unterschied man schon am Hofe Karls des Großen zahlreiche spezialisierte, mehr oder wenigier „niedere“ Jäger (Pirschjäger für das Hochwild, Hetzjäger und Führer der Hundemeute, Jäger auf Biber und anderes Kleinzeug, Falkner, Wolfsjäger et cetera) und es ist fraglich, ob und wann jemand erstmals auf die Idee kam, eine entsprechende Jäger-Wappenfigur in einem Wappen zu führen.

Darstellung

Die Wappenfigur Jäger erscheint gewöhnlich als „Mann in (grüner) Jägertracht/Jagdkleidung“ und mit spezifischen gestalterischen Jagdbeigaben oder Objekten, die bevorzugt bei der JagdW-Logo.png im Mittelalter zum Einsatz kamen, wodurch eine „Jägerfigur“ als solche unmittelbar erkennbar wird. Die Jägerfigur ist nicht einem bestimmten oder besonderen Jäger nachgebildet. Vielmehr lehnt sich die heraldisch-stilisierte Figur an das Idealbil eines mittelalterlichen Jägers an. Zu den gebräuchlichen Merkmalen einer heraldischen Jägerfigur zählen:

Jäger mit Jagdwaffe oder Jagdbeute

Teilweise „hält“ die Jägerfigur eine spezifische Jagdwaffe im Anschlag, schultert oder präsentiert diese beziehungsweise eine Jagdbeute dem Wappenbetrachter.

Jäger mit Jagdhund

Heraldische Jägerfiguren werden im Wappenwesen manchmal mit Jagdhundenfiguren dargestellt, in Anlehnung daran, dass bei einer wirklichen Jagd JagdhundeW-Logo.png im weitesten Sinn als „Gehilfen“ dienen.

Jäger mit Jagdhorn

Oft „bläst“ eine heraldische Jägerfigur in ein Jagdhorn oder hält dieses mit seiner rechten (selten mit seiner linken) Hand.

Jäger bei der Jagd

Wie eng die Wechselbeziehung zwischen dem Wappenwesen einerseits und der „ritterlichen“ Tätigkeit des Jägers (und im übertragenen Sinn auch von MinneversenW-Logo.png) andererseits ist, kann man deutlich am Beispiel des Codex Manesse (zwischen 1305 und 1340) demonstrieren. In der Handschrift erscheinen zahlreiche Miniaturen mit typischen, bis in die Antike zurückreichende Jagdszenen (SauhatzW-Logo.png, BärenjagdW-Logo.png, FuchsjagdW-Logo.png, HirschjagdW-Logo.png, BeizjagdW-Logo.png) -- stets verbunden mit der Darstellung eines Wappens und eines oder mehrerer „Jäger“.

An solche tradierten Jagdszenen der bildenden Kunst sind einige Wappen der neueren Heraldik angelehnt und werden -- heraldisch-stilisiert -- als Wappenbild geführt (beispielsweise erscheint im Wappen eine Jägerfigur beim Erstechen einer Bären-oder Eberfigur, beim Jagen einer Fuchsfigur oder ähnliches).

Cave: Werden Jagdszenen in einem Wappen gezeigt, erscheint die Jägerfigur oftmals nicht in der typischen grünen Jägertracht („Grünrock“), sondern in einer andersfarbigen Jagdkleidung oder einer mehr oder weniger alltäglichen Bekleidung/Uniform, welche auf die (ständische) Mode, eine jägerische oder militärische Funktion, eine Wappensage, eine bestimmten Person, Historie oder Region et cetera anspielen kann. Beispielsweise erscheint der Bärenjäger im Wappen von Orvin in der Schweiz, das seit 1697 überliefert ist, heute in einer ! roten (nicht ! grünen) Bekleidung. Alle Besonderheiten sollten stets gemeldet werden.

