Otelles

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Dieser Artikel behandelt (meist vier freie) Farbflächen („Otelles“) in einem Wappenschild, die man Mandeln oder Lanzenspitzen nennt. Für Informationen
Otelles im Wappen der Grafen von Comminges

Otelles (Singular: otelle) und Mandeln (Plural; auch Mandelkerne oder selten Lanzenspitze/Lanzeneisen/Lanzenflügel genannt) sind in der Heraldik nicht einheitlich verwendete beziehungsweise mehrdeutige Begriffe, die im Zusammenhang mit unterschiedlichen Wappenfiguren und weitgehend mandelförmigen Farbflächen verwendet werden.

Vorbemerkung

Mandel, mit und ohne Schale

Der Ausdruck Otelle ist der gallischen Sprache entlehnt und wird übersetzt mit:

  • (geschälte) Mandel[1]
  • Lanzen-/Speerspitze beziehungsweise Lanzen-/Speereisen[2][3][4]

Die erste Variante ist gebräuchlicher und paßt zur Form und Darstellung des Wappenbildes. Unter anderem sind folgende, in der Darstellung ähnliche Wappenfiguren voneinander zu unterscheiden:

Wappenfigur Erläuterung Beispiel
(Gemeine) Otelles (Mandeln / Lanzenspitzen), schragenweise In Silber vier (gemeine) rote Otelles (Mandeln; Lanzenspitzen/-eisen), schragenweise gestellt und mit den Spitzen in die Schildesecken gerichtet. Im Beispiel entspricht jeweils eine rote Farbfläche einer Otelle (Mandel, Lanzenspitze/-eisen), während die eigentliche Farbe des Wappenschildes Silber ist.

„Die Franzosen haben eine (..) Wappenfigur, welche sie „otelle“ das heißt Lanzeneisen nennen (.. zum Beispiel -- Anm. der Red.) vier otelles (Lanzeneisen) im Andreaskreuz gestellt und mit den Spitzen nach den vier Schildecken gerichtet.“

Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[4]
Muster-Otelles.png
Roter Mandel­schragen
(gemäß WBO, Nr. 0774)
Der Mandelschragen ist ein Andreaskreuz („Schragen“), dessen vier Kreuzarme wie gleichförmige Otelles (Mandeln) erscheinen, die sich im Schild-/Feldzentrum jeweils mit einer ihrer Spitzen kreuzen und nach den Schildes-/Feldecken mit der jeweils anderen Spitze auslaufen. Im Beispiel ist die eigentliche Farbe des Wappenschildes Silber. Muster-Mandelschragen.png
Silbernes Zirkel­kreuz
(gemäß Walter Leonhard)
Als Otelles (Mandeln) könnte man auch die vier (freien) Flächen am Wappenrand bezeichnen, wenn in einem Wappenschild eine Ausprägung eines Grabkreuzes (Zirkelschlagkreuz, Zirkelkreuz oder ähnliches) erscheint, dessen Arme von Schildrand zu Schildrand reichen. Im Beispiel ist die eigentliche Farbe des Wappenschildes Rot, was man als vier rote Otelles (Mandeln) interpretieren könnte. Muster-Zirkelkreuz-lt.-Leonhard.png
Silbernes Tatzen­kreuz
(gemäß WBO, Nr. 0355)
Otelles (Mandeln) werden die vier (freien) Flächen am Schild-/Feldrand bezeichnet, wenn in einem Wappenschild ein Tatzenkreuz erscheint, dessen Arme von Schild-/Feldrand zu Schild-/Feldrand reichen. Im Beispiel entspricht der rote Bereich beziehungsweise die eigentliche Farbe des Wappenschildes vier roten Mandeln.

otelles (frz.): nennt man die 4 Winkel eines breitendigen Tatzenkreuzes“

Siebmacher/Gritzner (1889)[5]

Mandel: Bezeichnung der neben einem Tatzenkreuz und dem Schildrand freigebliebenen Teile des Schildes.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[6]
Muster-Tatzenkreuz.png

Geschichte

Idee 002.png
Heraldik-Wiki-These
Vermutlich gehen die sogenannten Otelles, wie sie auf Wappenschilden erscheinen, ursprünglich auf die offenen Flächen zwischen Metallteilen zurück, mit denen Kampfschilde band-/kreuzartig verstärkt wurden. Diese Interpretation legen frühe und ursprüngliche Siegel nahe, wie sie beispielsweise von den Grafen von Comminges überliefert sind. Die mandelförmigen Bereiche respektive die nicht verstärkten Bestandteile eines Kampfschildes erscheinen in den Siegelbildern nicht heraldisiert beziehungsweise sind nicht konkreten Dingen wie „Mandeln“, „Lanzenspitzen“ oder ähnlich Figuren stilistisch nachempfunden. Derartige Anlehnungen sind erst in späteren Abbildungen von Wappen zu erkennen beziehungsweise erst in späteren Wappenbeschreibungen dokumentiert. Ob die funktionalen metallenen Verstärkungen der Schilde einem „Tatzenkreuz“ oder ähnlichem nachempfunden sind -- oder umgedreht die spezifische Form eines Tatzenkreuzes sich aus den Metallverstärkungen entwickelte, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt.
– Andreas Janka (2013)

Darstellung

Otelles erscheinen gewöhnlich schragenweise angeordnet und in Vierzahl. Werden Otelles in Zweizahl, in anderer Anzahl oder nicht schragenweise dargestellt, ist dies zu beschreiben (zum Beispiel, wenn nur zwei rechte Mandeln erscheinen oder nur zwei linke, zwei obere, zwei untere et cetera). Otelles kommen in Wappen in allen heraldischen Farben vor (bevorzugt werden die Tinkturen Silber und Gold verwendet). Eine Belegung von Otelles mit anderen Wappenfiguren ist nicht gebräuchlich.

(Gemeine) Otelles

Otelles beim Tatzenkreuz

Abgrenzung

Alle Figuren, die Otelles genannt werden und der Mandelschragen unterscheiden sich ausdrücklich von Tränen/Säcken. Werden beispielsweise in einem Wappen vier Tränen/Säcke schragenweise gestellt, so sollten einerseits ihre vier Spitzen nicht wie bei den Mandeln zum Schild-/Feldrand zeigen, sondern im Schild-/feldzentrum zusammenstoßen; andererseits sollten sie kreisförmig/rund auslaufen, ohne den Schild-/Feldrand zu berühren.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Tränen (Heraldik)

Weblinks

Commons: Otelles (Mandeln/Lanzenspitzen) in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Tatzenkreuz in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stéphanie Félicité de Genlis: Die Botanik der Geschichte und Literatur oder die Pflanzen in ihren mythologischen, religiösen, bürgerlichen, sinnbildlichen, abergläubischen, sprichwörtlichen, literarischen, ästhetischen, und geschichtlichen Beziehungen. Band 1, Josef Anton Goebhardt, Bamberg/Würzburg 1813, S. 122.
  2. Saint-Allais, Nicolas Viton de: d'après le Dictionnaire encyclopédique de la noblesse de France. Paris. 1816.
  3. Ferdinand Leopold Carl Biedenfeld: Die Heraldik, oder populäres Lehrbuch der Wappenkunde. Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1846, S. 46 und Abb. 409.
  4. 4,0 4,1 Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 156.
  5. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 278.
  6. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 263. ISBN 978-3-411-02149-9