Nagelspitzenkreuz

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Eine Form des Nagelspitzenkreuzes
(gemäß WBO, Nr. 0339)
Verschieden Nägel mit deren unterschiedlichen Spitzen
Eine Nagelspitze erscheint wie ein gleichschenkliges spitzwinkliges Dreieck am Ende eines Kreuzarmes

Nagelspitzenkreuz (auch Nagelspitzkreuz; frz. croix alesée, les extrémités fichées; engl.: cross couped and fitched on all points) ist

  • allgemein in der Heraldik: ein nicht wohldefinierter Oberbegriff für Kreuze, an deren Armenden mittig eine Spitze („Nagel-/Dornenspitze“) angebracht ist oder die (zumindest teilweise) irgendwie nagelspitzenförmig zum Schildrand ausgezogen sind.
  • in der neueren Heraldik gewöhnlich: ein griechisches Kreuz, an dessen Armenden mittig eine Spitze („Nagelspitze“) angebracht ist.

Geschichte

Die Morpheme „Nagelspitz(en)-“ beziehungsweise „Nagelkopf-“ zusammen mit „-kreuz“ und die Ausdrücke „fußgespitzes Kreuz“, „Fußspitzenkreuz“, „Endspitzenkreuz“, „Steckkreuz“ oder ähnlich sind in der Heraldik und in der Umgangssprache teilweise nicht konsistent gebräuchlich. Je nach Quelle, Region, Zeitgeist, Mode et cetera sind sie unterschiedlich bestimmt und umfassen in der Darstellung im Wappen sehr unterschiedliche Kreuz-Motive. Dementsprechend befinden sie sich über die Jahrhunderte in einem andauernden Bedeutungswandel. In der Früh- und Blütezeit des Wappenwesen und lange danach sind die genauen Unterschiede zwischen diesen Kreuz-Varianten sowohl in der Darstellung als auch in der sprachlichen Bestimmung mehr oder weniger irrelevant. Beispielsweise findet sich im Wappen des Bistums Verden eines der ältesten überlieferten Kreuze, das vorgeblich nagelspitzenförmig erscheint. Dieses Kreuz wurde im Laufe der Geschichte ganz selbstverständlich in vielen, signifikant abweichenden Kreuzformen dargestellt. Der Siebmacher bemerkt:

„Das Wappen des Bistums Verden ist ein schwarzes Nagelspitzenkreuz in Silber. Indess erscheint das Kreuz in den Wappen der Bischöfe in sehr verschiedenen Formen: als gemeines heraldisches Kreuz oder abgeledigt und unten zugespitzt, oder breitendig und so weiter.“

Siebmacher (1875)[1]

Dem ist hinzuzufügen, daß das „Verdener Kreuz“ nicht nur von historischen Bischöfen in unterschiedlichen Varianten geführt wurde, sondern bis heute in viele Ausprägungen in Wappen vorkommt. Den gleichen Formenreichtum für ein vorgebliches „Nagelspitzkreuz“ finden wir in einigen Wappen, die mit dem Haus von Oldenburg zusammenhängen oder auf das Wappen der Familie referenzieren (vgl. den heraldischen Diskurs um Delmenhorst im Oldenburgischen Wappen). Eine entsprechende Kreuzfigur ist an einer Urkunde vom 3. April 1475 (Gerhard von Oldenburg) nachgewiesen, die in späteren Darstellungen anders erscheint.

Erst in der neueren Heraldik versucht man, die verschiedenen Nagelspitzenkreuz-Varianten genauer zu bestimmen, wobei man die Details eines Kreuzes erwähnt. Grundsätzlich empfiehlt es sich, im Blason nur Bezeichnungen oder Beschreibungen zu benutzen, die die entsprechende Wappenfigur eindeutig und konsistent erläutern. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, auf den Ausdruck „Nagelspitzkreuz“ oder ähnlich ganz zu verzichten. Curt Oswalt Edler von Querfurt geht schon im 19. Jahrhundert so weit, ein Nagelspitzkreuz für „unnütz“ zu halten:

Nagelspitzkreuz: -- auch so ein unnützes Ding -- sieht aus wie ein schwebendes „Tatzenkreuz“ (..) und hat am unteren Ende nach dem Schildfuße zu einen schmalen Dorn wie eine Baßgeige.“

Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[2]

