Krückenkreuz
Ein Krückenkreuz (auch Krücken-Kreuz, Kruckenkreuz, Hammerkreuz, gekrücktes Kreuz, veraltet Knebelkreuz[1] genannt; französisch croix potencée; englisch cross potent) ist in der Heraldik ein gemeines Kreuz mit Querbalken („Krücken“) an den vier Enden der Kreuzarme (gewissermaßen ein „vierfaches Taukreuz“).
Darstellung
„Krücken-Kreuz (Tafel V. Figur 100; Tafel VI. Figur 19.): dessen Arme in Form von Krücken (siehe diese), an den Schildrändern anliegen (..)“
1889: Krückenkreuz (schwebend; nach Siebmacher)
- Illustrationsbeispiele
Jerusalemkreuz
„Eine Abart (vom Krückenkreuz) ist das Jerusalemkreuz (Tafel VI. Figur 20.), welches im Schilde schwebt und in jedem Winkel vom gewöhnlichen kleinen Kreuz bewinkelt ist. Es wird im Wappen jetzt Gold auf Silber (ehedem Rot) dargestellt. Als Ordenszeichen des katholischen Ordens vom heiligen Grabe und des protestantischen Königlich Preussischen Damensstifts Heiligengrabe ist es ponceanrot mit goldenen Borden emailliert.“
Krückenschrägkreuz
Steht das Krückenkreuz in der Schragenstellung (wie das Andreaskreuz), ist es ein Krückenschrägkreuz.
(Wappen der ehemaligen Gemeinde Ruotsinpyhtää
)
Halbkrückenkreuz
„Halbkrückenkreuz (Tafel VI. Figur 18): ist das Kreuz, dessen Arme in eine halbe Krücke seitwärts verlaufen, es wird auch Klammerkreuz genannt.“
Doppelkrückenkreuz
„Doppelkrückenkreuz (Tafel VI. Figur 21): ist ein Krückenkreuz, dessen Arme nochmals gekrückt (mit Querstab versehen) sind. Figur 21. würde als wachsendes oder Passions-Doppelkrückenkreuz bezeichnet werden müssen, weil dem unteren Arme die Krücken fehlen.“
Vielkrückenkreuz
„Leiter (oder Vielkrücken)-Kreuz (Tafel VI. Figur 22.): ist ein Krückenkreuz, an dessen Arme mit 2 oder mehr Querstäben versehen sind und demgemäß einzeln den Eindruck von Leiterbäumen machen.“
1889: Vielkrückenkreuz
(nach Siebmacher)
Wiederkrückenkreuz
„Wiederkrückenkreuz (Tafel VI. Figur 23.): ist ein Krückenkreuz, an dessen 4 Armkrücken beiderseits wiederum Krücken angesetzt sind und demzufolge den früheren optischen Telegraphen sehr ähnelt.“
Quadriertes Krückenkreuz
Quadriert heißt ein Krückenkreuz, wenn es in seinem Zentrum mit einem Quadrat zusammengesetzt ist.
Krückenschnitt
In der Heraldik wird eine Teilung oder Spaltung dieser Form im Wappen als Krückenschnitt bezeichnet.
Etymologie
- Der Ausdruck Krücken-/Kruckenkreuz beschreibt die Form einer Gehhilfe und lehnt sich an das Wort „Krücke“ an.
- Der Ausdruck Hammerkreuz bezieht sich auch auf stark geendte Formen germanischer Funde, die auch ähnlich einem Prankenkreuz ausgeführt sind.
Geschichte
Das Kruckenkreuz ist ein elementares graphisches Symbol.[3] Die ältesten Nachweise finden sich in der jüngeren Steinzeit in Felsritzungen
, etwa als gespitztes Kreuz mit einem Bogen geschnitten als anthropomorphe
Figur bei La Coruña
, Nordspanien, datiert um 2500 v. Chr.[4], dann in China, in der Antike und in lateinamerikanischen Kulturen. Es wird daneben auch mit allgemeinen Sonnensymbolen
in Zusammenhang gebracht.[5]
Ein frühes christliches Beispiel ist das Kaiser-Heinrich-Kreuz, ein romanisches Altar- und Vortragekreuz (heute Fritzlarer Domschatz-Museum der Stiftskirche St. Petri). Als Kreuzfahrerzeichen wurde es von Ritterorden wie den Grabrittern
und zeitweisen den Tempelrittern als Symbol gewählt, ebenso findet es sich im Wappen des Königreichs Jerusalem
(als Jerusalemkreuz).[6]
Verwendung in Österreich seit 1925 und im Austrofaschismus
Seine erste offizielle Einführung geht auf Bundeskanzler Ignaz Seipel zurück, der für das Große Ehrenzeichen der Ersten Republik Österreich
die Kruckenkreuzform wählte. Ab 1924 wurde es auf seine Veranlassung auch auf der Rückseite der österreichischen 200-Kronen, ab 1925 der 2-Groschen- und ab 1931 der 5-Groschen-Münzen geprägt.
