Schindeln (Heraldik)

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Unter Schindel (auch Span, Brieflein, Briefflin, Brieflängen[1], Staindel, Stein, Ziegel, Ziegelspäne, Billet oder ähnlich genannt; frz.: billette oder bardeau, travaillon; engl.: billet oder shingle) versteht man in der Heraldik im weitesten Sinn eine Wappenfigur, die als RechteckW-Logo.png im Wappen dargestellt wird, dessen Länge und Breite unterschiedlich lang sind („ungleichseitiges Rechteck“). Das Motiv „Schindel“ erscheint in folgenden Grundformen in Wappen:

Schindel gemeine Figur Einzahl
  • aufrecht = Längschindel
  • liegend = Querschindel
  • schrägrechts = Schrägschindel
  • schräglinks = Schräglinksschindel
Längsschindel.png
Schindeln gemeine Figuren Mehrzahl Mehrere schwebende Schindeln in einer bestimmten, kleineren Anzahl und in einer bestimmten Position zueinander.
Siebmacher Fuenf Laengsschindeln 3-2.jpg
Schindelung,
geschindelt
Heroldsbild Mehrzahl Mehrere Schindeln, die nicht „freischwebend“ im Schild erscheinen, sondern als eine Art geometrisches Muster bis an die Schildränder reichen (Schindelung, Längsschindelung, Querschindelung, Schräg[rechts]schindelung, Schräglinksschindelung)
Coat of arms Aistersheim.svg
Mit Schindeln
  • bestreut/besät
  • belegt
  • nach der Figur gelegt
  • [..]
Mehrzahl Bestimmte oder unbestimmte Anzahl kleiner Nebenfiguren,
  • die die freien Flächen neben einer Hauptfigur besäen oder bestreuen
  • die nach oder auf der (Haupt)Figur liegen
  • [..]
Blason fam fr (du) Coëtlosquet.svg

Etymologie

verschiedene Schindelformen zur Dacheindeckung

Der heraldische Fachausdruck Schindel lehnt sich an das umgangssprachliche Wort „Schindel“ an, das ein Produkt zur Dacheindeckung, regional auch zur Fassadenverkleidung bezeichnet.

„Aus der lateinischen Sprache stammt das deutsche Lehnwort scindula ‚Schindel‘ zu scindere ‚spalten‘. Aus einer Bibelübersetzung des WulfilaW-Logo.png zur Westgotenzeit (Mitte 4. Jahrhundert) entstammt ein Beleg der Bezeichnung Skalja ‚Schindel‘ (altnord.W-Logo.png skilja ‚spalten, trennen‘) für ein mit skildus (gotische Bezeichnung für ‚Brett‘) gedecktes Dach.“

Deutschsprachige Wikipedia (2017)[2]

„Schindel in den Wappen, laterculus, plinthis, davon die kleinern etwan Schindeln gleich sehen, die gröszern aber nur halbe Schindel heiszen können.“

Frisch (nach DWB; 1854-1961)[3]

Darstellung

Der Ausdruck Schindel besitzt in der historischen heraldischen Literatur keine einheitliche Bedeutung. Mal steht er abkürzend für eine „Längsschindel“, mal für eine „Querschindel“. Er sollte daher grundsätzlich nicht verwendet werden. Statt dessen sind Lage und Umrißform einer Schindel genau für ein Wappen zu beschreiben. Auch der Entwurf einer Schindel wird in der Literatur nicht einheitlich beschrieben. Einige Autoren leiten beispielsweise die Querschindel aus einem verstutzten Balken, die Längsschindel aus einem verstutzen Pfahl ab[4]; für andere entstehen Schindeln (oder Späne) aus der sogenannten „Schindelung“[5].

Schindel (Einzahl)

Querschindel

Eine Querschindel (auch liegende Schindel genannt; frz.: billette couchée; engl.: billet fesswise) erscheint gewöhnlich in der Schild-/Feldmitte waagerecht beziehungsweise liegt in der Schild-/Feldfläche breiter als hoch. Besondere Merkmale einer Querschindel wie eine Verstutzung sind zu melden.

Längsschindel

Die Längsschindel ist (auch aufgerichtete Schindel genannt; frz.: billette; engl.: billet) steht aufrecht beziehungsweise ist in der Feld-/Schildfläche höher als breit.