Jäger bei der Bärenjagd

 
1305-1340: Bärenjagd
(HawartW-Logo en.png)
 
1883: Jäger, der einen Bären ersticht (historisches Wappen Bystré/BistrauW-Logo.png, nach Siebmacher)

Die BärenjagdW-Logo.png, die zur hohen JagdW-Logo.png zählt, wird in mehreren Wappen dargestellt. Gewöhnlich erscheint in diesen Fällen eine Jägerfigur im Wappen, die „in der Natur“ (zwischen Bäumen, auf einem Dreiberg oder ähnliches) einen Bären mit einem Bärenspieß durchsticht. Beispielsweise erscheint im historischen Wappen von Bystré u PoličkyW-Logo.png (deutsch Bistrau) von 1883 nach Siebmacher „in Rot ein blau-gekleideter Jäger, der einen zwischen zwei Bäumen aufrecht sitzenden schwarzen Bären mit seinem Speere durchsticht“.[5]

Die Bärenjagd ist in vielen historischen Werken der bildenden Kunst dokumentiert. Vertretern einer reaktionären Wappenlehre gelten Wappen, die Bärenjägerfiguren aus einer Zeit vor oder nach der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens abbilden, gewöhnlich als unheraldisch.

Jäger bei der Wildschweinjagd

 
1305-1340: Wildschweinjagd (Heinrich Hetzbold von WeißenseeW-Logo.png)
 
Familiewappen Garmendia

Auch die Wildschweinjagd wird im Wappenwesen zuweilen in Szene gesetzt. So erscheint beispielsweise im Wappen von IzurzaCoat of Arms of Spain klein.png, Spanien ein Jäger, der einen Eber mit einer Saufeder verwundet hat, begleitet von zwei SauhundenW-Logo.png (Bracken), die den Eber jeweils auf einer Seite stellen.

Die Wildschweinjagd ist in vielen historischen Werken der bildenden Kunst dokumentiert. Vertretern einer reaktionären Wappenlehre gelten Wappen, die Wildschweinjägerfiguren aus einer Zeit vor oder nach der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens abbilden, gewöhnlich als unheraldisch.

Jäger bei der Fuchsjagd

 
1305-1340: Fuchs- und Hasenjagd (GeltarW-Logo.png)
 
1679: Knieender, grün gekleideter Jäger mit Büchse auf Fuchs zie­lend (Szuszin de Holló­mezö; nach Siebmacher 1898)

Eine Fuchsjagdszene im strengen Sinn, wie sie in einer Miniatur im Codex Manesse erscheint, ist als Wappenmotiv nicht gebräuchlich; prächtige Fuchsfiguren sind dagegen im Wappenwesen Legion. Gleichwohl wurden in der neueren Heraldik vereinzelt Wappen gestiftet oder verliehen, bei der ein Jäger beim Aufspüren, Verfolgen, Fangen oder Erlegen eines Fuchses gezeigt wird. Beispielsweise erscheint im Wappen Szuszin de Hollómezö in Blau auf grünem Boden ein grün gekleideter, knieender Jäger, der auf einem Fuchs zielt, der auf einem Berg herumschleicht (Adels- und Wappenbrief von Michael Apafi d. d. Gyulafejérvár, 4. November 1676, für Thomas Szuszin und seinen Bruder Georg und Sohn Nicolaus, kundgemacht im B. Szolnoker Comitat, den 20. April 1679).

Jäger bei der Hirschjagd

 
1305-1340: Hirschjagd
(Der von SuoneggeW-Logo.png)
 
1523: Rotgekleideter Jäger mit Büchse im Anschlage auf Hirsch (Ányos von Nagy-Szántó; nach Siebmacher, 1893)

Eine Hirschjagdszene im strengen Sinn, wie sie in einer Miniatur im Codex Manesse erscheint, ist als Wappenmotiv nicht gebräuchlich; prächtige Hirschfiguren sind dagegen im Wappenwesen Legion. Gleichwohl wurden in der neueren Heraldik vereinzelt Wappen gestiftet oder verliehen, bei der ein Jäger beim Aufspüren, Verfolgen, Fangen oder Erlegen von GeweiträgernW-Logo.png oder RehwildW-Logo.png gezeigt wird. Beispielsweise erscheint im Wappen Ányos von Nagy-Szántó: „in Grün auf grünem Boden ein rotgekleideter Jäger, hinter grün belaubtem Baume, im Anschlage auf einen aufspringenden Hirschen stehend.“

