Minerva (Heraldik)

Aus Heraldik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Time to stop 40px.png
In der Frühzeit des Wappenwesens ist eine Wappenfigur, die eigens zur Darstellung der mythologischen Göttin Menrva/Minerva/Athene verwendet wird, nicht gebräuchlich.
Schreitender Typus: Linksgewendete Athene
(neuere Darstellung; fiktives Wappen AthensW-Logo.png; nach Vorlagen aus den 1950er Jahren)

Die mythologischen Göttinnen der Weisheit, der Künste, des Schiffsbaus, der Kriegsführung, des Handwerks und des Gewerbes, die Beschützerinnen der Dichter und Lehrer, Hüterinnen des Wissens

römisch
Minerva MAN Napoli Inv6319.jpg
MinervaW-Logo.png
(griechisch Ἀθηνᾶ, ᾶς; französisch Minerva; englisch Minerva; Namensherkunft unklar; in der Literatur finden sich dazu einige widersprüchliche Theorien; teilweise wird der römische Name aus dem Etruskischen abgeleitet, teils der etruskische aus dem Römischen)
etruskisch
Statuetta di menvra, IV sec ac.JPG
MenrvaW-Logo.png
(auch Menerva)
griechisch
NAMA Athéna Varvakeion.jpg
AtheneW-Logo.png
(auch Athena oder mit Ehrentitel Pallas Athene; altgriechisch mit dialektalen Varianten, darunter das attischeW-Logo.png Ἀθηνᾶ (Athēnã) oder Ἀθηναία (Athēnaía), das ionischeW-Logo.png Ἀθήνη (Athḗnē), dorischW-Logo.png Ἀθάνα (Athānā) sowie das Ἀθηναίη (Athēnaíē) der epischen Dichtersprache; neugriechisch Αθηνά (Athiná); französisch Athéna oder Athéné; englisch Athena oder Athene)
keltisch
BrigitteCelt.jpg
BrigantiaW-Logo.png
(seltener auch Brigindo, Bricta oder Brixia; lateinische Angleichung eines altkeltischen Namens [*Brigantī], was eigentlich „die Erhabene“ bedeutet)[1]

sind im Wappenwesen seltene gemeine Figuren, die in der heraldischen Darstellung und in der Wappenbeschreibung (Blason) teilweise gleichgesetzt beziehungsweise gewöhnlich nicht voneinander unterschieden werden. Sie erscheinen als (allegorische) Wappenmotive einerseits unter dem Eigennamen der Göttinnen andererseits unter Beschreibungen wie „Göttin der Weisheit“, „Göttin der Kriegskunst“, „Göttin des Handwerks“, „Kampfjungfrau“, „Frau mit Medusenschild“ oder ähnlichem.

Darstellung

Frontale Minerva im Wappen von MinerbioW-Logo.png

Die Gestaltung der Wappenfigur Minerva/Athene sollte sich -- heraldisch stilisiert -- zwanglos an die überlieferten fiktiven Darstellungen (bevorzugt aus der Zeit der Gotik) der gleichnamigen mythologischen Göttinnen anlehnen. Gewöhnlich erscheint das Wappenmotiv als idealisierte Kriegerin/Kämpferin, mit den typischen ikonographischen Attributen der Göttinnen: einem korinthischen HelmW-Logo.png mit hohem Kamm auf dem Kopf, einem Rundschild/Ovalschild („Medusenschild“) in der Linken, einen Speer in der Rechten. Die Wappenfigur ist gewöhnlich mit einem in Falten gelegten Gewand (dem ChitonW-Logo.png) und der großen, den ganzen Oberkörper bedeckende AigisW-Logo.png bekleidet.

Umgestaltung

Werden andere Merkmale in einem Wappen dargestellt, die mit der Göttin Minerva/Athene in Zusammenhang stehen (Olivenbaum, Eule, Spindel, Webstuhl), so sind diese unter ihrem Eigennamen zu melden (beispielsweise wenn der Schild wegfällt und die Figur eine Eule oder eine Schale in der Linken trägt). Besonderheiten in der heraldischen Darstellung (andere Helmform, von der Normalform abweichende Bekleidung etc.) sollten angezeigt werden. Erscheint die Minerva-/Athene-Figur im Wappen beispielsweise nicht mit einem korinthischen, sondern mit einem attischen HelmW-Logo.png oder trägt die Figur statt dem Chiton eine volle (goldene) Rüstung, einen Brust-/Schuppenpanzer oder ähnliches, sollte dies stets angezeigt werden.