Schrägliegende Schindel

Schräglinksliegende Schindel

Schindelung („geschindelt“)

Heroldsbilder, die man allgemein mit dem Ausdruck Schindelung oder geschindelt umschreibt, werden im Wappen durch sich im gleichen Abstand kreuzende senkrechte und waagerechte Linien beziehungsweise durch sich kreuzende schräge Linien gebildet.

Geschindelt, auch „geziegelt“ und „schmal geschacht“ genannt, entsteht dadurch, dass der Schild oder das Feld in mehr Plätze gespalten,
* als getheilt wird (stehend geschindelt),
* oder umgekehrt in mehr Plätze getheilt, als gespalten wird (liegend geschindelt)
wobei die Plätze wie bei dem Schach in den Tincturen abwechseln. Übrigens kann auch schräg geschindelt werden (..)“

Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[1]

In der Früh- und Blütezeit des Wappenwesen war die genaue Anzahl der Reihen beziehungsweise Spalten, die mit den Rechteckformen („Schindelformen“) im Wappen erscheinen, nebensächlich.

„Zu bemerken ist, daß, wie schon mehrfach bemerkt, es der alten Heraldik auf ein Paar Spaltungen oder Teilungen mehr oder weniger durchaus nicht ankam und das erst die neuere Heraldik sich an Zählung oder Plätze und Linien zu binden genötigt sah.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[5]

In der neueren Heraldik unterscheidet man nicht nur die Anzahl der Reihen und Spalten, sondern auch welche Rechteckform („Schindelform“) durch die Kreuzungen entsteht.

  • Querschindelung, quergeschindelt (mehr Querteilungen als Längsspaltungen)
  • Längschindelung, längsgeschindelt (mehr Längsspaltunge als Querteilungen)
  • Schräg(rechts)schindelung, schräg(rechts)geschindelt (nach schrägrechtsgerichtete Rechtecke/Schindeln)
  • Schräglinksschindelung, schräglinksgeschindelt (nach schräglinksgerichtete Rechtecke/Schindeln)

„(Schindelung..) und zwar die Längsschindelung sobald die senkrechten, die Querschindelung, sobald die waagerechten Linien in der Mehrzahl sind.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[5]

In jüngerer Zeit wird manchmal in Wappenbeschreibungen auf den Ausdruck Schindelung (oder auf Ableitungen davon wie längsgeschindelt, quergeschindelt et cetera) verzichtet. Statt dessen beschreibt man ein entsprechendes Wappenbild mit gebräuchlicheren Termini wie geteilt beziehungsweise gespalten und mittels Angaben zur Anzahl der Spaltungen/Teilungen. Beispielsweise blasoniert man nicht in der Form „Quergeschindelt von Schwarz und Silber in 6 Plätzen“, sondern verwendet statt dessen den synonymen Ausdruck „von Schwarz und Silber gespalten und zweimal geteilt“. Wie stets in der deutschsprachig-geprägten Heraldik gibt man im Blason nicht die Anzahl der Reihen oder Spalten an, sondern die Anzahl der vertikalen und horizontalen Begrenzungslinien.

Querschindelung („gespalten und geteilt“)

Schwarz-silbern gespalten und zweimal geteilt (Wappen WelsterholtW-Logo.png nach Otto Hupp, 1929)
Silbern-schwarz gespalten und zweimal geteilt
(Wappen der von Heudorf nach dem Berliner Wappenbuch)
Blau-Silber im Wellenschnitt gespalten und dreimal geteilt (Familienwappen Kaltofen)
(Palazzo vicariale, Ccertaldo)

Liegen die Rechtecke bei einer Schindelung im Wappen auf der langen Seite beziehungsweise waagerecht, spricht man von einer Querschindelung. Diese Art der Schindelung wird gelegentlich in Wappenbeschreibungen auch mit dem Ausdruck gemauert umschrieben.