Jäger bei der Beizjagd

 
1305-1340: Beizjagd
(KonradinW-Logo.png)
 
Auf Siegeln Anfang des 14. Jhr. nachweisbar: Reiter, auf der linken Hand einen Falken tragend (BüderichW-Logo.png)

Wird in einem Wappen auf die Beizjagd angespielt, erscheint gewöhnlich kein „Jäger im Grünrock“, sondern eher ein „Falkner“ oder eine andere menschliche Wappenfigur (König, Reiter et cetera), die einen Greifvogel oder Falken auf der Hand sitzend zur Schau stellt. Eine Jagdszene im strengen Sinn, wie sie in einigen Miniaturen im Codex Manesse dargestellt wird, bei der sich beispielsweise ein Greifvogel und seine Beute im Flug befinden und ein Falkner von der Erde aus zuschaut, ist im Wappenwesen nicht gebräuchlich.

Heilige „Jäger“

Auch der frühchristliche Märtyrer EustachiusW-Logo.png (griechisch Ευστάθιος Efstathios, latinisiert Eustathius, „der Standfeste“), der vor seiner Bekehrung Placidus genannt wurde, der ursprüngliche Schutzheilige der Jäger fand als Jägerfigur Eingang in die neuere Heraldik und wird beispielsweise im Wappen von AtzendorfW-Logo.png reitend, ein Jagdhorn blasend und mit Nimbus und Jägerwams dargestellt.

Einer der vierzehn Nothelfer und ebenfalls ein Schutzpatron der Jäger, der heilige Hubertus von LüttichW-Logo.png, der eigentlich kein Jäger war,[6], wird im Wappenwesen gewöhnlich nicht in einer Jagdszene präsentiert, sondern beispielweise bei der Bekehrung (vgl. die HirschlegendeW-Logo.png).

Jäger als Nebenfigur

Die Jägerfigur ist teilweise als Nebenfigur in einem Wappen präsent. Beispielsweise erscheint im Wappen von AngermündeW-Logo.png als Hauptfigur eine Burg mit drei Türmen, aus dessen Mittelturm ein grün gekleideter Jäger als Nebenfigur wächst, der ein goldenes Hifthorn bläst.

Jägerin

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Artemis/Diana

Eine spezielle Figur „Jägerin“ (weiblich) ist im Wappenwesen nicht gebräuchlich; in der neueren Heraldik erscheinen jedoch die „Göttinnen der Jagd“, Diana und Artemis) als allgorische Wappenmotive (teils unter dem Eigennamen, teils unter Beschreibungen wie „Göttin der Jagd“, „Jagdgöttin“, „Waldgöttin“, „Frau mit Bogen und Köcher“ oder ähnlichem).

Förster

1794: Forstmeister mit Hirsch und Tannen (Gotthelf Christian Keilholz, nach Siebmacher, 1920)

Grundsätzlich erscheint eine Försterfigur ähnlich wie einer Jägerfigur und ist von dieser schwer oder gar nicht zu unterscheiden. Allerdings können Försterfiguren weniger martialisch beziehungsweise ohne Betonung der Erlegung von Wild im Wappenwesen dargestellt sein. Beispielsweise erscheint im Wappen von Gotthelf Christian Keilholz die Figur eines Forstmeisters (nach Siebmacher eines „Jägers“), daneben zwei Tannen und davor ein nach rechts schreitender Hirsch mit gesenkten Kopf (nach einem Siegel von 1794), ohne dass der Hirsch „erstochen“ oder „verwundet“ wäre.