Darstellung

Die nachstehende Tabelle unterscheidet verschiedene Kreuzformen, die entweder in der heraldischen Literatur, bei Wappenbeschreibungen zu Wappendarstellungen oder in der Umgangssprache zusammen mit dem Ausdruck „Nagelspitzkreuz“ vorkommen. Grundsätzlich besitzen diese Formen oft mehrere Namen. Es ist stets zu unterscheiden, auf welcher Kreuz-Grundform ein Nagelspitzkreuz basiert (zum Beispiel griechisches Kreuz, Tatzenkreuz, lateinisches Kreuz), welcher Arm/welche Arme des vorliegenden Kreuzes „nagelspitzförmig“ sind (zum Beispiel alle vier; der untere) und in welcher Art und Weise die „Nagelspitze“ gestaltet ist (als gleichschenkliges spitzwinkliges Dreieck (Spitze) am Ende des Armes, als „Zuspitzung“ des Armendes oder als ganze „Spitze“, als „Nagel“ oder als „Dorn“, mit oder ohne Konturlinie zwischen Kreuzarme-Ende und der nagelförmigen Form ... und so weiter).

Beispiel Form Erläuterung
Muster-Nagelspitzenkreuz.png
(gemäß WBO, Nr. 0339)Siebmacher Nagelspitzkreuz.jpg
(gemäß Siebmacher)
Nagelspitzenkreuz
  • Grundform: Griechisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Alle vier
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Jeweils mittig am Ende eines Kreuzarmes ein auswärts ausgezogenes gleichschenkliges spitzwinkliges Dreieck („Nagelspitze“), das ohne Trennkonturen mit einem Arm „verschmolzen“ ist.

Diese Form wird unter anderem in der Wappenbilderordnung des Herold, im Siebmacher und bei Walter Leonhard erwähnt. Bei dieser Kreuzform scheinen aus den vier Armenden „Nagelspitzen“ zu ragen (daher der Name). Die Form jeder Nagelspitze ist gewöhnlich einem gleichschenkligen spitzwinkligen Dreieck nachempfunden. Siebmacher nennt auf der Tafel VI. das Wappenmotiv „Nagelspitzkreuz“; im Fließtext auf Seite 37 aber auch Endspitz-Kreuz. Der Begriff Endspitzkreuz ist im gewöhnlich für ein anderes heraldisches Kreuz reserviert.

(Nagelspitzkreuz) / Endspitz-Kreuz (Tafel VI. Figur 27.): hat an den Enden der 4 Arme je eine auswärtsgekehrte Nagelspitze.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[3]
Muster-Nagelspitzentatzenkreuz.png Nagelspitzentatzenkreuz
  • Grundform: (flach-/fußgebogenes) Tatzenkreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Alle vier
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Jeweils mittig am Ende eines Kreuzarmes ein auswärts ausgezogenes gleichschenkliges spitzwinkliges Dreieck („Nagelspitze“), das ohne Trennkonturen mit einem Arm „verschmolzen“ ist.

Sind an den Armenden eines Tatzenkreuzes mittig kleine „Spitzen“ angebracht, nennen einige Autoren diese Form nicht Nagelspitzenkreuz, sondern treffender Nagelspitzentatzenkreuz oder endgespitztes Tatzenkreuz.

Nagelspitzentatzenkreuz: Tatzenkreuz, an dessen Enden sich in der Mitte Spitzen befinden.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[4]
POL heraldy - krzyż strzałkowy.svg
  • Grundform: Griechisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Alle vier
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    An den Armenden sind keine „Nagelspitzen“ angebracht, sondern alle Enden sind zu gleichseitigen rechtwinkligen Dreiecken ausgezogen, die „Pfeilspitzen“ nachempfunden sind.

Sind die Armenden eines griechischen Kreuzes zu „Pfeilspitzen“ ausgezogen, empfielht es sich, diese Form eines Nagelspitzenkreuzes als Nagelkopfkreuz oder als Pfeil[spitzen]kreuz zu bezeichnen (oder einen anderen konsistenten Namen zu verwenden)

Muster-Endrautenkreuz.png
  • Grundform: Griechisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Alle vier
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    An den Armenden sind keine „Nagelspitzen“ angebracht, sondern alle Enden sind „rautenförmig“ ausgezogen.

