Keil (Heraldik)
Keil ist in der Heraldik ein uneinheitlich verwendeter Ausdruck und Oberbegriff für unterschiedliche Wappenfiguren. Hauptsächlich ist der Ausdruck gebräuchlich im Zusammenhang
- mit einer gemeinen Figur (in Anlehnung an das gleichnamige Werkzeug)
- mit mehreren Heroldsbildern, die „keilförmig“ erscheinen.
Keil als gemeine Figur
Gewöhnlich ist die gemeinen Figur Keil (frz.: coin; engl. wedge oder stone-bill) dem gleichnamigen Werkzeug („Keil“, Spalt-/Treibkeil) nachempfunden, die zur Kraftübertragung verwendet werden (zum Beispiel beim Steinbrechen, beim Fällen von Bäumen, aber auch beim Verkeilen von Objekten oder bei ähnlichen Verfahren).
Das Wappenmotiv erscheint als schwebende, sehr schmal zulaufende, dreieckige Keilfigur, bei der zwei Seitenflächen unter einem spitzen Winkel zusammenlaufen. Sie gleicht in etwa einem „goldenes Dreieck erster Art“, wobei die Figur nicht exakt nach geometrisch-mathematischen Formeln gestaltet sein muß, sondern je nach den heraldisch-ästhetischen Erfordernissen des konkreten Wappbenildes aufgerissen werden kann. Die Figur wird manchmal facettiert dargestellt, was gemeldet werden sollte. Die gemeine Figur Keil zeigt normalerweise mit ihrer Spitze in Richtung unterer Schildrand. Andere Stellungen sollte man melden („gestürzt“, „mit der Spitze in rechte Obereck“ et cetera, je nach Stellung der Figur). Erscheinen mehrere gemeine Keile zusammen im Schild/Feld, sollte ihre Stellung zueinander beschrieben werden (zum Beispiel: „drei Keile 2:1“, „drei fächerartig gestellte Keile“ oder ähnliches).
Abgrenzung (gemeiner Keil versus andere Figuren)
Die gemeine Figur Keil ist teilweise nur sehr schwer oder gar nicht von ähnlichen Wappenfiguren abzugrenzen. Insbesondere bei historischen Wappen ist nicht immer zweifelsfrei geklärt, ob eine dargestellte keilförmige gemeine Figur tatsächlich einen „Keil“ zeigt -- oder zum Beispiel einen Spickel („Dreieck“), einen Nagel, einen Meißel respektive ein ganz anderes Motiv. Zuweilen helfen weder Wappenbeschreibungen noch andere Quellen bei der Identifizierung, weil je nach Dokument mal die eine, mal eine andere Figur beschrieben wird.
Keil als Heroldsbild
Der Ausdruck Keil (frz.: pile; engl.: pile) steht in Heraldik nicht nur für eine gemeine Figur, sondern ist ..
- im weitesten Sinn ein Oberbegriff für mehrere Heroldsbilder, die spezielle Formen der Spitze sind.
- im engeren Sinn ist eine schmale, spitzwinklige gestürzte (sic!) Spitze, wenn die Basis der Figur 1/3 oder weniger der Grundline der Schildbreite beträgt. Im Gegensatz zur (gemeinen) Spitze zeigt der Keil nach unten, wenn nichts weiter gemeldet wird.
„Keil (Tafel IX. Figur 48.-56) hat dieselbe Grundflächenbreite wie der (..) Schoß und der durch 2 schräge Linien gebildete Ständer, reicht aber mit seinem Gipfel stets bis in die Mitte der gegenüberliegenden Ecke respektive der Schildseite. (..) „gestürzt“ ist hier nicht nötig, weil der Keil im gewöhnlichen Leben stets abwärts getrieben wird.“
Varianten
Steigender Keil
Ein Keil, der „auf festen Füßen steht“ beziehungsweise der „aufwärts getrieben“ erscheint (das heißt, der spitze Winkel des Heroldsbildes berührt den oberen Schild-/Feldrand), wird als „steigender Keil“ bezeichnet.
Seitenkeil
Eine Keil mit einer 90-Grad-Drehung wird nach der Lage des spitzen Winkels beziehungsweise nach der Richtung der Drehung bezeichnet (ist also entweder ein rechter oder ein linker (Seiten)Keil.