Abgrenzung

Ein Jägerfigur ist von vergleichbaren menschlichen Wappenfiguren oder ähnlichen Wappenmotiven abzugrenzen. Beispielsweise erscheint im Wappen von Dolní LánovW-Logo.png (deutsch Nieder Langenau) nicht etwa ein „Jäger mit Bär“, sondern ein „Schmied mit Bär“. In den Wappen von BaiersdorfW-Logo.png und WachstedtW-Logo.png erscheint nicht etwa ein „grün gekleideter Jägersmann mit Jagdhorn“, sondern ein „Geleitsmann mit Signalhorn“ beziehungsweise ein „Wächter mit Signalhorn“.

Paraheraldik

1898, im Oberwappen: Jäger mit Armbrust (Jägereiwappen, nach Siebmacher)

Jägerfiguren finden sich besonders im Kontext mit dem Weidwerk (JagdW-Logo.png) und der Forstwirtschaft auch in Berufswappen, Logos oder paraheraldischen Zeichen. Beispielsweise zeigt ein von Jacobsen entworfenes Jägerwappen als Helmkleinod zwischen zwei Damhirschschaufeln einen wachsenden Jäger, mit einer Armbrust zielend, auf dem Rücken einen Köcher mit Geschossen tragend.

Webseiten

Commons: Jäger in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VI. Band, 5. Abteilung; Der abgestorbene Adel der Provinz und Mark Brandenburg; Verfasser: G.A. von Mülverstedt, Ad. M. Hildebrandt; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1880. S. 28. Tafel 16.
  2. Gföhl (1493 Markrecht und Wappenverleihung durch Kaiser Friedrich III., Siegel von 1644): „Gelber Schild, dessen Grund ein grünes Gebirge bildet. Im Vordergrund schreitet ein Jäger in grauer Kleidung, an einer braunen Leine führt er einen weißen Hund. Hinter dem Weidmann erhebt sich ein grüner Baum.“ – Blasonierung zitiert nach: Geschichte der Stadt. Ein kurzer Überblick über die Geschichte von Gföhl. In: www.gfoehl.at. Abgerufen am 15. Juli 2022.
  3. Valbert: Geteilt in Gold (Gelb) und Silber (Weiß); oben ein wachsender grüngekleideter bärtiger Jäger mit grünen Hut und Bürstel, in der rechten ein silbernes (weißes) Jagdhorn; unten über einem schwarzen durchgehenden Kreuz im Schildfuß ein dreireihig achtmal von Rot und Silber (Weiß) geschachter Balken.
  4. Wildflecken: Über silbernem Schildfuß, darin zwei schräg gekreuzte rote Streitkolben, ein wachsender, silbern gekleideter Jäger, der in der Rechten ein goldenes Hifthorn, in der Linken ein silbernes Rodungsbeil mit goldenem Griff hält.
  5. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, I. Band, 4. Abteilung, I. Teil; Städtewappen: Wappen der Städte und Märkte in Deutschland und den angränzenden Ländern; Verfasser: O.T. von Hefner, N. Gautsch, I. Clericus; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1883. S. 36. Tafel 70.
  6. Walter Zwyssig (Red.): St. Eustachius und St. Hubertus Schutzpatrone der Jagd. In: hubertus-orden.org, abgerufen am 5. Juli 2011.
  7. Wappen Atzendorf: „In Silber auf grünem Schildfuß der heilige Eustachius linksgewendet im grünen Jägerwams, auf steigendem schwarzen Pferd mit goldenem Zaumzeug und Satteldecke, davor ein hersehender roter Hirsch.“
  8. Angermünde: „In Silber über vier blauen Wellen eine rote Burg mit drei bezinnten Türmen; aus dem größeren Mittelturm wächst ein ein goldenes Hifthorn blasender grün gekleideter Jäger, das offene Tor ist mit einem goldenen Hirschkopf belegt; auf dem rechten Seitenturm ein blauer Spangenhelm mit drei grünen Pfauenfedern, auf dem linken Seitenturm ein roter Adler.“(Wappenangaben auf dem Dienstleistungsportal der Landesverwaltung des Landes Brandenburg)