1934–1938 wurde die Republik durch den austrofaschistischen Ständestaat
abgelöst. Im Inland führte er die Kruckenkreuzflagge
der Vaterländischen Front
als der Staatsflagge gleichgesetztes Emblem, und ein durchbrochenes rotes Kruckenkreuz wurde neben dem Doppeladler eine Art Wappen Österreichs.[7] Mit dem Kruckenkreuz sollte dem „heidnischen“ Hakenkreuz ein „christliches“ Symbol gegenübergestellt werden.[6]
Die während des Austrofaschismus
der Staatsflagge gleichgestellte Kruckenkreuzflagge
(1934/35–1938)
Paraheraldik
Kruckenkreuzfiguren sind gelegentlich auch in der Paraheraldik gebräuchlich. Beispielsweise erscheint auf dem Studentenwappen Wingolfsbundes ein Kruckenkreuz:
„Auf dem (Studentenwappen) des Bundes ist auf schwarz-weiß schrägrechts geteiltem Grund ein schwebendes Kruckenkreuz in Gold (als Vereinfachung des Jerusalemkreuzes) zu sehen. Die Wingolfsverbindungen führen in ihren Wappen die eigentliche Form des Jerusalemkreuzes, woraus sich die heraldische Sonderform des Weiß-Golds (Metall an Metall) ableitet. Das älteste Wingolfswappen zeigte ein schwebendes goldenes lateinisches Kreuz auf Schwarz. Ab 1850 war das Wappen des Wingolfs ein goldenes Kruckenkreuz auf schwarz-weiß schrägrechts geteiltem Grund.“
Wappen des Wingolfsbundes
Wappenbilderordnung
- Das Krückenkreuz wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Kreuze unter der Nr. 0316 aufgenommen.
Zeichencodierung
Für das Kruckenkreuz steht eine Unicode-Glyphe zur Verfügung, und zwar ☩ U+2629 (9769) CROSS OF JERUSALEM (als „Jerusalemkreuz“ bezeichnet: Im englischen Raum werden die beiden Namen manchmal gleichgesetzt) im Unicode-Block Verschiedene Symbole
.[9]
Siehe auch
- Jerusalemkreuz, ein Kreuz mit vier griechischen Kreuzen, dessen Hauptkreuz manchmal ein Krückenkreuz ist
- Prankenkreuz, ein Kreuz mit sich nach außen verbreiternden Kreuzenden
- Wiederkreuz, vierfaches lateinisches Kreuz
Weblinks
- Diem, Peter: Das defensive Kruckenkreuz. Internet: www.austria-lexikon.at.
Einzelnachweise
- ↑ Caspar Bussing: Einleitung Zu der Herolds-Kunst : Auff Eine bequeme und deutliche Art verfasset ; In zwey Theilen Die Wapen Der vornehmsten Staaten Als Käyser/ Könige/ Fürsten und Republiquen von gantz Europa Gleichsahm auff einen Anblick darstellend Und In dieser Teutschen Ubersetzung Mit einem Neuen Theil Von der Wapen-Kunst insgemein/ Laut des nohtwendigen Berichtes in der Vorrede/ Vermehret / von Caspare Bussingio, Prof. Publ. Hamburg, Schultzischer Buchladen, 1694. Seite: Cap. i. d. 10. (urn:nbn:de:gbv:3:1-104581)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 35-37, Tafel 5. Figur 100 und Tafel 6. Figuren 18, 19, 21-23;
- ↑ Inge Schwarz-Winklhofer, Hans Biedermann (Hrsg.): Das Buch der Zeichen und Symbole. Verlag für Sammler, Graz 1972, ISBN 3-85365-011-2.
- ↑ Inge Schwarz-Winklhofer, Hans Biedermann (Hrsg.): Das Buch der Zeichen und Symbole. Verlag für Sammler, Graz 1972, ISBN 3-85365-011-2, Ur- und Frühgeschichte, S. 14, Nr. 30.
- ↑ Inge Schwarz-Winklhofer, Hans Biedermann (Hrsg.): Das Buch der Zeichen und Symbole. Verlag für Sammler, Graz 1972, ISBN 3-85365-011-2, Christliche Symbole, S. 84, Nr. 362, 363 (Ein koptisches und ein gnostisches Sonnensymbol, beide bestehend aus doppelten Kruckenkreuzen bzw. Nägeln mit zentralem Kreis).
- ↑ 6,0 6,1 Irmgard Bärnthaler
: Die Vaterländische Front. Geschichte und Organisation. Europa Verlag, Wien 1971, ISBN 3-203-50379-7 (formal falsche ISBN), S. 27.
- ↑ Ulrike Michel: Die Symbole der Republik. In: Öffentliche Sicherheit. Nr. 11/12, 2006, ZDB
-ID 526461-3, S. 69–75, (Digitalisat (PDF; 294 KB)).
- ↑ Seite „Wingolfsbund“
. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. April 2022, 01:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wingolfsbund&oldid=222453290 (Abgerufen: 14. Mai 2022, 12:08 UTC)
- ↑ Darstellung in: Charts U2600, Unicode-Konsortiums (pdf; 368 kB)
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Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Krückenkreuz“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 14. Mai 2022 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.