Typus

Gewöhnlich füllt die Minerva-/Athenefigur den Schild komplett aus oder „wächst“ aus dem unteren Schildrand, einer Teilung et cetera hervor. Um Verwechslungen zu vermeiden, kann die Wappenbeschreibung anführen, an welche Grundform sich die gemeine Minerva-/Athenefigur anlehnt. Im Wappenwesen sind folgende Typen konsistent und signifikant voneinander zu unterscheiden:

  1. Der „waffenschwingende Typus“ (Palladien-Typus): Das ist die heraldische Normalform. Es gibt zwei waffenschwingende Untertypen, die voneinander abzugrenzen sind:
    • „schreitend“: In diesem Fall erscheint die Figur nach heraldisch rechts oder links gewendet, mit ausschreitenden Beinen, den Speer gehoben und zum Angriff gezückt, die Linke mit dem Rundschild zur Abwehr vorgestreckt.
    • „stehend“: In diesem Fall erscheint die Figur frontal, mit geschlossenen oder wenig geöffneten Beinen; der Speer in der Rechten ist nicht zum Angriff gezückt, sondern wird annährend senkrecht gehalten; der Rundschild wird nicht zur Abwehr vorgestreckt, sondern „ruht“ zu Füßen der Figur oder wird entspannt von der Linken präsentiert.
  2. Der „thronende Typus“ (Athene-Polias-Typus): Im Wappenwesen selten; in diesem Fall erscheint die Figur auf einem Thron „sitzend“, was stets zu melden ist.

Niemals sollte die Minerva-/Athenefigur im Wappenwesen als Reiter („ein Pferd reitend“) dargestellt sein; sie kann aber als Wagenführerin eines Kampfwagens erscheinen, der beispielsweise von Flügelpferden, Einhörnern oder ähnlichem gezogen wird.

Kopf/Haupt der Minerva-/Athene

Der Kopf der Minerva-/Athene ist in der Heraldik eine eigenständige gemeine Figur (Minervahaupt, Athenahaupt, Haupt der Minerva/Athene). Sie ist stets mit dem typischen Minerva-/Athenehelm aufzureissen und erscheint in der Normalform nach heraldisch rechts gewendet.

Minerva/Athena als Schildträger

Die Figur Minerva/Athene ist in der Heraldik spätestens seit dem 17. Jahrhundert als Schildhalter gebräuchlich.

Minerva/Athena als Helmzier

Minerva-/Athenefiguren erscheinen zuweilen auch in der Helmzier (beispielsweise im Wappen derer von MuraltW-Logo.png).

„die Minerva (Tafel XXXI. Figur 54.): in Brustpanzer, mit ihren Schild mit Medusenhaupt, Speer und Helm, worauf eine Eule, letztere auch zu ihren Füssen als Helmkleinod der von Muralt (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[2]

Paraheraldik

Vor allem der Minerva-/Athenekopf ist in der Paraheraldik ein gebräuchliche Motiv, das zum Beispiel bei der Gestaltung von Logos, Schulemblemen, Militär- und Sportvereinsabzeichen et cetera genutzt wird.

Minerva Motors

Im Markenzeichen des belgischen Herstellers von Luxusautos, Minerva MotorsW-Logo.png, erschien zwischen 1902 und 1938 eine Minervahaupt.

Wappen und Embleme der spanischen Streitkräfte

Die Spanischen StreitkräfteW-Logo.png (spanisch Fuerzas Armadas Españolas) haben eine Reihe von Schilden und anderen Emblemen mit Minerva/Athene als Wappenmotiv. Die Abzeichen erleichtern die Identifikation von Einheiten und Spezialkräften, die im Heer (Ejército de TierraW-Logo.png), in der Marine (Armada EspañolaW-Logo.png mit der Marineinfanterie Infantería de MarinaW-Logo.png), in der Luftwaffe (Ejército del AireW-Logo.png) sowie in der paramilitärischen Guardia CivilW-Logo.png, der 2005 gegründeten Unidad Militar de EmergenciasW-Logo.png (UME, Militärische Nothilfeeinheit), in der Königlichen Garde (Guardia RealW-Logo.png) oder in der Spanischen LegionW-Logo.png die Landesverteidigung und die territoriale Integritäte Spaniens gewährleisten.

Wappenbilderordnung

Beim Verfassen des Beitrags ist nicht bekannt, ob die Figur Minerva/Athene in die aktuelle Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) aufgenommen wurde. In der Wappenbilderordnung (1990-1996) wird sie nicht erwähnt.[3]

Symbolik

Minervafiguren können ein redender Hinweis auf den Namen eines Wappenführenden sein (so verweist beispielsweise die Minervafigur in den Wappen der italienischen Kommunen Minervino di LecceW-Logo.png, Minervino MurgeW-Logo.png und MinerbioW-Logo.png auf die Namen der Gemeinden).

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Minverva in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. David Stifter, 12. Oktober 2007, Keltisch in Österreich (Vortragstext in PDF-Form; 127 kB). S. 6. Abgerufen am 1. September 2008.
  2. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 149. Tafel 31. Figur 54. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  3. Vgl. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).