In der heraldischen Terminologie von Gritzner wird noch die Zählung mittels Feldern, Plätzen, Pfahlreihen und dergleichen erläutert:

„Bei der Beschreibung (der Schindelung -- Anmerkung der Redaktion) zählt man die Felder, sofern deren nicht zu viele sind, also Tafel V. Figur 52: „Quergeschindelt von Schwarz und Silber in 6 Plätzen“. Es braucht, weil selbstverständlich, weder hier, noch bei anderen Arten etc. gemeldet zu werden, daß die Tinktur der entstandenen nebeneinanderliegenden Felder stets abwechselt. Wenn man Tafel V. Figur 53. zum Beispiel blasoniert als: „Von Rot und Silber quergeschindelt in 8 Plätzen“, so ist es selbstredend, daß das obere rechte Feld (von welchem man zu zählen beginnt) rot ist, auf das Rot: Silber und auf letzere eben wieder: Rot folgt. Ebenso Figur 55. und 56.: „Von Rot und Gold in 12 Plätzen quergeschindelt“, respektive „von Rot und Gold in 15 Plätzen geschindelt“; bei Figur 54. und 57. (..) sagt man nur: „von Silber und Rot in zwei Pfahlreihen á 8“ (gemeint ist: Plätzen) oder Figur 57. „in 3 Pfahlreihen á 14“ (gemeint ist: Plätzen) quer geschindelt.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[5]

Längsschindelung („geteilt und gespalten“)

Golden-schwarz geteilt und zweimal gespalten
(Wappen der von Dettingen nach Berliner Wappenbuch)

Stehen die Rechtecke bei einer Schindelung im Wappen auf der kurzen Seite beziehungsweise senkrecht, spricht man von einer Längsschindelung. Diese Art der Schindelung wird in Wappenbeschreibungen

  • manchmal mit dem Ausdruck „schmal geschacht blasoniert,
  • nachweislich auch mit der irreführenden Kurzform angesprochen (also nicht „längsgeschindelt“, sondern nur geschindelt)
  • und gelegentlich auch als „Pfä(h)lung“ (?) bezeichnet (zum Beispiel verwendet der Heraldiker Maximilian Gritzner im Jahre 1889 den Ausdruck „Pfälung“ in seiner heraldischen Terminologie bei einem entsprechenden Musterwappen [Tafel 13. Figur 40])[6].

An anderer Stelle erläutert Gritzner die Zählung („Längsschindelung“) mittels Feldern, Plätzen, Querreihen und dergleichen folgendermaßen:

„Figur 59.: „von Rot und Silber geschindelt in 6“, Figur 60 desgleichen „von Gold und Blau in 8 Plätzen“ (..) ferner Figur 61. 62. und 63. anzusprechen als: „in 2 Querreihen á 6 (Plätzen)“ respektive „in 3 Querreihen á 5 (Plätzen)“, respektive „3 Querreihen á 16 (Plätzen)“ (längs)geschindelt (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[5]

Schräg(rechts)schindelung („schräglinks und schrägrechts geteilt“)

Schräglinksschindelung („schrägrechts und schräglinks geteilt“)

Schindeln als Mauer

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Mauer (Heraldik)

Erscheint keine wirkliche Schindelung beziehungsweise sind nur noch die Trennlinien und sind die Schindeln nicht in abwechselnden Farben gestaltet, dann nennt man dies zum Beispiel schwarz gemauert in der Feldfarbe.

Schindeln (Mehrzahl)

1450-1580: Mit goldenen Schindeln bestreut
(Wappen von Wintter)
In Gold drei (2:1) aufrechte rote Ziegelsteine/Schindeln (Wappen derer von FrankenbergW-Logo.png)

Wenn Schindeln als gemeine Figuren in Mehrzahl in einem Wappen erscheinen, ist zu unterscheiden ..

  • ob sie in einer bestimmten, kleineren Anzahl in einer bestimmten Position zueinander vorkommen. In diesem Fall sollte die genaue Anzahl und die Stellung der Schindel zueinander gemeldet werden.
  • ob sie zum Beispiel als mehrere kleine Nebenfiguren vorkommen, die nach der (Haupt)Figur liegen beziehungsweise die freien Flächen neben einer Hauptfigur besäen oder bestreuen. In diesem Fall ist die genaus Anzahl der Schindel gewöhnlich unbestimmt.

Galerie

Weblinks

Commons: Schindeln in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Einfache freistehende Objekte, Schindeln, Rauten

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 47, 22
  2. Seite „Schindel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. Juli 2017, 22:02 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schindel&oldid=167073254 (Abgerufen: 24. Oktober 2017, 10:53 UTC)
  3. Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Schindel. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  4. Vgl. zum Beispiel: Leonhard, Walter: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung, Bechtermünz-Verlag 2003. ISBN 3-8289-0768-7. S. 141 und 145.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Vgl. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 32.
  6. 6,0 6,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. Tafel 13. Figur 40. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1