Rechter Seitenkeil | ||
Lage | Die Basis des Heroldsbildes ist der heraldisch linke Schildrand beziehungsweise ihr Flächenschwerpunkt liegt im heraldisch linken Bereich des Feldes/Schildes. | WBO-Nr.: 0514 |
Ausrichtung | Die Spitze des Heroldsbildes beziehungsweise ihr „Gipfel“ zeigt zum heraldisch rechten Schildrand. | |
Anmerkung | frz.: pile à dextre; engl.: pile issuing from the sinister to dexter |
Linker Seitenkeil | ||
Lage | Die Basis des Heroldsbildes ist der heraldisch rechte Schildrand beziehungsweise ihr Flächenschwerpunkt liegt im heraldisch rechten Bereich des Feldes/Schildes. | WBO-Nr.: 0515 |
Ausrichtung | Die Spitze des Heroldsbildes beziehungsweise ihr „Gipfel“ zeigt zum heraldisch linken Schildrand. | |
Anmerkung | frz.: pile à senestre; engl.: pile issuing from the dexter to sinister |
Eckkeil / schräger Keil
Wenn ein Keil aus einer „Ecke“ (beziehungsweise im unteren Schildbereich aus einer „gedachten Ecke“) des Wappenschildes hervorkommt, wird er als „Eckkeil“ oder als schräger Keil beschrieben. Es gibt rechte und linke, obere und untere Eckkeile. In der neueren Heraldik ist der Oberbegriff „Eckkeil“ nicht mehr gebräuchlich; statt dessen spricht man von einem schräglinken beziehungsweise einem schrägrechten Keil und so weiter (je nachdem in welchem 45-Grad-Schritt die Spitze des Keils gedreht erscheint).
Schrägrechter (Eck)Keil
(gemäß WBO, Nr.: 0512)Schräglinker (Eck)Keil
(gemäß WBO, Nr.: 0513)Schrägrechter steigender (Eck)Keil
(gemäß WBO, Nr.: 0517)Schräglinker steigender (Eck)Keil
(gemäß WBO, Nr.: 0518)
Schoß
Nahezu die gleiche Grundfläche wie ein Keil hat ein Schoß. Man unterscheidet nach der Lage und Richtung des Heroldbildes zwischen rechtem und linken Oberschoß sowie rechtem und linkem Unterschoß. Im Gegensatz zu schrägen Keilen (Eckkeilen) folgen Schösse nicht einer „normalen“ Schild-/Feldflächen-Diagonalen; und ihre Gipfel beziehungsweise ihre Spitzen liegen nicht in einer der Schild-/Feldecken.
Linker Unterschoß
(gemäß WBO, Nr.: 0522)Rechter Unterschoß
(gemäß WBO, Nr.: 0521)Rechter Oberschoß
(gemäß WBO, Nr.: 0523)Linker Oberschoß
(gemäß WBO, Nr.: 0524)
Halbkeil
Ungefähr die Hälfte der Grundfläche eines Keiles haben die sogenannten „Halbkeile“.
Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0531)Schräger Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0532)Schräglinker Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0533)Schräglinks steigender Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0536)Schrägrechts steigender Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0537)Steigender Halbkeil
(gemäß WBO, Nr.: 0538)
Schrägteilung mit Gegenkeil
Eine Schräg(rechts)teilung oder eine Schräglinksteilung können mit einem sogenannten „Gegenkeil“ erscheinen:
- „(Rechts)geschrägt mit Gegenkeil“ bedeutet: wenn eine Spitze „keilförmig“ von dem oberen in das untere Feld der Schrägrechtsteilung hinein bis zum heraldisch rechten Untereck gezogen ist.
- „Linksgeschrägt mit Gegenkeil“ bedeutet: wenn eine Spitze „keilförmig“ von dem oberen in das untere Feld der Schräglinkssteilung hinein bis zum heraldisch linken Untereck gezogen ist.
Abgrenzung
Sowohl die gemeine Figur Keil als auch das gleichnamige Heroldsbild sind von ähnlichen Wappenmotiven wie Spickel/Dreieck, Spitze, Meißel zu unterscheiden.
Meißel
als gemeine Figur
(Keil / Meißel, gemäß WBO 9341)
Wappenbilderordnung
- Die gemeine Figur „Keil“ wurde zusammen mit dem Meißel in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Erzeugnisse von Menschenhand: Handwerksgerät unter der Nr. 9341 aufgenommen.
- Das Heroldsbild „Keil“ wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Kombination von Schrägrechts- und Schräglinksteilungen unter der Nr. 0511 aufgenommen.
Weblinks
Bernhard Peter: Dreiecksformen: Spitzen, Keile, Ständer etc. - Teil 1
Bernhard Peter: Dreiecksformen: Spitzen, Keile, Ständer etc. - Teil 2
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 57, 58