Thor (Heraldik)

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In der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens ist eine Wappenfigur, die eigens zur Darstellung des mythologischen Donnergottes Thor/Donar verwendet wird, nicht gebräuchlich.
1844: Thor (?) im Wappen von Bertel ThorvaldsenW-Logo.png
(Das Wappen wurde durch H. W. Bissen nach Thorvaldsens Skizzen posthum vervollständigt.)
1933/34, in der Helmzier: „Donnergott“, vermutlich Thor (Familienwappen Grommelt, nach DWR bzw. Ottfried Neubecker)

Thor (auch Thur, Asat[h]or oder ähnlich; in der kontinentalgermanischen MythologieW-Logo.png Donar; „der Donnerer“, ursprünglich als Gattungsname „der DonnerW-Logo.png“; altsächsisch Thunaer; altenglischW-Logo.png þunor; althochdeutsch Donar; altnordischW-Logo.png Þórr von urnordischW-Logo.png þunraʀ ‚donnern‘; daraus erschlossen der gemeingermanische Gottesname *Þunaraz; französisch thor oder tor; englisch thor)[1][2][3] ist in der neueren Heraldik eine seltene gemeine Figur.

Sie erscheint als Wappenmotiv einerseits unter dem Eigennamen des Gottes andererseits unter Beschreibungen wie „Mann mit Hammer/Mjölnir, „Donnergott“, „Hammerschwinger“ oder ähnlichem erst seit der Verfallszeit der Heraldik.

Darstellung

Eine Wappenfigur Thor sollte sich -- heraldisch stilisiert -- zwanglos an die überlieferten fiktiven Darstellungen des mythologischen Gottes aus der Zeit der Gotik anlehnen und einen HünenW-Logo.png mit (rotem) Vollbart und (ebensolchen) langen, wallenden Haaren und seinen ikonographischen Attributen, dem Kraftgürtel (MegingiardW-Logo.png), den Eisenhandschuhen (JarngreiprW-Logo.png) und vor allem mit dem sagenhaften Hammer Mjölnir zeigen. Zu melden ist, ob die Thorfigur einen „kurzen Hammer“ (mit kurzem Stiel) oder einen „(großen) Hammer bei Fuss“ (mit langem Stiel, bis zum Boden reichend) hält, ob sie ihn „schultert“, das heißt in diesem Fall, hochgehoben an die Achsel lehnt, oder quer „über der Schulter“ trägt. Wird kein Hammer als Kennzeichen der Thorfigur im Wappen dargestellt, sondern eine Bewaffnung anderer Art (Axt/Doppelaxt, Eisenstange, Barte Keule, Morgenstern oder etwas Vergleichbares), so ist dies zu melden.

Wenn Haar und Bart von anderer Farbe als Rot sind (grau, silber, schwarz, blond, braun), sollte dies angezeigt werden. In der Normalform erscheint die Thorfigur barhäuptig; eine Kopfbedeckung und ihre Art sind genauso zu melden wie die Art der Kleidung. Anzuzeigen ist ferner, ob die Figur Armspangen (am Oberarm), Armbänder (um die Handgelenke respektive) oder Fussspangen (um die Knöchelgelenke) trägt. Gewöhnlich erscheint die Thorfigur „stehend“, (auf einem Thron) „sitzend“ oder in einer anderen, aus der Zeit Gotik überlieferten Haltung. Niemals sollte sie im Wappenwesen als Reiter („ein Pferd reitend“) dargestellt sein; sie kann aber als Öku-ThorW-Logo.png („Fahr-/Wagenthor“) beziehungsweise als Wagenführer eines Kampfwagens („Donnerwagen“) erscheinen, der von Thors Ziegenböcken gezogen wird (Tanngnjostr und TanngrisnirW-Logo.png).

Da die Thorfigur selten ist, gibt es darüber hinaus keine expliziten heraldischen Vorgaben für sie, außer jene, die für menschenartige Wappenfiguren allgemein gelten (beispielsweise ist sie, wenn Nichts anderes angezeigt wird, im Wappenschild im Profil nach heraldisch rechts gewendet darzustellen, die Handrücken sind in die Hüfte zu stemmen, wenn die Hände nichts halten et cetera).

Thor als Schildhalter

Die Figur Thor erscheint in der Heraldik auch als Schildhalter.

Thordarstellungen im Wechsel des Zeitgeschmacks

In der Praxis folgt man den heraldischen Empfehlungen nicht immer: Ab und an erscheint eine Thorfigur in einem Wappenaufriss in einem vor- oder nachgotischem Stil, in der Gestaltung beeinflußt von einem Genius Loci oder dem jeweiligen Zeitgeschmack bei der Wappenstiftung/-führung. In diesem Zusammenhang ist an den 10. Gestaltungsgrundsatz der Berliner Erklärung des Herold zu erinnern:

„10. Die Wappendarstellung folgt der Wappenbeschreibung (manière de blason) und ist grundsätzlich nicht an den zur Entstehungszeit gültigen Stil gebunden, auch nicht an die in der Spätgotik bzw. Frührenaissance vorherrschenden Formen. Unter- und Oberwappen müssen zeitlich und stilistisch zueinander passen; sie sollten eine künstlerische Einheit bilden.“

Handbuch der Heraldik (2017)[4]

Wappenbilderordnung

Beim Verfassen des Beitrags ist nicht bekannt, ob die Figur Thor in die aktuelle Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) aufgenommen wurde. In der Wappenbilderordnung (1990-1996) ist sie nicht gelistet.[5]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Thor in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Harry Eilenstein: Der Donnergott Thor. Die Götter der Germanen. Band 17. 2011/2017. ISBN 374312551X

Einzelnachweise

  1. Jan de Vries: Altnordisches Etymologisches Wörterbuch. S. 618.
  2. Vladimir Orel: A Handbook of Germanic Etymology, Brill, Leiden / Boston 2003, S. 429.
  3. Karl Helm: Altgermanische Religionsgeschichte, Band 1, S. 274–277 einschließlich Fußnoten.
  4. Herold, Verein für Heraldik (Hrsg.): Wappen. Handbuch der Heraldik. Als „Wappenfibel“ begründet von Adolf Matthias Hildebrandt, zuletzt weitergeführt von Jürgen Arndt, bearbeitet von Ludwig Biewer und Eckart Henning. Aktualisierte und neugestaltete Auflage. 20. Auflage. Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln, Weimar, Wien 2017, ISBN 978-3-412-50372-7, S. 159 (deutsch: Wappenfibel.).
  5. Vgl. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).