Tolosanerkreuz

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Tolosanerkreuz
(Wappen derer von Toulouse)
Siegel mit div. Ausprägungen des Tolosanerkreuzes

Das Tolosanerkreuz (benannt nach den Grafen von ToulouseW-Logo.png beziehungsweise nach ­Tolosa, dem okzitanischen Namen der Stadt Toulouse; auch „tolosanisches Kreuz“ genannt; frz.: croix de Tolouse; engl.: cross of Toulose) ist im Wappenwesen

  • eine Wappenfigur
  • eine (eher vorheraldische) Schildversteifung/-verstärkung beziehungsweise ein Schildbeschlag in Form von nebeneinanderliegenden waagerechten und senkrechten, in der Mitte gekreuzten Verstärkungsleisten, die zu zu den Schildrändern hin und an den Enden verbreitert oder gespitzt ausgezogen sind; vermutlich als dünne, metallene Metallauflage oder aus einem ledernen Material gefertigt und insbesondere an den Enden jeweils mit drei kräftigen Nägeln befestigt.

„Gewisse gemeine Figuren wie die eingerollten, Anker-, Tatzenkreuze oder das von Toulose, die gedornten Ränder und Kreuze, die doppelten Lilienborde, manche Schrägkreuze, die eindeutig in die Technik des Schmiedeeisens vorführen, gehen zweifelsfrei aut metallische Schildverstärkungen zurück (..)“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier (1942/1990): 1942/1990[1]

Darstellung

Mittelalterlicher Schlüssel
Muster: Tolosanerkreuz

Die Wappenfigur Tolosanerkreuz erscheint gewöhnlich in einer Kreuzform, „deren Enden nach den Seiten und nach oben gespitzt sind“[2] und ähnlich wie der Griff eines historischen Schlüssels (frz.: =clé) aussieht, wobei alle Spitzen mit kleinen Kugeln besteckt sind (in Analogie zu mittelalterlichen dreipass- oder vierpassartigen Schlüsselgriffen mit Perlen oder Kugeln an den Ecken).

„Ein Schlüsselring=Kreuz, tolosanisches Kreuz, Lat.: Crux claviculata, s. Tolosana; Frz.: Croix clechée, Croix de Toulouse, besteht aus vier kreuzförmig zusammen gefügten, dreyeckigen Schlüssel=Ringen, wie man die Schlüssel des h. Petrus zu mahlen pflegt; oder, es besteht an den Enden aus vier kleinen Vierecken, und hält an jedem 3 Aepfel oder Kugeln. Die Grafen von Toulouse führen im rothen Felde ein goldenes tolosanisches Kreuz, an jeder Ecke mit einer Kugel von eben diesem Metalle geziert; Figur 2897.“

Oekonomische Encyklopädie von J. G. Krünitz (1807)[3]

Schlüsselring- oder Tolosanerkreuz (Tafel VI. Figur 61.) soll aus den Handgriffen von 4 Schlüsseln gebildet sein; die Stadt Toulouse führt ein dergleichen.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[4]

Zwei Derivate der Wappenfigur sind grundsätzlich zu unterscheiden:

  • das (gemeine/gewöhnliche) Tolosanerkreuz, das nach der Figur durchbrochen dargestellt wird („hohle“, „entleerte“ beziehungsweise „gerandete“ Normalform, die aufzureißen ist, wenn die Figur ohne Zusatz in Wappenbeschreibungen gemeldet wird).
  • das „gefüllte“ Tolosanerkreuz, welches nicht durchbrochen erscheint, sondern gänzlich mittels einer heraldischen Farbe tingiert wird; diese besondere Ausprägung ist explizit zu melden (zum Beispiel: „Tolosanerkreuz, blau ausgefüllt“).

Neben der schlüsselgriffartigen Form eines Tolosanerkreuzes finden sich im Siegel-/Wappenwesen auch Tolosanerkreuze, die einer anderen „zwölfach beknöpften“ Kreuz-Grundform nachempfunden sind (zum Beispiel einem Tatzenkreuz oder ähnlichem). Die besonderen Ausprägungen beknöpfter Kreuze sollten gemeldet werden.

Synonyme

Tolosanerkreuz auf der Flagge der französischen Region Midi-Pyrénées

In der Literatur finden sich für das Tolosanerkreuz mehrere, mehr oder weniger angemessene Synonyme:

Schlüsselkreuz, Schlüsselbordkreuz

  • Schlüsselkreuz, durchbrochen und kugelbesetzt
    (frz.: croix cléchée, vidée et pommetée; engl.: cross cleché/clechée, voided and pommetty)
  • Schlüsselbordkreuz

Okzitanisches Kreuz

Occitània
 
Escut occitan
 
Bandièra occitana

Der Ausdruck Okzitanisches Kreuz ist hauptsächlich in romanischen Sprachen gebräuchlich (nach dem Land OkzitanienW-Logo.png; okz.: Crotz occitana; frz.: Croix occitane; span.: Cruz de Occitania: engl.: occitan cross oder cross of occitania).

Mißverständliche Synonyme

Eher mißverständlich sind die Ausdrücke:

  • Schlüsselringkreuz (Gatterer 1774[5]; Gritzner/Siebmacher 1889[4])
  • Blattkreuz (Johann Anton Kroll von Freyen)
  • Ballenkreuz (Johann Anton Kroll von Freyen)
  • Eckkolbenkreuz (Wappenbilderordnung 1990-1996[6])
  • Beknopftes, durchbrochenes Nagelkreuz (Georg Scheibelreiter 2006[7])

Weitere Varianten

Darüber hinaus können weitere lokale, herkunftsbezogene oder historische Namen in Verwendung sein, zum Beispiel: Languedocer Kreuz („Kreuz von Languedoc“), Katharerkreuz, Forcalquiererkreuz („Kreuz von Forcalquier“).

Abgrenzung

Das Kreuz im Wappen von Sevgein ist die abgewandelte Form eines Schnecken-/Volutenkreuzes mit fest eingerollten Enden, demnach kein Tolosanerkreuz.

Weblinks

 Commons: Kreuz in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 30.
  2. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. ISBN 978-3-411-02149-9. S. 396.
  3. Lemma: Schlüsselring=Kreuz, tolosanisches Kreuz. In: Artikel "Kreuz", in: Johann Georg Krünitz: Ökonomisch-technologische Enzyklopädie, Band 49 (1807), S. 84 (elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier Oekonomische Encyklopädie von J. G. Krünitz).
  4. 4,0 4,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 39
  5. Johann Christoph Gatterers (..) Abriß der Heraldik oder Wappenkunde:
    Zum Nuzen der studierenden Jugend entworfen und zuerst mit acht Kupfertafeln erläutert von Johann Christoph Gatterer. Nürnberg 1774. S. 123.
  6. Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo, hrsg. vom Herold - Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin. Bearb. von Jürgen Arndt und Werner Seeger, 2 Bde, 2. ergänzte u. berichtigte Aufl., Neustadt a. d. Aisch 1990-1996 (kurz: WBO). Bd. 1.: Wappenbilder; Bd. 2: General-Index.
    Editorische Notiz: Zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner (Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890.) Band 1: S. 72.
  7. Scheibelreiter, Georg: Heraldik. Oldenbourg Verlag. 2006. ISBN 3-70290-479-4. Seite 85.