Gammadium
Gammadium (von altgriechisch τετραγαμμάδιον - Viergamma, lateinisch gammadium, crux gammata ‚Gammakreuz‘; nach dem dritten, großen Buchstaben [Majuskel] des griechischen Alphabets Gamma „Γ“; französisch croix gammée; englisch gammadion) ist in der Heraldik ein mehrdeutiger und vager Ausdruck für unterschiedliche Kreuze, bei denen vier Gamma-Buchstaben symmetrisch zu einem Kreuz gestellt sind oder visuell der Eindruck entsteht, dass ein Kreuz aus einer Kombination von vier Gammazeichen zusammengesetzt ist.
Darstellung
In der heraldischen Literatur wird der Ausdruck Gammadium hauptsächlich im Zusammenhang mit zwei Kreuzformen erwähnt:
- dem „Klammerkreuz“
- und einem „mit Fadenkreuz durchbrochenem Kreuz“
Klammerkreuz
Vorwiegend im englischsprachigen Wappenkulturraum ist „Gammadium“ eine von vielen synonymen Bezeichnungen für ein „Klammerkreuz“ beziehungsweise für ein Kreuz, welches wie aus vier Gamma-Buchstaben zusammengesetzt erscheint, die im rechten Winkel mit einem gemeinsamem Zentrum miteinander verbunden sind, wobei die seitlichen vier Querbalken im Uhrzeigersinn (oder im Gegenuhrzeigersinn) alle symmetrisch abgewinkelt sind.
„Potent rebated, also termed a Cross Cramponne; a Fylfot, or Gammadion“
„Reduziertes Krückenkreuz, auch Kreuz mit Halbkrücken genannt; Fylfot oder Gammadium.“
„gammadion, cross- (engl.) - Halbkrücken-, Klammerkreuz“
Mit Fadenkreuz durchbrochenes Kreuz
Die Heraldiker Gert Oswald und Walter Leonhard bestimmen Gammadium vage als ein Kreuz, das zum Schildrand „senkrecht und waagrecht getrennt“ ist:
„senkrecht und waagrecht getrenntes Kreuz, Gammadium“
„Gammadium: Senkrecht und waagerecht getrenntes gemeines Kreuz“
Gemeint ist ein gemeines Kreuz (oder ein griechisches Kreuz), welches, nach der Figur gelegt, zum Schild-/Feldrand mit einem Fadenkreuz durchbrochen („getrennt“) ist, so dass vermeintlich die Schild-/Feldfarbe beziehungsweise der Schild-/Feldhintergrund „durchscheint“ und visuell der Eindruck entsteht, dass das eigentliche Kreuz und dessen Arme durch vier horizontal und vertikal gespiegelte, gleichlange und gleichbreite, symmetrisch angeordnete Gamma-Buchstaben (oder ebensolche Winkel) geformt ist.
Empfehlung
Der Ausdruck „Gammadium“ sollte nicht zur Beschreibung einer Wappenfigur verwendet werden, weil er mehrdeutig ist und im Grunde unklar ist, welches Motiv in einem Wappen dargestellt wird oder aufgerissen werden soll.
Bestimmungen außerhalb der Heraldik
Gammadium als Gewandverzierung
Außerhalb der Heraldik ist die Bedeutung des Ausdrucks Gammadium keineswegs immer eindeutig oder einheitlich. Heinrich Otte stellt im 19. Jahrhundert im Archäologischen Wörterbuch die Theorie auf, dass der Ausdruck Gammadium eine Γ-förmige Verzierung bezeichnet:
„Gammadium, [O] scheint die auf byzantinischen Gewändern häufige, dem Buchstaben Γ ganz ähnliche Verzierung zu bezeichnen. Vgl. Gamma, Henkelkreuz“
Im gleichen Werk verweist er unter den Stichworten „Gamma“ und „Henkelkreuz“ zwei ganz und gar unterschiedlich gestaltete Vervierfachungen des griechischen Buchstabens Gamma (die beide in der heraldischen Literatur unter dem Ausdruck Gammadium zusammengefasst werden, vgl. oben):
– Heinrich Otte: Archäologisches Wörterbuch (1877)[5] |
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– Heinrich Otte: Archäologisches Wörterbuch (1877)[5] |
Turnerkreuz
Eine verändert Form des Gammakreuzes ist nach den Brüdern Grimm das sogenannte Turnerkreuz, welches sich nicht aus vier Gammazeichen, sondern gewissermaßen aus vier „F“-Buchstaben zusammensetzt (vermeintlich den Wahlspruch „Frisch - Fromm - Fröhlich - Frei“ symbolisierend).
„Turnerkreuz, n.: Gammadium ..., aus 4 Gammas ... zusammengesetztes Kreuz ..., in etwas veränderter Form aus 4 F zusammengesetzt als Turnerkreuz wieder aufgekommen (..)“
Einzelnachweise
- ↑ Charles Norton Elvin: A dictionary of heraldry: with upwards of two thousand five hundred illustrations. London, Kent und Co., 1889. S. XVII. Tafel 11. Figur 39.
- ↑ Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2, S. 251 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).
- ↑ Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 152, Figur 15; Seite 285, Figur 9 (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
- ↑ Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 142 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Heinrich Otte, Otto Fischer: Archäologisches Wörterbuch. Zur Erklärung der in den Schriften über christliche Kunstalterthümer vorkommenden Kunstausdrücke. Leipzig, T. O. Weigel, 1877. S. 302, 103, 78. Reprint-Verlag: Leipzig 2001, ISBN 3-8262-1513-3.
- ↑ Lemma Turnerkreuz. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).