Sind die Armenden eines griechischen Kreuzes zu „Rauten“ oder „Kantenwürfeln“ ausgezogen, empfiehlt es sich, diese Form eines Nagelspitzenkreuzes als Endrautenkreuz zu bezeichnen (beziehungsweise einen anderen konsistenten Namen zu verwenden)

Muster-Zugespitztes-Kreuz.png
  • Grundform: Kreuz oder Griechisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Alle vier
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    An den Armenden sind keine „Nagelspitzen“ angebracht, sondern alle Enden sind „zugespitzt“.

Sind die Armenden eines (griechischen) Kreuzes in Form einer Zuspitzung gestaltet (WBO, Nr. 0338), empfiehlt es sich, diese Form eines Nagelspitzenkreuzes als Endspitzkreuz zu bezeichnen (beziehungsweise einen anderen konsistenten Namen zu verwenden)

Siebmacher Fußspitzkreuz.jpg
  • Grundform: Griechisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Nur der untere Arm
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Am Fußarm ist keine „Nagelspitze“ angebracht, sondern das Ende dieses Armes ist „zugespitzt“.

Ist das Armende eines (griechischen) Kreuzes in Form einer Zuspitzung gestaltet, empfiehlt es sich, diese Form eines Nagelspitzenkreuzes als Fussgespitztes Kreuz zu bezeichnen (beziehungsweise einen anderen konsistenten Namen zu verwenden)

Arms of the Collier family of Blockley.png Tatzenkreuz, der untere Arm komplett als Spitze ausgezogen
  • Grundform: Tatzenkreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Nur der untere Arm
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Weder am unteren Arm noch an den anderen sind „Nagelspitzen“ angebracht, sondern der untere Arm ist komplett vom Kreuzentrum aus als „Spitze“ ausgezogen.
Ist der ganze unteren Arm eines Tatzenkreuzes spitzauslaufend und erinnert an einen einzigen großen „Dorn“ beziehungsweise wirkt das Tatzenkreuz, als ob es in den Boden „gesteckt“ werden könnte, wird es bei Oswald, Scheibelreiter oder bei anderen heraldischen Autoren teilweise mißverständlich als „Nagelspitzenkreuz“, „fußgespitzes Tatzenkreuz“, „Fußspitzentatzenkreuz“ oder ähnlich bezeichnet.

Nagelspitzenkreuz: schwebendes Tatzenkreuz, dessen unterer Arm in einen Dorn ausläuft.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[4]
Ein in dieser Art zugespitztes Tatzenkreuz gehört zu den Steckkreuzen.
DEU Verden (Aller) COA.svg
(Wappen von Verden)
Eingebogenes lateinisches Kreuz mit Nagel-/ Dornspitze am Fußarm
  • Grundform: (Eingebogenes) lateinisches Kreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Nur der untere Arm
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Nur am Ende des unteren Armes erscheint mittig eine kleine ausgezogene „Nagelspitze“.
Wappen Bistum Verden.png
(Wappen des Bistums Verden)
Geradarmiges Tatzenkreuz, nur das Ende des Fußarms in Dreicksform ausgezogen
  • Grundform: (Geradarmiges) Tatzenkreuz
  • Betroffene Kreuzarme: Nur der untere Arm
  • Art und Weise der „Nagelspitze(n)“:
    Nur das Ende des unteren Armes ist um ein Dreieck ausgezogen; die Basis des Dreiecks bildet die gesamte Breite am Fußarmende

Das Endes des Fußarms erscheint in diesem Fall in Form einer „Zuspitzung“, wie sie in der WBO bei den Nummern -611 bis -619 definiert ist.

Verbreitung

Neben den sogenannten „Nagelspitzenkreuzen“, die man im Zusammenhang mit dem Bistum Verden oder der Familie von Oldenburg findet, zählen jene des braunschweigischen, ausgegangenen Adelsgeschlechts Frese/Fresen. Diese Familie führte vorgeblich in Rot ein goldenes oder ein silbernes „Nagelspitzenkreuz“.

Varianten des Frese(n)-Nagelspitzkreuzes

Derivate des Oldenburger Nagelspitzkreuzes

Derivate des Verdener Nagelspitzkreuzes

Wappenbilderordnung

Weblinks

Commons: Zugespitzte Kreuze in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch. Nürnberg: Bauer & Raspe, 1854-1961. Band I. Abteilung 5. Bisthümer und Klöster. 1875. S. 132.
  2. Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 93.
  3. Siehe:
    J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
  4. 4,0 4,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984.